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Aura der Ohnmacht
Peter Steiniger zum Anliegen eines UN-Sicherheitsrats ohne Russland
In der schwersten internationalen Krise des 21. Jahrhunderts machen die Vereinten Nationen einmal mehr keine gute Figur. In der zentralen Frage einer dringend benötigten Friedenslösung im Konflikt um die Ukraine ist ihr Generalsekretär António Guterres sowohl für Moskau als auch Washington als eigentliche Kontrahenten eine Figur ohne nennenswertes Gewicht. Die Uno besitzt weder den Einfluss noch die Instrumente, um die von ihr proklamierten universalen Prinzipien tatsächlich durchzusetzen. Das trifft insbesondere auf die Mächte zu, die sich als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates bei Verstößen gegen völkerrechtliche Normen regelmäßig selbst amnestieren und Kritik auf dieser Ebene blocken. So ist das auch im Fall der russischen Invasion samt der Annektion ukrainischen Staatsgebiets, wo der Kreml rücksichtslos eigene imperiale Interessen verfolgt und auf die UN-Charta und das darin verankerte Gewaltverbot pfeift.
In einem Antrag an die Uno spricht die Ukraine Russland nun das Recht ab, weiter im Sicherheitsrat und überhaupt in den Vereinten Nationen vertreten zu sein. Die Forderung nach einer solchen – historisch einmaligen – Säuberung in der Weltorganisation ist zum einen Teil der den Kriegsgegner dämonisierenden Propaganda. Zum anderen ist sie gefährlich: Ein Ausschluss Russlands würde nicht nur auf den Widerstand Chinas treffen. Er wäre nur unter Inkaufnahme eines Zerbrechens der Uno insgesamt machbar. Die gefährliche Polarisierung von Blöcken in einem neuen kalten Krieg würde noch zunehmen. Bei allen Schwächen sind die Vereinten Nationen aus guten Gründen nicht der Knüppel einer Pax Americana. Eine von tiefen Widersprüchen geprägte Welt braucht diese breiteste diplomatische Plattform.
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