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Die Altlasten tragen auch die Mieter
Auch nachdem der Konzern Heimstaden Wohnungen kaufte, schulden die vorherigen Eigentümer den Mietern weiter Geld
Dienstagmorgen im Amtsgericht Mitte: Eine Mietpartei aus der Moabiter Jagowstraße will gegen den schwedischen Immobilienkonzern Heimstaden eine Mietminderung durchsetzen. Neben dem eigenen Wohnhaus war über viele Monate eine Baustelle. Vor allem während Corona, als viele zu Hause bleiben mussten, habe das die Lebensqualität für die Mieter deutlich eingeschränkt. Ihnen wurde eine Mietminderung zugesichert. Der Wohnungseigentümer muss dafür aufkommen, kann dann aber mit den Einbußen an den Verursacher des Baulärms herantreten.
Am Dienstag geht es um einen Vergleich, um die Details, wann der Lärm so groß war, dass 25 Prozent Mietminderung gerechtfertigt waren, in welchem Zeitraum nur 15 Prozent zugestanden werden. Am Ende einigen sich die Parteien unter Vorbehalt auf 6250 Euro, die die Mietpartei für den gesamten Zeitraum der Bauarbeiten erhält und auf die Verschwiegenheit über die Vereinbarung. Der Eigentümeranwalt befürchtet bei dem öffentlichen Termin, dass die Einigung sonst zum »Basisverfahren« für weitere Mieter werde, die eine Mietminderung durchsetzen wollen.
»Gut, dass ich mit dabei war«, sagt Ira, eine Aktivistin von der Mietervernetzung »Stop Heimstaden«, die ihren vollständigen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Natürlich können die anderen Mieter im Haus in der Jagowstraße die Details der Verhandlung von ihr erfahren, wenn die Mietpartei nichts erzählen darf, sagt sie und regt sich auf. »Akelius schüttete nach dem Verkauf seiner Wohnungen Dividenden in Höhe von sechs Milliarden Euro aus und die Mieter müssen jetzt um 6000 Euro vor Gericht streiten.«
Denn die Wohnung in der Jagowstraße ist Teil der 14 000 Berliner Wohnungen, die der schwedische Konzern Heimstaden 2021 vom Unternehmen Akelius kaufte. Der Baulärm, der nun Grund für eine Mietminderung und die Einigung in einem Vergleich ist, hat schon begonnen, als das Haus in der Jagowstraße noch zu Akelius gehörte. Heimstaden erbte sozusagen die Forderungen. Heimstaden hat aber nicht nur von Akelius Wohnungen gekauft. Mieter berichten, dass, bevor ihre Wohnungen an Heimstaden gingen, diese zum undurchsichtigen Unternehmenskonstrukt Gabriel International mit der Verwaltung Stadthaus gehört haben. Vor dem Verkauf sei dann eine neue Hausverwaltung mit dem Namen »Pandia« gegründet worden. Heute gäbe es beide nicht mehr. Den Mietern fehlt aber noch immer die Rückzahlung zu viel gezahlter Betriebskosten. Diese Rückzahlung einzuklagen, hätte er aufgegeben, berichtet ein Mieter. Der Blick in eine Facebookgruppe, in der nach einem Kontakt zu den aufgelösten Unternehmen gesucht wird, zeigt: Er ist kein Einzelfall.
Heimstaden-Sprecher Michael Lippitsch sagt zu »nd«: »Sind wir zum Beispiel als Rechtsnachfolger in die Gesellschaften eingetreten, wie beim Erwerb des Akelius-Bestands, dann sind natürlich wir dafür verantwortlich, die Differenz aus Nebenkostenzahlungen zu begleichen oder Mietkautionen zurückzuzahlen.« Bei anderen sei das nicht der Fall. »Liegt die Verantwortung aber klar beim Voreigentümer und behält dieser noch Geld zurück, so können wir nur auf den Vorbesitzer verweisen«, so Lippitsch.
Ira macht das wütend. »Teilweise sind Rechtsstreitigkeiten noch offen, während neue dazukommen«, sagt sie. Denn auch mit Heimstaden gebe es Probleme. Anfang Dezember verschickte das Unternehmen mit der Betriebskostenabrechnung auch eine Anpassung der Heizkostenvorauszahlungen, mit der sich Abschläge mitunter verdoppelten. Heimstaden und der Berliner Mieterverein vertraten unterschiedliche Auffassungen darüber, ob es rechtlich zulässig ist, wenn nicht im Einzelfall aufgelistet ist, was die höheren Betriebskosten verursacht.
Unternehmenssprecher Lippitsch sagt, der Großteil der Mieter könne die Argumentation des Unternehmens »nachvollziehen und hat verstanden, dass die Erhöhung der Heizkostenvorauszahlung dem Schutz der Mieterinnen und Mieter vor zu hohen Nachzahlungen im nächsten Jahr dient«. Wo Mieter den höheren Abschlag nicht zahlen wollten und beispielsweise darauf verweisen, selbst Geld für höhere Endabrechnungen zur Seite zu legen, suche man »gemeinschaftliche Lösungen« mit den Mietern. »Heimstaden selbst verdient daran kein Geld, sondern geht bei den Energielieferanten in Vorleistung«, erklärt er.
Das Unternehmen hat wie andere Konzerne eine hohe Schuldenlast. Durch steigende Zinssätze sowie den Wertverlust der Immobilien kommen Unternehmen zuletzt finanziell in Bedrängnis. Vor der Erhöhung der Abschlagszahlung hat Heimstaden im dritten Quartal 2022 einen Verlust von 220 Millionen ausweisen müssen.
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