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  • Berlin
  • Regionale Wertschöpfung

Der Weg vom Acker zum Teller in Bildern

Ein Sachcomic erklärt, wie regionale Wertschöpfung durch die Zusammenarbeit von Lebensmittelbetrieben gelingt

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 4 Min.
Wertschöpfung einfach erklärt: der Sachcomic von Charis Linda Braun und Mathis Eckelmann
Wertschöpfung einfach erklärt: der Sachcomic von Charis Linda Braun und Mathis Eckelmann

Ökolandbäuerin Lia vermutet eine große Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln in der Hauptstadtregion. »Aber wen können wir bei den Supermarktketten ansprechen?«, fragt sie. »Waren Sie mal in einer Großküche?«, entgegnet Kantinenkoch Lenz. Da brauche er fertig geschälte Kartoffeln, die er gerne aus der Region bezöge, aber dafür gebe es gar kein entsprechendes Verarbeitungsunternehmen. Der Supermarkt-Manager Ventura braucht dagegen so große Mengen an Bio-Gemüse, dass eine einzelne Landwirtschaft dies gar nicht leisten könne.

Mit diesem Dialog beginnt der Sachcomic »Wertschöpfung gestalten«, der im Rahmen des Projekts »Regionales Bio-Gemüse aus Brandenburg« entstanden ist. Unter Leitung der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) und der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) arbeiteten rund 20 Akteur*innen aus Landwirtschaft, Gartenbau, Verarbeitung und Vermarktung in den vergangenen fünf Jahren daran, das Angebot an Brandenburger Bio-Kartoffeln und -Gemüse zu steigern und »Brücken zu schlagen zwischen Anbau und Vermarktung«, wie Projektkoordinator Gerald Köhler »nd« sagt. 

So ähnlich wie im Comic spielten sich die Überlegungen zu den Bedürfnissen und Problemen der verschiedenen Projektteilnehmer*innen tatsächlich ab, berichtet Charis Linda Braun von der HNEE. Sie ist Teil des Leitungsteams und Autorin des 52-seitigen Comics. Ihre Idee war es auch, die Ergebnisse des Projektes in Bildern zu erzählen. »Das reduziert die Komplexität und kann die wichtigsten Dinge gut transportieren«, sagt sie »nd«. Die Cartoons ermöglichen auch, »das individuelle Erleben der beteiligten Personen sichtbarer zu machen«, so der Berliner Illustrator Mathis Eckelmann, der die Geschichte gezeichnet hat. Außerdem wollte das Projektteam »innovative Wissensformate« ausprobieren. 

Das komplexe Thema Wertschöpfungskette bezeichne im Prinzip »den Weg der Möhre vom Acker auf dem Teller«, erklärt Braun. Und der ist oft länger und umständlicher, als er sein sollte. Dass die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln auf den Tellern der Hauptstadtregion steigt, zeigt unter anderem die an diesem Wochenende beginnende Messe »Grüne Woche« in Berlin, die sich genau darum dreht. Auf Brandenburger Äckern könnte theoretisch ein großer Teil dieser Lebensmittel produziert werden, aber dazwischen stehen Verarbeitung und Vertrieb. »Es gibt Lücken in der Wertschöpfungskette«, sagt Braun. Das hat zur Folge, dass Berlins Kantinen geschälte Kartoffeln aus weiter entfernten Regionen beziehen müssen und in den Supermarktregalen oft mehr Gemüse aus anderen Ländern als aus Brandenburg landet.

Fänden alle Prozesse vom Anbau bis zum Verkauf in einer Region statt, würden nicht nur weite Transportwege und somit CO2 gespart, sondern auch die gesamte Wertschöpfung verbliebe vor Ort – Arbeitsplätze zum Beispiel. Außerdem könnten solche regionalen Strukturen die Resilienz beziehungsweise die Unabhängigkeit von intransparenten wirtschaftlichen Konstrukten stärken, erklärt Braun. Um das zu erreichen, müssten jedoch erst einmal alle Akteur*innen an einen Tisch gebracht werden, was aufgrund der weiten Wege zwischen Betrieben in Brandenburg bislang selten passiert sei. 

Genau das war die Rolle des HNEE- und FÖL-Projektes. »Wir haben den Rahmen geschaffen und den Prozess begleitet«, erläutert Gerald Köhler. Im Comic wird das Projekt-Team durch die »Wertschöpfungskettenentwicklerin« Jule abgebildet. Zusammen mit Lia, Lenz, Ventura und anderen Figuren – sie alle sind nach Kartoffelsorten benannt, die in Brandenburg angebaut werden können – erkundet Jule den Markt in der Region, schließt Wissenslücken, schafft Vernetzungsmöglichkeiten und begleitet Beteiligte bei der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens. 

Ein solches wurde tatsächlich ins Leben gerufen: das Gemüseverarbeitungsunternehmen »Frisches Bio-Gemüse Brandenburg« (FBB). Dort haben sich fünf Landwirtschaftsbetriebe, die Regionalwert AG Berlin-Brandenburg sowie ein etabliertes Verarbeitungsunternehmen zusammengeschlossen und produzieren Convenience-Salate für Endverbraucher*innen und Großküchen. Das Besondere an dieser GmbH: »Die Landwirt*innen sind auch Gesellschafter und haben Mitsprache«, erklärt Köhler. 

Ursprünglich sollte das Projekt komplett auf Großverbraucher wie Kantinen ausgerichtet werden, da in dem Bereich auch Waren abgesetzt werden könnten, die den optischen Anforderungen des Handels nicht entsprechen, die exemplarische krumme Gurke zum Beispiel. Als in der Pandemie die Großküchen geschlossen hätten, sei jedoch klar geworden, dass eine Mischung verschiedener Betriebskanäle richtig sei, berichtet Köhler.

Der Sachcomic »Wertschöpfung gestalten« kann unter www.biogemuese-brandenburg.de/publikationen gelesen werden.

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