Werbung
  • Politik
  • 59. »Munic Security Conference«

Proteste gegen Münchner Sicherheitskonferenz geplant

59. »Munic Security Conference« steht wie die Kundgebungen dagegen in diesem Jahr im Zeichen des Ukraine-Kriegs

  • Rudolf Stumberger, München
  • Lesedauer: 5 Min.

Offenbar rechnen die Sicherheitsbehörden mit einem größeren Zulauf zu den in den letzten Jahren überschaubar gewordenen Veranstaltungen gegen die sogenannte Münchner Sicherheitskonferenz, aber auch mit erhöhten Risiken. Am Freitag beginnt in der bayerischen Landeshauptstadt die internationale Tagung von Regierungsvertretern zahlreicher Länder, allen voran der 30 Mitgliedsstaaten der Nato, von Repräsentanten des Militärs und der sogenannten Sicherheitsindustrie. Mehr als 45 Staats- und Regierungschefs sowie Minister werden zur »Siko« anreisen, unter ihnen US-Vizepräsidentin Kamala Harris, der französische Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Es ist bereits die 59. Munic Security Conference – und auch die Proteste der Friedensbewegung dagegen haben eine lange Tradition. Immer ging es den Kriegsgegnern um Alternativen zur Logik von Rüstungsspiralen und zur Politik der Abschreckung.

In diesem Jahr stehen Konferenz wie Protest im Zeichen des fast ein Jahr andauernden brutalen russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Die Münchner Polizei hat sich jedenfalls auf hohe Teilnehmerzahlen bei den Anti-Siko-Protesten eingestellt – und ist ihrerseits während der drei Tage währenden Konferenz mit 4500 Beamten aus dem Freistaat und anderen Bundesländern und bis zu 300 Bundespolizisten im Einsatz. Die Sicherheitsvorkehrungen rund um den Tagungsort im Hotel Bayerischer Hof sind schärfer als sonst, kündigte Einsatzleiter Michael Dibowski am Dienstag auf einer Pressekonferenz an. »Wir haben den Ukraine-Krieg sehr wohl in unsere Überlegungen einbezogen«, sagte er. Derzeit gebe es aber keine konkreten Hinweise auf eine Bedrohung.

Insgesamt 19 Kundgebungen sind bei der Polizei angemeldet. Neben dem traditionsreichen Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz (#antisiko) ruft in diesem Jahr auch die Organisation »München steht auf« zu Aktionen auf, die in den letzten Jahren Demonstrationen gegen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie veranstaltet hatte. Darüber hinaus wird es eine Solidaritätsdemo für die Ukraine mit prominenten Rednern geben, auf der die Pläne der Siko-Teilnehmer zu deren militärischer Unterstützung begrüßt bzw. als nicht konsequent genug kritisiert werden.

Die größte Demonstration plant das Anti-Siko-Bündnis, das seit mehr als 20 Jahren zu Protesten gegen die Tagung aufruft, für Samstag. Zentrale Forderung der Kundgebung unter dem Motto »Verhandeln statt schießen« ist die nach einem sofortigen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg. Einmal mehr betonte Bündnissprecher Claus Schreer Ende vergangener Woche auf einer Pressekonferenz in München, der Name der Konferenz sei »Etikettenschwindel«. Vielmehr gehe es darum, »die Aufrüstung der Nato voranzutreiben«. Mit zwei Demonstrationen soll der Tagungsort »umzingelt« werden.

Die Proteste gegen die Sicherheitskonferenz starten am Samstag, dem 18. Februar, um 13 Uhr am Münchner Stachus. Mit zwei Demonstrationszügen soll der Siko-Tagungsort »umzingelt« werden. Schreer sieht vor allem die Teilnehmer der Münchner Tagung in der Pflicht, was Initiativen zur Beendigung des Krieges betrifft. »Im Gegensatz zu unseren Regierungen, die die Kriege der Nato-Staaten gegen Jugoslawien, Afghanistan, Irak und Libyen gerechtfertigt und unterstützt haben, treten wir kompromisslos gegen jede Anwendung militärischer Gewalt gegen andere Länder ein«, heißt es im diesjährigen Aufruf des Bündnisses. Und weiter: »Deshalb verurteilen wir den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die damit verbundene Annexion ukrainischen Territoriums.« Der Krieg habe bereits zu Zehntausenden Toten und Verletzten, zu ungeheuren Zerstörungen und Millionen Geflüchteten geführt. Und er drohe immer weiter zu eskalieren und könne »in einer Katastrophe mit dem Einsatz von Atomwaffen enden«.

Das Bündnis fordert eine Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg. Immer mehr westliche Waffenlieferungen seien kontraproduktiv. Eine Lösung könne nur in »gegenseitigen Sicherheitsgarantien für Russland und die Ukraine« bestehen. Dabei müsse ein Beitritt der Ukraine zur Nato ausgeschlossen werden. Zugleich müsse Russland die territoriale Unversehrtheit und Souveränität der Ukraine garantieren. Weiter verlangt das Bündnis die Beendigung »aller Wirtschaftssanktionen«, denn diese sorgten »vor allem im Globalen Süden, aber auch in Europa und Russland für Armut, Hunger und Tod«. Außerdem erklärt sich das Bündnis solidarisch mit den Friedenskräften, den Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren in Russland und der Ukraine.

Nach Angaben von Schreer haben sich bisher 2000 Teilnehmer zur Demo am Samstag angemeldet. In der Hochzeit der Anti-Siko-Proteste 2003 gegen den Irak-Krieg waren es schon mal 30 000 gewesen. Hauptrednerin auf der Abschlusskundgebung am Marienplatz wird die Linke-Politikerin Sevim Dagdelen sein.

Auch auf der Demonstration von »München steht auf« wird laut Ankündigung ein Linke-Politiker sprechen: Diether Dehm. Die ebenfalls am Samstagmittag stattfindende Veranstaltung am Münchner Königsplatz steht unter dem Motto »Nie wieder Krieg«, als weitere Redner sind der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete und Buchautor Jürgen Todenhöfer sowie Ingrid Pfanzelt, Münchner Vertreterin der »Internationalen Ärztinnen und Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges«, vorgesehen.

Ramstein spürt den Krieg: Auf der US-Luftwaffenbasis diskutiert der Westen seine Ukraine-Strategie. Die örtliche Friedensbewegung sucht nach Alternativen.

Claus Schreer betonte mit Blick auf die Kundgebung von »München steht auf«: »Wir gehen kein Bündnis ein mit Gruppen ohne Abgrenzung nach rechts.« Denn die Veranstalter dort hätten kein Problem, »sich die AfD ins Boot zu holen«. Zudem äußere man sich dort nicht zum Thema Aufrüstung und Militarisierung.

Als inhaltliche Gegenveranstaltung zur Siko findet auch dieses Jahr parallel eine Friedenskonferenz statt. Sie beginnt am Freitag mit einer Podiumsdiskussion zum Thema »Die Zivilgesellschaft und die vermeintliche Zeitenwende«, wird am Samstag mit einem Workshop zur sozialen Verteidigung sowie mit einem Vortrag über »Kriegsinteressen und Kriegsnarrative. Afghanistan und Ukraine« fortgesetzt.

Zu der pro-ukrainischen Kundgebung auf dem Odeonsplatz haben sich der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba und der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksij Makejew, angemeldet. Außerdem wollen dort auch die Bundestagsabgeordneten Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Anton Hofreiter (Grüne) sprechen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -