Weber will rechtes Bündnis für EU-Wahl

Der Fraktionsvorsitzende der EVP umgarnt Regierungschefs in Tschechien und Italien

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Der konservativen Europäischen Volkspartei EVP schwimmen die Felle davon. Zwar stellt sie die stärkste Fraktion im EU-Parlament, doch sie verliert seit Jahren an Stimmen und somit auch an Abgeordneten. Um das auszugleichen, ist Fraktionschef Manfred Weber auf der Suche nach neuen Partnern. Diese sucht er in der konkurrierenden Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), die auch offen für weit rechts stehende Parteien ist. Vor wenigen Tagen traf sich Weber mit dem tschechischen Regierungschef Petr Fiala, dessen Partei ODS in der EKR organisiert ist. Die beiden Politiker betonten, dass sie weiter gemeinsam die Ukraine unterstützen wollten, damit Russland nicht den Krieg gewinnt.

Auch die faschistische Partei Fratelli d’Italia der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat Weber auf dem Zettel. Der CSU-Mann hat sich kürzlich mit Meloni abgesprochen und danach offen für eine Zusammenarbeit gezeigt. »Meloni ist bei Europa konstruktiv, steht an der Seite der Ukraine, und beim Rechtsstaat gibt es in Italien keine Probleme«, meinte Weber am Donnerstag im Gespräch mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Am Wochenende hat er in diesen Medien nachgelegt und deutliche Einschränkungen gemacht, was den Rechtsstaat angeht. Weber forderte Zäune zur Flüchtlingsabwehr an der EU-Ostgrenze, in der Mittelmeer-Region sowie an der Grenze Bulgariens und Griechenlands zur Türkei. EU-Büros sollten etwa in Tunesien oder Ägypten eingerichtet werden, damit Menschen aus Afrika dort Asyl in Europa beantragen könnten. Außerdem will Weber die Seenotrettung nicht privaten Initiativen überlassen, sondern eine neue EU-Mission prüfen. Dies entspricht den Forderungskatalogen von Fiala und Meloni. Die Italienerin hatte zuletzt die Arbeit der zivilen Rettungsschiffe deutlich erschwert.

Noch ungeklärt ist, wer bei der EU-Wahl 2024 als Spitzenkandidat für die EVP antreten wird. 2019 hatte Weber diese Rolle übernommen, wurde dann aber ausgebootet, als es um die Wahl des Präsidenten der Europäischen Kommission ging. Der Posten ging an die CDU-Politikerin Ursula von der Leyen. Nun hat Weber einen weiteren Namen ins Gespräch gebracht. Sowohl von der Leyen als auch Roberta Metsola wären hervorragende Spitzenkandidatinnen, erklärte er in einem Interview. Auch das ist ein Fingerzeig in Richtung der rechten EKR. Die Malteserin Metsola konnte nur EU-Parlamentspräsidentin werden, weil Liberale und Konservative mit der EKR-Fraktion zusammengearbeitet hatten.

Noch offen ist, ob Weber sich darum bemühen will, einzelne Parteien aus der EKR in seine Fraktion zu holen, oder ob ein anderweitiges Bündnis geschlossen werden soll. Letzteres wäre umstritten, weil in der EKR auch die polnische PiS-Partei vertreten ist, die aus Sicht vieler Politiker der EVP als antieuropäisch gilt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.