Arschlochinzidenz

Kurt Krömer will kein »Chez Krömer« mehr veranstalten. Und das bloß weil sich Arschlöcher so schnell vermehren?

  • Ella Mae Hengst
  • Lesedauer: 2 Min.
Der an Bedarf gedeckte Kurt Krömer
Der an Bedarf gedeckte Kurt Krömer

Es war ein unerwartetes Ende für die preisgekrönte Kult-Talkshow »Chez Krömer« von Kurt Krömer, die seit 2019 im RBB lief. Krömers »Bedarf an Arschlöchern« sei gedeckt, teilte er mit. Dabei handelte es sich um ein bejubeltes Konzept: Die Zuschauer*innen ließ man in der kühlen Unwissenheit darüber, wer Freund oder Feind ist und wem Krömer innerhalb einer halben Stunde verbal oder nonverbal in die Fresse hauen will. 2019 war man noch unsicher, ob das überhaupt klappt. Sieben Staffeln mit insgesamt 41 Folgen angriffslustiger Verhöre ließen dann die RBB-Mediathek unvermutet aufblühen. Das musste man einfach sehen.

Krömer saß nach seinem richtungsweisenden Depressions-Outing so furios wie nie zuvor mit Gäst*innen wie Jens Spahn, Frauke Petry, Julian Reichelt oder Faisal Kawusi in einem Raum. Dort hagelte es Fragen und Vorwürfe. Nun verkündete Krömer plötzlich das Ende dieser mit zwei Grimme-Preisen ausgezeichneten Sendung. Anlass hierfür war, dass der Comedian Faisal Kawusi stumpfsinnige Schlichtungsversuche nach seinen taktlosen und rassistischen Witzen unternommen hatte. Krömer verließ daraufhin unwiderruflich und verfrüht den Verhörraum und somit auch die Show. Jetzt sei »Klappe zu, Katze tot«, schrieb er auf Instragram.

Der hessische Comedian Kawusi galt bis zu seinem ersten Skandal 2017 und einem bagatellisierenden Witz über Opfer von K.o.-Tropfen 2022 wegen seiner afghanischen Herkunft und damit verbundener Jokes eher als eine Art Identifikationsperson für viele Schwarze, Indigene und People of Color, die in Deutschland leben. Weshalb Kawusi jetzt Krömers Endgegner gewesen sein soll, ist eine berechtigte »Hä?«-Frage. Andererseits: In weltschmerzlichen Zeiten von Krieg, Klimawandel, Rassismus und Sexismus hätte der Anstieg der »Arschloch-Inzidenz« Krömer doch merken lassen müssen, dass das ebenso für Politik und Medien und somit für die Gastschaft von »Chez Krömer« gilt.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.