Hans Modrow: Hoffnungsträger der Wende-Zeit in der DDR verstorben

Ehemaliger DDR-Regierungschef und Linke-Politiker im Alter von 95 Jahren verstorben

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Nachruf – Hans Modrow: Hoffnungsträger der Wende-Zeit in der DDR verstorben

Berlin. Wenige Wochen nach seinem 95. Geburtstag ist Hans Modrow, der letzte DDR-Ministerpräsident mit SED-Parteibuch, in der Nacht zum Samstag in einem Berliner Krankenhaus verstorben. Nach Informationen seines Verlegers Frank Schumann (Edition Ost) ist Modrow zu Wochenbeginn, nachdem er einen Schlaganfall erlitten hatte, in die Klinik eingeliefert worden.

Hans Modrow gehörte zu den herausragenden Funktionären der DDR und war in den späten 80er Jahren von großen Teilen der DDR-Bevölkerung als politischer Hoffnungsträger gesehen worden. Von November 1989 bis April 1990 sorgte er als erster Premierminister der DDR mit dafür, dass die gesellschaftlichen Veränderungen im Land ohne Gewalt und Blutvergießen erfolgten.

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Modrow gehörte nach Ende der DDR bis 1994 dem Deutschen Bundestag an und wurde 1999 ins Europa-Parlament gewählt. Danach versuchte er als Vorsitzender des Ältestenrates der PDS - die sich 2007 mit der WASG zur Partei Die Linke vereinigte - Einfluss auf innerparteiliche Diskussionen zu nehmen, was in den letzten Jahren zunehmend zu Kontroversen mit der Parteispitze führte. Im Frühjahr 2022 wurde der Ältestenrat aufgelöst; Modrow, der auf dem Sonderparteitag der SED im Dezember 1989 die Auflösung der Partei verhindert hatte, wurde dabei nicht mehr berücksichtigt.

Seine langjährigen Weggefährten Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag, und Gregor Gysi, früherer Vorsitzender der PDS und der Linken sowie der Bundestagsfraktion, würdigten Modrows Verdienste als DDR-Ministerpräsident in der Übergangszeit 1989/90 »bei der Einbeziehung neuer Bürgerinitiativen und Parteien in die Regierung und damit in die politischen Entscheidungen«. Der friedliche Verlauf der Herstellung der deutschen Einheit sei auch Modrows Verdienst gewesen. Auch später als Abgeordneter in der Volkskammer, im Bundestag, im Europäischen Parlament und als Ehrenvorsitzender der PDS habe er sich dafür eingesetzt, »auch jenen Teil der früheren DDR-Bevölkerung zu vertreten, der nicht gewollt war und dessen Interessen regelmäßig verletzt wurden«. Enge Beziehungen habe er zu Japan, China, Russland und Kuba gepflegt.

Die Linke-Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan sowie Bundesgeschäftsführers Tobias Bank erinnerten an Modrows Engagement und seine große Verbundenheit »mit unserer Partei und dem Osten Deutschlands«. Der Kampf gegen Faschismus und Neofaschismus, für internationale Solidarität und Frieden habe im Zentrum seines Handelns gestanden. »Mahnend und stetig setzte er sich für diese Ziele ein und auch uns regte er mit kritischen Beiträgen immer wieder zum Nachdenken an.«

Der am 27. Januar 1928 als Sohn eines Seefahrers und Bäckers in einem pommerschen Dorf geborene Modrow hatte zunächst eine Ausbildung als Maschinenschlosser gemacht und ist dann zu Ende des Zweiten Weltkrieges als 17-Jähriger noch in den »Volkssturm« gepresst worden. In einem sowjetischen Kriegsgefangenenlager besuchte er eine Antifa-Schule. 1947 aus der Gefangenschaft nach Deutschland zurückgekehrt, arbeitete er zunächst im Lokomotivbau in Hennigsdorf. In den 50er Jahren studierte er als FDJ-Mitglied an der Komsomol-Hochschule in Moskau und anschließend an der Parteihochschule der SED sowie der Hochschule für Ökonomie in Berlin. 1958 wurde er Mitglied der Volkskammer, der er bis 1990 angehörte. Ab 1973 war Modrow Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED in Dresden. Am 13. November 1989 wurde er in der Volkskammer zum Vorsitzenden des Ministerrates der DDR gewählt.

Modrow war politisch und publizistisch bis ins hohe Alter aktiv. Vor dem Bundesverwaltungsgericht erzwang er im Februar 2018 die Herausgabe seiner BND-Akten, die der Auslandsnachrichtendienst seit Beginn der 1950er Jahre bis 1990 über ihn angelegt hatte und dessen Herausgabe die Bundesbehörde verweigerte. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz hat ihn seit Mitte der Sechzigerjahre observiert, wie er 2013 auf Anfrage vom damaligen Bundesinnenminister erfuhr; erst im Vorjahr sei seine Beobachtung eingestellt worden. Bis zuletzt arbeitete Modrow an der Verarbeitung der ihm zugänglich gemachten Akten. Laut seinem Verleger wird das Manuskript demnächst postum erscheinen.

Seinen 95. Geburtstag feierte Modrow in einer kleinen Runde in einem Berliner Pflegeheim. Er hatte zuvor darum gebeten, ihn nicht zu beschenken, sondern einen Solidaritätsbeitrag für die Schule »Tamara Bunke« auf Kuba zu spenden. Dabei ist ein fünfstelliger Betrag zustandekommen. Letztmalig in der Öffentlichkeit aufgetreten war Modrow im November 2022, als die Modrow-Stiftung 6000 Tulpen-Zwiebeln im Areal für die Opfer des Faschismus auf dem Zentralfriedhof in Berlin-Friedrichsfelde ablegte. An der Gedenkstunde hatten sich zirka 100 Antifaschisten beteiligt. nd

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