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Niederlage für Jürgen Elsässer
Rechte Demonstration in Leipzig bleibt hinter Erwartungen
Wieder einmal versammelten sich in Leipzig Anhänger der extremen Rechten. Dieses Mal unter dem Motto »Ami go Home«. Rechte Gruppen hatten für Samstag in ganz Deutschland zu einer Großdemonstration am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit Blick auf das US-Konsulat mobilisiert. Aufgerufen dazu hatte Jürgen Elsässer, Chefredakteur des vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften »Compact«-Magazins. Gemeinsam mit Freien Sachsen, Thüringer Patrioten und Teilen der AfD demonstrierten Elsässer und seine Gefolgschaft gegen die Bundesregierung, die »von den USA gesteuert« sei. Dabei wurden antisemitische Verschwörungsnarrative bedient, Angst vor einem Atomkrieg geschürt und Russland verteidigt.
Elsässer bezeichnete die Bundesrepublik als »Militärkolonie der Amerikaner« und forderte eine Räumung des amerikanischen Militärstützpunktes Grafenwöhr in Bayern. Vor Beginn der Demo beschlagnahmte die Polizei Plakate, welche Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Sträflingskleidung zeigten.
15 000 Menschen waren angemeldet. Laut Polizeidirektion Leipzig folgte aber nur eine »hohe dreistellige Zahl« dem Aufruf. Trotzdem versammelte sich die Prominenz der radikalen Rechten in Ostdeutschland in Leipzig. Darunter war der ehemalige Vorsitzende der AfD Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, der bereits mehrmals versucht hatte, rechte Aufmärsche im Leipziger Süden durchzuführen. Ebenso Michael Brück, Mitarbeiter des rechten Chemnitzer Anwaltes Martin Kohlmann, Jürgen S., Teil der »Dresden Offline Vernetzung«, welche einen Mord am sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) plante, der AfD-Bundestagsabgeordnete Robert Farle und der ehemalige sächsische NPD-Politiker Stefan Hartung.
Angekündigte rechte Großdemonstrationen wie Elsässers »Ami go Home« haben zwar an Mobilierungspotenzial verloren. Sie sind dennoch ein rechtes Happening – zumindest auf gängigen Streamingplattformen. Immer mehr rechte Youtuber nutzen solche und ähnliche Veranstaltungen, um Hetze und Fehlinformationen zu verbreiten. Teilweise ermöglichen sie es ihren Zuschauer*innen, ganze Kundgebungen aus dem rechten Spektrum live mitzuverfolgen. So waren die ersten Reihen der Auftaktkundgebung von »Ami Go Home« mehrheitlich von Menschen besetzt, die ihre Smartphones zum Livestream in die Luft hielten.
Mehrere angemeldete Gegendemonstrationen aus dem Leipziger Süden, Westen und Osten mündeten schließlich in erfolgreiche Blockadeaktionen entlang der von den Rechten geplanten Route. Der rechte Aufmarsch wurde so erheblich verkürzt. An den Blockaden beteiligten sich zeitweise rund 1200 Menschen. Während eine erste Blockade kurz nach 18.15 Uhr noch von der Polizei geräumt wurde, wurde dies bei einer zweiten, weit größeren unterlassen. »Eine Räumung durch Einsatzkräfte wäre nicht verhältnismäßig gewesen«, hieß es vonseiten der Polizei.
Einige Pressevertreter*innen monierten über den Kurznachrichtendienst Twitter, dass sie durch die Polizei nicht ausreichend geschützt würden. Wer mit Begleitschutz anreiste, musste feststellen, dass dieser ohne Presseausweis von Beamten der Bundespolizei nicht durchgelassen wurde. Einige berichteten von aktiver Behinderung ihrer Arbeit bei der Dokumentation des polizeilichen Vorgehens bei der Räumung einer Blockade. Pressevertreter*innen berichteten auch über Angriffe von Teilnehmer*innen der Kundgebung. Ein Kamerateam des Mitteldeutschen Rundfunks stellte seine Arbeit kurzzeitig ein.
Auch als Versammlungsleiter Poggenburg die Versammlung kurz nach 19 Uhr beendete und viele Teilnehmer*innen wieder zum Ausgangspunkt der Demonstration am Simsonplatz zogen, skandierte eine größere Gruppe weiterhin: »Straße frei!« Auch hier kam es vereinzelt zu Angriffen auf Journalist*innen.
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