- Politik
- Wiederholungswahl in Berlin
Neuauflage von Rot-Rot-Grün in Berlin möglich
Christdemokraten kommen auf 27,9 Prozent der Stimmen / Grüne und SPD gleichauf mit 18,6 / Linke 12,2 Prozent
Die CDU hat die Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am Sonntag für sich entschieden. Laut 20-Uhr-Hochrechnung der ARD kamen die Christdemokraten auf 27,9 Prozent der Stimmen. Dahinter liegen Grüne und SPD gleichauf mit jeweils 18,6 Prozent. Die Linke erhielt 12,2, die AfD 9,1 und die FDP 4,6 Prozent. Damit fliegen die Liberalen aus dem Abgeordnetenhaus. Nach den vorliegenden Zahlen hat die amtierende rot-rot-grüne Koalition eine Mehrheit und könnte weiter regieren. Aber auch Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün wäre möglich. Die Wahlbeteiligung lag bei 63,5 Prozent.
Die Regieredne Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) erkannte den CDU-Sieg an. Die Wähler wünschten sich, »dass Dinge anders werden«. Ihr Ziel bleibe aber, stärkste Kraft in der neuen Landesregierung zu werden. Die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sprach sich für eine Fortsetzung der Koalition mit SPD und Linken aus. »Die jetzige Regierungskoalition hat eine klare und stabile Mehrheit«, sagte sie in der ARD. CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner sprach von einem »phänomenalen« Erfolg und sagte: »Unser Auftrag ist es, eine stabile Regierung zu bilden.«
Linken-Spitzenkandidat Klaus Lederer hat nach der Wiederholungswahl die grundsätzliche Bereitschaft seiner Partei zur Fortsetzung ihrer Regierungsbeteiligung betont. Die entscheidende Frage sei, ob nach dem Urnengang »progressive Mehrheiten« zustande kämen, sagte Lederer am Sonntag. »An der Linken wird es nicht scheitern«, fügte er hinzu.
Die Linke habe »inhaltliche Gestaltungsvorstellungen«, betonte der Berliner Kultursenator. Entscheidend für ihre Wählerinnen und Wähler werde am Ende sein, was sich davon umsetzen lasse. Er gehe davon aus, dass zwischen den Parteien in den kommenden Tagen nun viel diskutiert und gesprochen werde.
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Angeordnet hatte die Wahlwiederholung der Berliner Verfassungsgerichtshof. Er erklärte die Abstimmung vom 26. September 2021 wegen »schwerer systemischer Mängel« und zahlreicher Wahlfehler für ungültig. Zu den Problemen zählten falsche, fehlende oder eilig kopierte Stimmzettel, zu wenige Wahlurnen, die zeitweise Schließung von Wahllokalen sowie lange Schlangen davor mit Wartezeiten von mitunter mehreren Stunden. In rund der Hälfte der mehr als 2200 Wahllokale stimmten Wähler damals nach 18.00 Uhr ab, als Medien schon Prognosen und Hochrechnungen verbreiteten. Auch die Bundestagswahl in Berlin könnte wegen der damaligen Pannen teilweise oder ganz wiederholt werden. Darüber entscheidet das Bundesverfassungsgericht – wann ist noch offen.
Die Wiederholungswahl könnte die politischen Verhältnisse in der Stadt verändern. Seit 2016 regieren SPD, Grüne und Linke zusammen, im Dezember 2021 erneuerten sie die Koalition. Seither ist die frühere Bundesfamilienministerin Giffey Regierende Bürgermeisterin, sie muss nun aber um ihr Amt fürchten. Am Sonntag waren etwa 2,4 Millionen Berlinerinnen und Berliner aufgerufen, ein neues Landesparlament zu wählen.
Möglich wären nach den letzten Umfragen unterschiedliche Bündnisse. Neben einer CDU-geführten Koalition wäre auch denkbar, dass SPD, Grüne und Linke zusammen weiterregieren. Die CDU könnte also trotz eines Wahlsiegs am Ende leer ausgehen. Die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch präferiert nach eigener Aussage eine Fortsetzung der bisherigen Koalition, allerdings unter ihrer Führung. Die SPD und Giffey wiederum trafen keine Koalitionsaussage.
Wer auch immer künftig in Berlin koaliert, kann es maximal bis 2026 tun. Da es sich um eine Wiederholungs- und keine Neuwahl handelt, ändert sich nichts an der Legislaturperiode. Sie begann 2021 und dauert fünf Jahre. Die Parteien müssen mit denselben Bewerberinnen und Bewerbern antreten wie bei der Pannen-Wahl. Direktkandidaten, die nicht nochmals antreten wollten oder konnten, wurden durch Nachrücker von den Parteilisten ersetzt.
Regulär besteht das Berliner Abgeordnetenhaus aus 130 Abgeordneten. Aktuell sind es durch Überhang- und Ausgleichsmandate 147. Sechs Parteien sind dort vertreten: SPD, Grüne, CDU, Linke, AfD und FDP. Die Wahl zum Abgeordnetenhaus 2021 hatte die SPD mit 21,4 Prozent der Zweitstimmen gewonnen, ihrem historisch schlechtesten Ergebnis in Berlin. Es folgten die Grünen mit ihrem bis dato besten Berliner Ergebnis von 18,9 Prozent. Die CDU folgte mit 18,0 Prozent und konnte damit ihr historisch schlechtestes Berlin-Resultat von 2016 (17,6 Prozent) nur knapp überbieten. Die Linke erreichte 14,1 Prozent, die AfD 8,0 Prozent und die FDP 7,1 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 75,4 Prozent. Der recht hohe Wert war auch der Tatsache geschuldet, dass im September 2021 parallel noch die Bundestagswahl stattfand.
Hauptthemen im Wahlkampf, in dem auch Risse zwischen den bisherigen Koalitionspartnern SPD und Grüne deutlich wurden, waren Wohnungsbau und Mieten, die Modernisierung der Verwaltung sowie die Klima- und Verkehrspolitik. Nach den Silvesterkrawallen mit Angriffen auf Polizisten und Rettungskräfte wurde heftig über Jugendgewalt, Täter mit Migrationshintergrund und Integrationsprobleme diskutiert. Zudem stritten die Parteien über die Umsetzung des Volksentscheids für eine Enteignung großer Wohnungskonzerne 2021. Das Thema könnte bei Koalitionsverhandlungen nach der Wahl eine große Rolle spielen. Agenturen/nd
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