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RBB-Skandal: Politik und Rundfunk verfilzt
Linke-Abgeordneter kritisiert Desinteresse der Berliner Politik am RBB
Die medienpolitischen Sprecher der fünf demokratischen Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus behandeln einander sehr kollegial und gehen auch immer wieder miteinander essen. Die ungewöhnliche Harmonie ist am Dienstagabend auch bei einer Runde mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zu spüren, bei der über die vertrackte Lage beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) gesprochen wird. In einer Beziehung tanzt der Abgeordnete Alexander King (Linke) hier allerdings deutlich aus der Reihe. Er hat den Eindruck, dass sich die Brandenburger Politik stärker für den RBB-Skandal interessiere als die Berliner Politik. Von den Brandenburgern würde er sich im Gegensatz zu den vier anderen medienpolitischen Sprechern »gern eine Scheibe abschneiden«. King bekennt: »Ich bin unzufrieden, wie wenig im Abgeordnetenhaus über den RBB diskutiert wurde.«
Eine satte Gehaltserhöhung um 16 Prozent auf 303 000 Euro im Jahr und ein teurer Dienstwagen mit Massagesitzen. Dazu Einladungen zum Essen in ihre Privatwohnung, abgerechnet als Spesen beim RBB. Das wird der im vergangenen Jahr rausgeworfenen RBB-Intendantin Patricia Schlesinger worgeworfen. Außerdem stehen fragwürdige Beraterverträge und ein laxer Umgang mit den Regeln zur Kollision privater und beruflicher Interessen in der Kritik. Das Magazin »Business insider« hatte die problematischen Zustände im Sender zuerst öffentlich gemacht, inzwischen decken auch RBB-Journalisten ominöse Vorgänge und Fehlverhalten auf. Selbst Berlins ehemalige Wirtschaftssenatorin Ramona Pop gerät indirekt in den Sog der Affäre. Denn ihr damaliger Lebensgefährte, Ex-Senatssprecher Bernhard Schodrowski, soll laut »Business insider« 2017 damit betraut gewesen sein, Intendantin Schlesinger in die »bessere Gesellschaft« der Hauptstadt einzuführen. Einen Tagessatz von 1000 Euro soll er dafür berechnet haben. Freilich sagte Pop dem Magazin, sie habe von all dem nichts gewusst.
Nichtsdestotrotz sieht der Abgeordnete King insgesamt eine Verflechtung von Wirtschaft, Politik und RBB, die er »ungut« nennt. Er spricht von einer Kultur von »Verstrickungen« und »Filz«. Das müsse man ändern. Das stößt bei den RBB-Mitarbeitern, die zu dem Gespräch im nd-Hochhaus gekommen sind, auf Zustimmung. Nicht jedoch bei den anderen medienpolitischen Sprechern. Kings Vorwurf, die Berliner Politik habe hier zu wenig getan, weist die Abgeordnete Gollaleh Ahmadi (Grüne) zurück. »Wir haben uns, insoweit es die Staatsferne erlaubt, dazu geäußert«, meint sie. »Ich möchte in keinem Land leben, in dem eine Rundfunkanstalt von einem Parlament kontrolliert wird.«
Der RBB ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt, soll aber dennoch staatsfern sein, also unabhängig von Beieinflussung oder gar Weisungen von Politikern berichten. Dass der brandenburgische Landtag am 17. November 2022 einen Untersuchungsausschuss zum RBB-Skandal einsetzte, und dies auch noch auf Antrag von 23 AfD-Abgeordneten, betrachten Ahmadi und ihre Kollegen von SPD, CDU und FDP als Grenzüberschreitung. Zwar blieb dem Landtag gar nichts anderes übrig. Die oppositionelle AfD-Fraktion ist nach den geltenden Regularien stark genug, um jeden beliebigen Untersuchungsausschuss durchzusetzen, und sie macht davon regen Gebrauch, veranlasste bisher schon zwei Corona-Untersuchungsausschüsse. Aber dass die demokratischen Fraktionen jetzt mit eigenen Beweisanträgen »fröhlich mitmachen« in diesem Ausschuss, das missfällt dem Berliner Abgeordneten Christian Goiny (CDU). Es habe den Beigeschmack unzulässiger Kontrolle. Da vermisst Goiny den Respekt vor der Unabhängigkeit der Journalisten.
Tatsächlich hat in Brandenburg ein seltsames Verhältnis Tradition. Der RBB musste sich hier bis 2009 oft als Staatsfernsehen bespötteln lassen, weil er an den Lippen des damaligen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) hing und fast nie etwas ausstrahlte, was als Kritik an ihm zu verstehen gewesen wäre. Das änderte sich erst, als Platzeck nach der Landtagswahl 2009 die Koalition mit der CDU nicht fortsetzte, sondern eine rot-rote Regierung bildete. Da musste er plötzlich eine heftige Kampagne erleben.
Nichts tun kann Alexander King, obwohl er es gern würde, für einen Bestandsschutz der langjährigen freien Mitarbeiter. Einige haben Angst vor der Zukunft, weil beim RBB 40 Millionen Euro eingespart werden sollen. Das Thema gehöre in die laufenden Tarifverhandlungen, erklärt die Gewerkschaft Verdi.
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