Heißes Eisen

Peter Steiniger zur Protestwelle gegen Rentenpläne in Frankreich

Am Rententhema haben sich schon frühere französische Regierungen die Finger verbrannt. Für den aktuellen Präsidenten ist es der zweite Anlauf, seine Reformpläne auf diesem Gebiet zu verwirklichen. Bereits der erste war auf massiven und breiten Widerstand in der Gesellschaft gestoßen. Emmanuel Macron bleibt sich unbeirrt treu: Modifikationen wie eine geringfügig angehobene Mindestrente, die sein Gesetzesvorhaben in ein weicheres Licht tauchen, ändern nichts an dessen Hauptziel, das Renteneintrittsalter heraufzusetzen. Das Rentensystem soll also für die Zukunft fit gemacht werden, indem die Franzosen und Französinnen künftig weniger vom Leben haben. Aus Kostengründen und unter Berufung auf den Arbeitsfetisch wird der Zeitpunkt, ab dem Anspruch auf Altersversorgung besteht, nach hinten verschoben. Bis zum Ruhestand länger im Job durchhalten muss die Minderheit der Älteren, die noch einen hat. Viele werden von den Unternehmen vorher aussortiert.

Auf die Reform mit dem Rotstift reagieren nicht nur die Gewerkschaften in bemerkenswerter Eintracht allergisch. Der Protest gegen die neuen alten Pläne Macrons hat breiten gesellschaftlichen Rückhalt. Und kämpferische Traditionen sind in Frankreich quicklebendig, wie auch die Gelbwesten-Bewegung zeigte. Angetreten, verkrustete Strukturen aufzulösen, hatte sich Macron nach seinem kometenhaften Aufstieg schnell als »Präsident der Reichen« entpuppt. Sein Stern ist deutlich gesunken: Nur noch als das kleinere Übel wurde er als Präsident wiedergewählt. Seine Politik hingegen straften die Wähler mit dem Verlust der absoluten Mehrheit für die Regierungspartei in der Nationalversammlung ab. Die Versprechen eines Dialogs und sozialer Ausgewogenheit hat Macron nicht eingelöst – und so das Feuer selbst gelegt.

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