Historischer Machtwechsel

Fidschis Langzeitherrscher Bainimarama muss auf die Oppositionsbank

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach einem zähen Machtpoker, das auf die jüngsten Parlamentswahlen im südpazifischen Inselstaat Fidschi am 14. Dezember folgte, steht es nun fest: Es kommt zu einem historischen Machtwechsel. Die Führungsriege der Sozialdemokratischen Liberalen Partei (Sodelpa) entschied sich in der vergangenen Woche mit knapper Mehrheit von 16 zu 14 Stimmen dafür, in eine neue Koalitionsregierung mit der Volksallianz (PA) und der mit ihr verbündeten Nationalen Föderationspartei (NFP) einzutreten. Das Nachsehen hat damit die bisher regierende Fiji First Party (FFP) von Noch-Premier Voreqe »Frank« Bainimarama. Dieser, als damaliger Armeechef Anführer eines Putsches 2006 und seit 2014 durch zwei Wahlen demokratisch legitimiert, wird seinen Stuhl räumen müssen. Neuer Premier wird sein wichtigster Gegenspieler, PA-Anführer Sitiveni Rabuka. Auch der ist ein Ex-Putschist. Bereits 1987 hatte Rabuka erstmals das unsägliche Einschreiten des Militärs in die Politik eingeleitet.

Dass nach 16 Jahren Bainimarama-Herrschaft viele im Land seiner überdrüssig sind, war schon vor den Wahlen spürbar und drückte sich auch in deren Ergebnis aus. Fiji First blieb zwar nach dem offiziellen Endergebnis mit 42,5 Prozent Stimmenanteil einzeln betrachtet weiter die stärkste politische Kraft. Das Bündnis aus PA und NFP brachte es mit 36 und 9 Prozent zusammen noch auf etwas mehr. Im 55 Abgeordneten starken Parlament haben aber beide Lager jeweils 26 Mandate.

Nur Sodelpa als unverhoffter Königsmacher konnte das Patt auflösen, nachdem die fünf anderen Parteien an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert waren. Die Entscheidung fiel schneller als erwartet. Denn obwohl die Gegnerschaft zu Bainimarama tief verankert ist, war Sodelpa eigentlich auch mit Rabuka verkracht. Schließlich war er bei der zurückliegenden Wahl 2018 noch ihr Spitzenkandidat, unterlag aber zwei Jahre später in einem Führungskampf dem heutigen Parteichef Viliame Gavoka. Bei der Gründung seiner PA zog Rabuka weitere Abgeordnete zu sich herüber, was ihm die verbliebene Truppe um Gavoka bis heute nachträgt.

Der Wunsch nach einem politischen Neuanfang war am Ende aber wichtiger als persönliche Befindlichkeiten. Zudem sicherte sich Sodelpa mit ihren lediglich drei Parlamentssitzen Einfluss und Ministerämter. Gavoka soll einer der beiden Vizepremiers werden. Der andere wird Biman Prasad von der NFP. Die drei Parteien erklärten, sie machten ihrem Land »ein Weihnachtsgeschenk mit einer starken und einigen Koalition, die bereit ist, auf den Ruf nach einem Wechsel zu antworten.« Erste Gratulantin war via Twitter die neuseeländische Außenministerin Nanaia Mahuta. Außenpolitisch wird nun mit einem Ende Annäherung an China gerechnet.

Einfach dürfte das Regieren für das Dreierbündnis mit großer ideologischer Bandbreite nicht werden. Während die NFP eher linksliberal zu verorten ist, handelt es sich bei Sodelpa ungeachtet ihres Namens um eine konservative Partei. Ihre bis 2013 bestehende Vorgängerin United Fiji Party (SDL) hatte sich explizit für eine Bewahrung traditioneller Vorrechte der melanesischen Fijianer eingesetzt. Auch bei Sodelpa besteht diese Tendenz fort, wenngleich sie sich seither spürbar für die Nachfahren der einst von den Briten ins Land geholten Inder geöffnet hat. Die machen rund 37 Prozent der etwa 950 000 Menschen zählenden Gesamtbevölkerung auf den 330 Inseln aus, von denen rund ein Drittel bewohnt ist. Rabukas PA als führende Kraft der neuen Allianz muss zwischen diesen Polen vermitteln. Für ihn ist es nach 1992 bis 1999 das zweite Mal, dass er Premierminister wird.

Bainimarama hatte vor der Wahl angekündigt, deren Ausgang zu respektieren. Bisher aber hat die Führung von Fiji First ihre Niederlage nicht offiziell eingeräumt. Die konstituierende Parlamentssitzung, bei der der neue Regierungschef gewählt wird, hat Staatspräsident Wiliame Katonivere noch nicht einberufen. Wegen Drohungen in Richtung der indischstämmigen Minderheit hat die Polizei in Absprache mit dem Noch-Premier die Unterstützung des Militärs angefordert – »um Sicherheit und öffentliche Ordnung zu wahren«, wie es hieß.

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