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Neubau ist unbezahlbar
Wohnungswirtschaftsverband BBU fordert Steuersenkung für den Wohnungsbau
Die Mieten bei den Mitgliedern des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) bleiben relativ stabil. Das zeigt der am Donnerstag vorgestellte Marktmonitor des Wohnungswirtschaftsverbandes auf Grundlage von insgesamt rund einer Million Bestands- und Neumietsverträgen in Berlin und Brandenburg. So sind in Berlin die Bestandsmieten im Vergleich zwischen Juni 2022 und dem Jahr zuvor um 2,4 Prozent gestiegen. Bei der Neuvermietung steigt der Mittelwert um 3,8 Prozent auf fast 8 Euro je Quadratmeter nettokalt. Wer in Brandenburg einen neuen Mietvertrag abschließt, zahlt im Berliner Umland im Schnitt 7,26 Euro pro Quadratmeter und im Rest des Bundeslandes durchschnittlich unter 6 Euro.
Demgegenüber ziehen die Mieten im Neubau stark an. Um rund 7 Prozent auf fast 11 Euro ist die Neubaumiete in Berlin zuletzt gestiegen. Diese Zahl bildet dabei noch nicht die jüngsten Kostensteigerung ab. »Angesichts der Explosion der Kosten ist bezahlbares Bauen und Modernisieren nicht mehr möglich«, sagt BBU-Vorständin Maren Kern. Die Folgen wären ein Verfehlen der Neubau- und Klimaschutzziele, das Ausbleiben altersgerechter Modernisierungen und der Verlust von Handwerkskapazitäten in der Region.
Von 2020 bis 2023 seien die Neubaukosten um 29 Prozent gestiegen. Teilweise liegen diese nun bei bis zu 5000 Euro je Quadratmeter ohne Grundstück. Das sei vor allem auf die Teuerung bei den Baumaterialen zurückzuführen. Hinzu kämen eine Vervierfachung der Zinsen für Baudarlehen und gestiegene Lohnkosten. Der BBU geht davon aus, dass sich die Preise für Baumaterialien weiter nach oben bewegen werden. Auch bei Zinsen sei keine Entlastung zu erwarten. »Wir steuern mit hohem Tempo auf eine tiefgreifende Krise zu«, so Kern. Der BBU spricht sich deshalb für eine Reihe an Maßnahmen aus.
So solle unter anderem die Mehrwertsteuer für Bauleistungen von 19 auf 7 Prozent reduziert werden. »Das muss jetzt wirklich schnellstens verankert werden«, fordert Kern. Für eine Senkung der Mehrwertsteuer hatte sich zuletzt auch die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey mit Blick auf den Sozialwohnungsbau ausgesprochen, nachdem Vonovia angesichts von Kostenmieten im Neubau von 20 Euro je Qudratmeter ankündigte, bundesweit Bauvorhaben auf Eis zu legen. Neben der Mehrwertsteuersenkung fordert der BBU ebenso eine Ausweitung und Verstetigung der Bundesförderung für Neubau und Modernisierung auf zehn Milliarden Euro im Jahr.
»Angesichts der schweren Lage der Bauwirtschaft reicht es nicht, dass der BBU nur auf den Bund verweist, er sollte bei sich selbst anfangen«, sagt Katrin Schmidberger, Wohnungsexpertin der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Immer mehr Fördergelder alleine könnten die hohen Baukosten nicht auffangen. Die Bauwirtschaft selbst müsse neue Wege gehen. Beispielsweise könnten durch Typenplanung und serielle Vorproduktion die Planungs- und Baukosten »deutlich gesenkt werden«, ist sie überzeugt.
Gefragt nach dem, was das Land Berlin angesichts der Krise unternehmen könne, sagte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey vergangene Woche zu »nd«, dass man sich im Einzelfall anschauen werde, ob die Landeseigenen wegbrechende Neubauprojekte von Privaten übernehmen könnten. An der Landsberger Allee ist die landeseigene Gewobag zuletzt für einen privaten Entwickler in die Bresche gesprungen. »Die Illusion, dass alles von den Städtischen gemacht wird, wird nicht funktionieren«, gab Giffey aber auch zu bedenken.
Dementgegen will die Berliner Linke beim Neubau vor allem auf die Landeseigenen setzen und ein kommunales Wohnungsbauprogramm auflegen, das jährlich eine Direktfinanzierung der landeseigenen Wohnungsunternehmen in Berlin in Höhe von einer Milliarde Euro vorsieht. »Durch dieses Bauprogramm schaffen wir zudem eine Investitionssicherheit für die kriselnde Bauwirtschaft, um dem Abbau von Bau- und Handwerkskapazitäten entgegenzuwirken«, heißt es am Donnerstag von Niklas Schenker, dem Wohnungsexperten der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.
Dass anders als die Neubaumieten jene im Bestand relativ stabil blieben, liegt auch am Mietenstopp bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen und der grundsätzlichen politischen Regulierung der Vermieter in Landeshand. Der BBU vertritt rund 340 Unternehmen, deren Bestände die Hälfte aller Brandenburger Wohnungen und 40 Prozent des Berliner Mietwohnungsbestandes ausmachen. Im Verband sind neben den landeseigenen Unternehmen Private wie der Börsenkonzern Vonovia, aber auch Genossenschaften vertreten. Die Daten des BBU sind deshalb in mancher Hinsicht aussagekräftiger als Studien, die sich lediglich auf Mietangebote auf Internetportalen beziehen.
Junge Genossenschaften sind mitunter nicht Teil des BBU. Irmhild Schrader und Günter Piening haben auf der Internetseite der »Genossenschafter*innen« zuletzt ein Dossier zum BBU veröffentlicht. Die »Genossenschafter*innen« ist eine Initiative, die sich 2020 wegen der Kampagne des Verbandes unter anderem gegen den Mietendeckel gegründet hat. Sie argumentieren in ihrem Dossier, dass sich der BBU von seinen genossenschaftlichen Wurzeln entfernt habe. Die Autoren werfen die Frage auf, ob Genossenschaften weiter Teil eines Netzwerks sein wolle, in dem Kapitalgesellschaften großen Einfluss hätten, deren Geschäftsmodell auf spekulativen Gewinnen beruhe, oder ob man gemeinsam mit den Genossenschaften außerhalb des BBU »neue Lösungen für ein solidarisches und selbstverwaltetes Wohnen in Berlin« entwickeln wolle.
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