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Alle wollen Messi
In Argentinien muss die Politik im Streit um die Panini-Bilder vermitteln
Kein großes Fußball-Turnier ohne die legendären Panini-Bildchen? Seit Jahrzehnten gehören die Sammelalben der italienischen Firma dazu wie der Ball von Adidas. Doch mittlerweile läuft das Spiel nicht mehr rund. Wie in Argentinien: Seit Lionel Messi angekündigt hat, dass die Weltmeisterschaft in Katar seine letzte sein wird, wollen besonders viele Sammler ihr Album mit dem Superstar schmücken. Die Folge: So hohe Wucherpreise, dass sich sogar die Regierung in Buenos Aires zum Eingreifen genötigt sah.
Der empfohlene Verkaufspreis für einen Umschlag mit fünf »Figuritas« liegt bei 150 Pesos, etwa 90 Cent. Weil Panini aber zu wenige Bildchen für den argentinischen Markt drucken ließ – Kritiker meinen, mit Absicht, um die Nachfrage anzuheizen –, entwickelte sich ein florierender Schwarzmarkt. Für den zweimaligen Weltmeister Argentinien werden wie für den ganzen süd- und nordamerikanischen Markt die Karten ausgerechnet im Land des großen Fußball-Rivalen und fünfmaligen Weltmeisters Brasilien gedruckt.
Besonders begehrte Stücke wie die Messi-»Goldlegenden-Karte« wurden im Internet für 60 000 Pesos (rund 350 Euro) angeboten, berichten Nachrichtenagenturen. Vor dem Panini-Büro in der Hauptstadt Buenos Aires protestierten im September Kioskbetreiber für eine Erhöhung der Liefermengen. Es kam zu Demonstrationen von genervten Sammlern, die Polizei eskortierte Lastwagen mit neuen Lieferungen und Wirtschaftsminister Matías Tombolini lud die beteiligten Parteien zu einem Krisengipfel ein.
Panini ist heute ein in 150 Ländern tätiges Druck- und Verlagshaus, das auch Comics herausbringt. 1961 gaben die Brüder Panini das erste Sammelalbum mit italienischen Fußballmannschaften heraus. In Deutschland begann der Vertrieb mit der Weltmeisterschaft 1974. Das »Panini Album München 74« war »gleich auf Anhieb ein riesiger Erfolg«, schreibt die Tauschbörse Stickerpoint. In Sammlerkreisen sollen für einzelne Tüten bald Preise von mehreren Hundert Euro gezahlt worden sein. Das vollständige Album wird inzwischen auf 3000 Euro taxiert.
Die Geschichte der Sammelalben reicht über 100 Jahre zurück. Diese wurden anfangs von Firmen als Werbeaktion herausgegeben, auch zu »König Fußball«. Vereine und ihre Spieler als Sammelobjekt wurden aber erst durch die Einführung der Bundesliga in der Saison im Jahr 1963 für Verlage attraktiv. Bis dahin war in der Bundesrepublik in fünf Oberligen gekickt worden, was den potenziellen Markt zu stark fragmentierte. Bis Anfang der 1980er Jahre beherrschte noch die Firma Bergmann aus Dortmund den Fußballmarkt. 10 Pfennig kostete damals die Tüte.
Heute verlangt Panini, der nahezu alle anderen Sammelbilderverlage verdrängt hat, den zwanzigfachen Preis. Lange Zeit war das Unternehmen aus Modena ein Familienbetrieb. Doch für die internationale Expansion fehlte es an Kapital. Es folgten Eigentümerwechsel, Investmentgesellschaften wurden ein- und ausgewechselt, mittlerweile gehört der Konzern einem römischen Industriellen. Die Panini-Gruppe bringt weltweit jährlich rund 400 Sammelkollektionen auf den Markt.
Vor allem zu besonderen Anlässen wie Fußball-Weltmeisterschaften belohnten Einzelhandelskonzerne, Süßwarenhersteller und Tankstellen ihre Kundschaft gerne mit kostenlosen Fußballbildern und Sammelalben. Der wachsende Markt lockte aber auch Konkurrenz an. Der US-amerikanische Süßwarenhersteller Topps, er gilt als schärfster Konkurrent der Italiener, stach diese erstmals bei den Europameisterschaften 2024 und 2028 aus. Damit endet die jahrzehntelange Geschäftsbeziehung Paninis mit der europäischen Fußballunion Uefa. Dies werde Panini nicht davon abhalten, ließ der Verlag wissen, ein eigenes EM-Album anzubieten – nur ohne offizielle Symbole und ohne den nach dem ersten Uefa-Generalsekretär Henri Delaunay benannten Pokal.
Auf Dauer noch gefährlicher könnten vor allem Online-Anbieter werden. Die Deutsche Fußball-Liga arbeitet bereits seit Kurzem mit dem Start-up Sorare zusammen. Das französische Unternehmen bietet seit drei Jahren eine Onlineplattform für den Handel mit virtuellen Stickern an. Angeblich erreicht Sorare damit Sammler in 185 Ländern. Aber kann eine flüchtige Computerdatei wirklich das goldene Panini-Bildchen von Lionel Messi ersetzen?
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