Besonders divers war es nicht

Die 80. Golden-Globe-Awards wurden vergeben

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 4 Min.

»Ich werde euch sagen, warum ich hier bin. Ich bin hier, weil ich schwarz bin«, sagte der Stand-up-Comedian Jerrod Carmichael, der die Verleihung der 80. Golden Globes moderierte. Im vergangenen Jahr war die sonst stets im Fernsehen übertragene Gala der in den USA neben Oscars und Emmys wohl wichtigsten Film- und Fernsehpreise komplett ausgefallen. Neben Sexismusvorwürfen, angeblichen Absprachen und mangelnder Transparenz bei Nominierung und Preisvergabe stand vor allem die rein weiße Jury der Hollywood Foreign Press Association (HFPA) im Fokus der Kritik. Denn um die Frage, wie wenig divers und rassistisch die Vergabe von Filmpreisen in den USA ist, bei denen in erster Linie weiße Schauspieler und Filmemacher berücksichtigt werden, wird in Hollywood seit Jahren intensiv gestritten.

Die Auseinandersetzungen um die Golden Globes im vergangenen Jahr bildeten vorerst den Höhepunkt dieser nicht abreißenden Debatte. Der Skandalfaktor war hoch, Tom Cruise gab seine drei Golden Globes aus früheren Jahren zurück. Jerrod Carmichael fand dementsprechend deutliche Worte für die Veranstalter, die jetzt alles anders und besser machen wollen: »Ich will nicht sagen, dass sie eine rassistische Organisation waren, aber sie hatten kein einziges schwarzes Mitglied, bis George Floyd starb, also macht mit dieser Information, was ihr wollt.«

Mittlerweile gibt es sechs nichtweiße Personen in der insgesamt 96 Mitglieder umfassenden HFPA, die neben weiteren 103 Nichtmitgliedern über die Preisvergabe abstimmen. Und obwohl dieses Jahr eigentlich alles ganz anders werden sollte, lässt die Liste der Gewinner nicht gerade darauf schließen, dass der Vergabe der Golden Globes eine besonders diverse Ausrichtung zugrunde liegt.

Bestes Drama wurde Steven Spielbergs »The Fabelmans«, ein fiktionaler, aber stark autobiografisch gefärbter, mitunter etwas aseptisch daherkommender Film, der Spielbergs eigene Jugend, Familiengeschichte und seine Faszination für Film und Kino aufarbeitet. Dafür wurde ihm auch sein dritter Regie-Globe verliehen. Als bester Film (Komödie/Musical) wurde mit »The Banshees of Inisherin« von Regisseur Martin McDonagh die auf einer irischen Insel angesiedelte Geschichte über eine in die Brüche gehende Männerfreundschaft ausgezeichnet. Die begehrten Trophäen für die besten Hauptdarsteller in einem Drama erhielten Cate Blanchett für ihre Rolle der queeren Dirigentin Lydia Tár in »Tár« und Austin Butler für seine Verkörperung der Rock- und Pop-Legende im neuesten Elvis-Biopic. In der Kategorie Musical/Komödie gewannen Colin Farrell (»The Banshees of Inisherin«) und Michelle Yeoh (»Everything Everywhere All at Once«) die Globes als bester Darsteller.

Besonders divers wirkt das alles nicht. Als beste Serie wurde das sehenswerte »Game of Thrones«-Prequel »House of the Dragon« ausgezeichnet, den Preis für die beste Mini-Serie erhielt das bitterböse gesellschaftskritische Drama »The White Lotus«, womit der Sender HBO zwei der wichtigsten Fernsehpreise abräumte.

Als »bester nicht englischsprachiger Film« wurde das politische Gerichtsdrama »Argentina 1985« ausgezeichnet, das die juristische Aufarbeitung der argentinischen Militärdiktatur der 70er Jahre in Szene setzt. Die deutschen Hoffnungen auf einen Golden Globe für den ebenfalls nominierten Film »Im Westen nichts Neues« wurden damit zwar enttäuscht. Aber in genau zwei Wochen werden die Oscar-Nominierungen verkündet, wo die Verfilmung des Remarque-Romans wieder auf der Liste stehen dürfte.

Besonders divers oder wenig weiß fielen die Golden Globes 2023 damit insgesamt nicht aus, wenngleich Angela Bassett in der Kategorie Beste Nebendarstellerin für ihre Rolle in der Fortsetzung des afrofuturistischen Marvel-Abenteuers »Wakanda Forever« geehrt wurde und die schon 2022 mit dem Emmy ausgezeichnete Sitcom bzw. Mockumentary-Serie »Abbott Elementary« über eine Grundschule in Philadelphia, die vor allem von nichtweißen Schülern besucht wird und wo nichtweiße Lehrer arbeiten, sogar drei Globes erhielt. Ein Stück weit wirken diese letztgenannten Preise ebenso wie der sehenswerte Auftritt Jerrod Carmichaels wie ein hilfloser Versuch, die Golden Globes diverser erscheinen zu lassen.

Insofern ist es interessant, einen Blick auf die Filme und Serien zu werfen, die gar nicht erst nominiert wurden. Für die Oscars gilt »Till« als heißer Favorit. Vor allem Danielle Deadwyler, die in der Rolle der Mutter des von Rassisten ermordeten Emmett Till eine mehr als beeindruckende Leistung zeigt, hat gute Chancen auf den Oscar als beste Hauptdarstellerin. Für die Globes war der bei uns am 26. Januar in die Kinos kommende Film gar nicht nominiert.

Auch die Abwesenheit des Whitney-Houston-Biopics »I wanna dance with somebody« verwunderte zahlreiche US-amerikanische Kritiker, nachdem der Elvis-Film immerhin drei Nominierungen erhalten hatte. Der Film »Emancipation« mit Will Smith, der von der Grausamkeit der Sklaverei erzählt, wurde ebenso ausgelassen wie das sehenswerte Drama »Causeway«, in dem Jennifer Lawrence eine Ex-Soldatin spielt, die mit einer posttraumatischen Belastungsstörung versucht, ihren Alltag in den Griff zu bekommen. Im Serienbereich wurde weder die wirklich außergewöhnliche postkoloniale Western-Serie »The English« berücksichtigt, noch schaffte es die klimaapokalyptische Serie »Peripherie« in die Nominierungen. Bleibt abzuwarten, wie sich die Golden Globes entwickeln. Die Debatte um mangelnde Diversität im Filmgeschäft wird definitiv weitergehen.

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