Großer Neubau für kleine Patienten

Mit einer neuen Klinik will die Charité die Pädiatrie stärken

Hoher Besuch bei der Charité: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (beide SPD) besuchen gemeinsam die Kinderklinik auf dem Virchow-Campus in Wedding. Die Prominenz hat zahlreiche Journalisten angezogen, auch Pflegerinnen und kleine Patienten mit ihren Eltern verfolgen von der Seite aus die Pressekonferenz.

Die Situation in den Kinderkliniken hatte zuletzt bundesweit für Schlagzeilen und Befürchtungen bei Eltern gesorgt. Wegen der zeitgleich verlaufenden Wellen von RS-Viren, Corona und Influenza sowie der Infektionslage beim eigenen Personal hatte die Charité zehn Tage vor Weihnachten die Notlage erklärt: Planbare Operationen und Therapien wurden verschoben, Personal von Erwachsenen-Stationen musste in den Kinderkliniken aushelfen. Charité-Vorstand Heyo Kroemer kann am Freitag in Aussicht stellen, dass sich die Lage bald bessern könnte. »Wir gehen davon aus, dass sich die Situation zeitnah normalisieren wird«, sagt der Pharmakologe, der der Charité seit 2019 vorsteht. Der Krankenstand beim Personal sei inzwischen zurückgegangen. Wann genau der Notstand beendet werden könne, hänge aber davon ab, wie viele Kinder noch erkranken werden.

Bundesminister Lauterbach lobt die Arbeit an der Kinderklinik mit Worten, die über Höflichkeit hinausgehen: Den Vergleich mit Spitzenkliniken in Harvard oder Jerusalem müsse man hier nicht scheuen, sagt er. In der Klinik würden schwerste Fälle behandelt, die anderswo nicht versorgt werden könnten. »50 Prozent der Fälle, die wir behandeln, sind seltene Krankheiten«, bestätigt Martin Kreis, Vorstand Krankenversorgung bei der Charité.

Die Kinderklinik kämpfe aber mit einem großen finanziellen Problem, so Lauterbach. Sie erhalte meist nur Fallpauschalen für die behandelten Kinder, müsse jedoch einen großen Teil der Vorbehaltskosten selbst tragen. Der Begriff beschreibt fallunabhängige Kosten für die Infrastruktur. »Das rechnet sich nicht«, sagt der Minister. Er nutzt die Gelegenheit, um für seine Krankenhausreform zu werben: Lauterbach will die Rolle der Fallpauschalen begrenzen und Kinderkrankenhäuser finanziell unterstützen.

Langfristig müsse man, fordert Lauterbach, eine bundesweit zentrale Klinik für medizinische Spezialfälle bei Kindern aufbauen. So könnten die notwendigen Geräte und das passende Personal effizienter genutzt werden. Lauterbach versteckt nicht, dass er dabei an die Kinderklinik auf dem Virchow-Campus denkt. Ein Hindernis: »Hier wird Top-Medizin gemacht, aber in nicht geeigneten Räumen.« Das in die Jahre gekommene Gebäude sei zu klein. Es mangele an Räumen für Patienten, Spezialgeräte und Labore.

Bereits Anfang Dezember war bekannt geworden, dass die Charité einen Neubau auf dem Virchow-Campus plant. Franziska Giffey betont jetzt erneut ihre Unterstützung für das Vorhaben. Nötig sei »eine Verdopplung der Plätze«, sagt sie. »Wir befinden uns aber erst am Anfang.« Ein Konzept stehe bereits, vor 2027 könne man aber nicht mit einer Eröffnung rechnen. »Davor müssen auch noch Finanzierungsfragen geklärt werden«, sagt Giffey. Ihr schwebt eine Kooperation mit einem Privatunternehmen vor.

Vorbild könne dabei das Gentherapiezentrum sein, das aktuell in Zusammenarbeit von Charité und dem Pharma-Unternehmen Bayer am Nordhafen entsteht. An welches Unternehmen sie bei der Kinderklinik denkt und welchen Einfluss es auf den Betrieb nehmen würde, lässt Giffey offen. Zumindest ein Geldgeber ist ihr aber schon sicher: »Wir helfen gern bei der Finanzierung«, sagt Gesundheitsminister Lauterbach am Ende der Pressekonferenz.

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