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Innenminister gegen Israel-Kritik
Die Bundesländer haben neue Maßnahmen zum »Nahost-Konflikt« beschlossen
Die Innenminister und -senatoren der Länder wollen ihre Zusammenarbeit gegen »israelbezogenen Antisemitismus« verstärken. Dazu haben sie unter anderem die »Vermittlung eines realistischen Israel-Bildes« in Schulen beschlossen. Die zuständigen Stellen sollen dazu »Hilfestellungen« für Lehrpersonal und Schüler erarbeiten. Ebenfalls genannt wird die Förderung von Begegnungs- und Austauschformaten.
Die Maßnahmen finden sich in den zur Veröffentlichung freigegebenen Beschlüssen, die nun online gestellt wurden. Die eigentliche Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) fand bereits am 2. Dezember in München statt. Bayern hat derzeit den Vorsitz inne.
In ihren Beschlüssen begrüßt die IMK die Umsetzung bereits bestehender Formate zur Antisemitismusprävention. Das »Engagement gegen israelbezogenen Antisemitismus« wird darin als eine der dauerhaften Aufgaben von Bund und Ländern beschrieben.
Ebenfalls beschlossen wurde eine verbesserte Reaktion »im Kontext antisemitischer Veranstaltungen, Fachtagen und Kampagnen, explizit auch im Kunst-, Kultur-, Wissenschafts- und Öffentlichkeitsbereich«. Die Formulierung erinnert an die Konferenz »Hijacking Memory«, auf der sich vorwiegend jüdische Gruppen und Einzelpersonen im Herbst in Berlin über die Instrumentalisierung von Antisemitismus durch die Neue Rechte ausgetauscht haben. Die damit gemeinten Kreise beschuldigten daraufhin die Veranstaltung selbst des Antisemitismus.
In diesem Jahr sorgte auch die Kunstausstellung Documenta in Kassel für Kritik, nachdem unter anderem auf einem Banner des indonesischen Kollektivs Taring Padi abgebildete Figuren als antisemitisch interpretiert wurden. Die Künstler zeigten darauf Sicherheitskräfte aus verschiedenen Ländern mit Hunde- oder Schweinegesichtern. Einer von ihnen trägt ein Halstuch mit einem Davidstern und einen Helm mit der Aufschrift des israelischen Auslandsgeheimdienstes.
Die Beschlüsse der IMK basieren auf der Studie einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) mit dem Titel »Handlungsbedarf aufgrund zunehmender antisemitischer und antiisraelischer Hetze vor dem Hintergrund des Nahost-Konflikts«, die nun ebenfalls veröffentlicht wurde. Die Leitung der Arbeitsgruppe hatte Hessen übernommen.
In dem BLAG-Papier finden sich noch weitergehende Vorschläge, die jedoch nicht – oder nur abgewandelt – von der IMK übernommen wurden. Darin wird etwa zu einem »Verbot von Äußerungen, Symbolen, Motiven, Aufrufen etc., die auf die Vernichtung Israels abzielen«, geraten. Genannt werden »Landkarten, die das Existenzrecht Israels in Frage stellen«.
»Ein solcher Beschluss wäre eine schlichte Parteinahme für eine Seite«, meint dazu der Antisemitismusexperte Peter Ullrich. Delegitimierungen der anderen Konfliktseite durch Nichtnennung auf Landkarten seien in Israel genauso wie in Palästina weit verbreitet. »Das ist Ausdruck des Konflikts, aber kein hinreichender Indikator für Antisemitismus«, sagte der Soziologe und Kulturwissenschaftler dem »nd«.
Die Länder sollten der Studie zufolge außerdem Aufrufe verbieten, die gegen Israel gerichtet sind, darunter etwa »From the River to the Sea, Palestine Will Be Free«. Diese Parole sei aber sehr deutungsoffen, so Ullrich, und werde auch von Befürworten eines demokratischen, binationalen Staates für alle seine Einwohner benutzt.
Die Arbeitsgruppe regt an, auch bisher zulässige Aktivitäten gegen das Existenzrecht Israels per Gesetz zu »unterbinden bzw. strafrechtlich verfolgen zu können«. Hierzu sollten die Behörden verstärkt von Vereins- und Betätigungsverboten Gebrauch machen. Zudem sollten »antisemitische Versammlungen« komplett verboten oder, wenn dies nicht möglich ist, »wenigstens mit Auflagen« versehen werden.
Im Mai hatte etwa das Land Berlin eine Mahnwache für die von israelischen Sicherheitskräften ermordete Al-Jazeera-Journalistin Shireen Abu Akleh untersagt. Zur Begründung hieß es, man rechne mit »volksverhetzenden, antisemitischen Rufen, Gewaltverherrlichung und Gewalttätigkeiten« bei der Veranstaltung. In der gleichen Woche sprachen die Behörden Verbote gegen palästinensische Nakba-Demonstrationen aus. Hierzu hatte der Ansprechpartner des Landes Berlin zu Antisemitismus, Samuel Salzborn, zuvor seine Bewertung an den Senat geschickt.
Verbote wie in Berlin sollen in Zukunft von Bund und Ländern enger mit den Antisemitismusbeauftragten abgestimmt werden. Die Arbeitsgruppe, an der neben Verfassungsschutz- und Kriminalämtern auch die Beauftragten selbst beteiligt waren, schlägt dazu die Erarbeitung eines bundeseinheitlichen »Musterleitfadens« vor. Dieser soll bei Generalstaatsanwaltschaften, Justiz und Polizei eine »länderverbindende Verfolgungspraxis« ermöglichen. So sollen Straftaten und Volksverhetzung »im realen sowie digitalen Raum« einheitlich verfolgt werden.
In etwas anderer Form findet sich diese Handlungsempfehlung auch in den IMK-Beschlüssen wieder. Demnach sollen Antisemitismusbeauftragte mit den Staatsanwälten »bei der nachhaltigen Umsetzung der jeweiligen Maßnahmen« einbezogen werden.
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