Werbung

Machterhalt mit allen Mitteln

US-Ausschuss: Trump schuld an Gewalt am Kapitol

  • Julian Hitschler
  • Lesedauer: 4 Min.

Er wusste, was er tat. So lassen sich die Schlussfolgerungen des Untersuchungsausschusses des US-Repräsentantenhaus zur Rolle von Ex-Präsident Donald Trump beim gewaltsamen Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 zusammenfassen. Trump sei klar gewesen, dass er bei den Präsidentschaftswahlen am 3. November 2020 nach objektiven Kriterien betrachtet gegen Joe Biden verloren habe. Trotzdem habe er im Nachgang Gerüchte über Unregelmäßigkeiten bei Stimmabgabe- und Auszählung gestreut – im vollen Bewusstsein, die Unwahrheit zu sagen.

Stabschef Mark Meadows setzte alle Hebel in Bewegung, um eine Machtübergabe zu verhindern und stand dazu in regem Austausch mit rechten Kongressabgeordneten, wie durch das Nachrichtenportal »Talking Points Memo« veröffentlichte Textnachrichten zeigen. Ein hanebüchener juristischer Plan, die Zertifizierung des Wahlausgangs durch den Kongress am 6. Januar 2021 durch Vizepräsident Mike Pence verhindern zu lassen, überzeugte weder die Mehrheit von Trumps engsten Vertrauten noch Pence selbst, so der Untersuchungsausschuss. Als es im Lauf der Sitzung zu gewaltsamen Ausschreitungen von Demonstrierenden mit Todesfolgen kam, habe Trump über Stunden tatenlos zugesehen.

Bei seiner letzten öffentlichen Sitzung am Montag empfahl der Ausschuss eine Strafverfolgung Trumps wegen vier Tatbeständen: Vereitelung von Amtsgeschäften, versuchter Betrug an der Bundesregierung, Falschaussage gegenüber Regierungsbeamten und Aufruhr. Zeitgleich veröffentlichte der Ausschuss ein Vorab-Exposé seines Abschlussberichts. Die Strafanzeigen gegen Trump und fünf weitere Männer – darunter Meadows sowie die Trump-Anwälte John Eastman und Rudy Guiliani – sind größtenteils symbolischer Natur, denn das Justizministerium ermittelt wegen der Vorfälle am Kapitol bereits.

Laut Darstellung des Berichts, der sich auf umfangreiche Zeugenaussagen sowie Dokumentensichtungen stützt, soll Trump bereits wenige Tage nach der Wahl von seinem Mitarbeiterstab informiert worden sein, dass er höchstwahrscheinlich gegen Joe Biden verloren habe. Sein Wahlkampfmanager Bill Stepien habe ihm bereits am 7. November – vier Tage nach der Wahl – versucht zu vermitteln, dass der Rechtsweg Trump nur eine fünf- bis zehnprozentige Chance biete, im Weißen Haus zu bleiben, so der Bericht. Dies habe Trump jedoch nicht davon abgehalten, öffentlich Mythen über angeblichen Wahlbetrug zu verbreiten, obwohl ihm sein eigenes Team immer wieder vermitteln musste, dass an den Geschichten nichts dran gewesen sei, zitiert der Bericht eine Zeugenaussage von Stepien. Trump ließ sich hiervon jedoch nicht beirren und befeuerte das Narrativ einer »gestohlenen« Wahl bewusst, auch indem er trotz Mangels an substantiellen Beweisen Dutzende Klagen gegen das Wahlergebnis einreichte.

Letzte Hoffnung des Präsidenten, so der Bericht, sei gewesen, dass sich Vizepräsident Pence bei der gemeinsamen Sitzung des Kongresses am 6. Januar weigern würde, angeblich zweifelhafte Wahlergebnisse aus bestimmten Bundesstaaten zu zertifizieren. Wichtige Mitglieder von Trumps Team, wie auch Pence selbst, hielten dies aber für illegal. Trumps wiederholte Versuche, Pence dahingehend unter Druck zu setzen, hätten in den Tagen vor der Sitzung keinen Erfolg gehabt. Seine Aufforderung an die Demonstrierenden, sich zum Kapitol zu begeben und »höllisch zu kämpfen«, muss in diesem Kontext betrachtet werden, wie der Bericht überzeugend darlegt. Die Beweise, dass der Ex-Präsident eine Mitverantwortung für die Gewalttaten trägt, sind im Gesamtzusammenhang erdrückend.

Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses unterstreichen, dass gewaltbereite rechte Gruppen wie die »Proud Boys« und »Oath Keepers« beim Stum auf Kapitol eine wichtige Rolle spielten. Allerdings bleiben ihre möglichen Verstrickungen mit den Sicherheitskräften und politischen Akteuren bei den US-Konservativen weiterhin größtenteils unklar. Viele der entscheidenden Zeugen verweigerten mit Verweis auf eine mögliche Selbstbelastung die Aussage. Im Ausschuss waren nur zwei republikanische Abgeordnete vertreten – die meisten Mitglieder der Fraktion hatten seine Einberufung abgelehnt und teils als »parteipolitische Hexenjagd« verdammt. Fünf Republikaner präsentierten bereits ihren eigenen Gegenbericht, der die schlechte Vorbereitung der Polizei anprangert.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.