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- Biathlon-WM 2023 in Oberhof
Endlich eine Überraschung bei der Biathlon-WM
Österreichs Single-Mixed-Staffel gewinnt Silber hinter Norwegen. Deutsches Team wird Sechter
»Super Team« – auf diesen Titel für einen neuen Wettbewerb dürfte die Internationale Biathlon-Union (IBU) etwas neidisch sein. Geht er doch viel leichter und international verständlicher von der Zunge als ihre sperrige Single-Mixed-Staffel. Und superer ist der Name auch. Lässt sich super überhaupt steigern? Natürlich nicht. Aber so manchem Marketing-Guru ist alles zuzutrauen.
So wie jener Super-Team-Wettbewerb, den der Skiweltverband Fis gerade im Skispringen neu erfunden hat und in dem nur noch zwei statt vier Athleten pro Land starten. Offiziell soll das jenen Nationen mit weniger Spitzenathleten auch einmal eine Medaillenchance geben. Bei den ersten Tests erfüllte sich das Versprechen nicht: Bei den Frauen gewann Österreich vor Norwegen und Deutschland. Bei den Männern lagen die Polen vor Österreich und Japan. Außenseiter waren wie immer meilenweit vom Siegerpodest entfernt.
Mit der gleichen Begründung führte die IBU auch einst jene Single-Mixed-Staffel ein, die am Donnerstag zum vierten Mal Weltmeisterinnen und -meister kürte. Hier reichen schon eine Frau und ein Mann, um die Ministaffel aufzustellen. Und davon hätten eben auch jene Länder ein paar gute, die in normalen Staffeln nie zu den Favoriten gehörten, so die Begründung. Als der Österreicher David Komatz in Oberhof beim achten Schießen auch seine letzte Scheibe traf und auf Rang zwei dem Ziel entgegenlief, dürfte den Verantwortlichen des Weltverbands ein Stein vom Herzen gefallen sein, denn bis dahin hatte sich auch im Biathlon die Hoffnung der Außenseiter auf WM-Medaillen nie erfüllt. Die Reihenfolge hieß bislang: Norwegen, Italien, Schweden. Ein Jahr später: Norwegen, Deutschland, Frankreich. Und dann: Frankreich, Norwegen, Schweden. Dem gemeinen Fan wird auffallen, dass das die Nationen sind, die auch sonst immer vorn liegen.
Die norwegischen Serienweltmeister Johannes Thingnes Bø und Marte Olsbu Røiseland konnten Komatz und seine Partnerin Lisa Theresa Hauser zwar wieder nicht aufhalten, aber alle anderen Favoritenstaffeln, darunter die deutsche, schossen so oft daneben, dass es für die Österreicher am Ende zu Silber vor Italien reichte. Die Staffel der Gastgeber mit Sophia Schneider und Philipp Nawrath musste sich nach einer Strafrunde und zwölf Schießfehlern mit Rang sechs begnügen. Zum Vergleich: Komatz und Hauser schossen nur sechsmal daneben. Ein solches Missverhältnis war nötig für die überraschende Medaille. »Damit hat heute wohl keiner gerechnet. Es war von uns beiden ein nahezu perfektes Rennen«, sagte Komatz danach dem ORF. »Ich dachte: Wenn alles hinhaut, wäre ein Top-Sechs-Platz drin. Dass es Silber geworden ist, freut mich umso mehr.«
Um es klar zu sagen: Österreich war kein krasser Außenseiter. Hauser war bereits einmal Massenstartweltmeisterin. Die wahren kleinen Nationen von Rumänien über Kroatien bis China wurden auch in Oberhof allesamt überrundet und aus dem Rennen genommen. Die IBU wusste schon vorher, dass es so kommen würde. Mehr als ein Jahrzehnt zuvor hatte sie die reguläre Mixed-Staffel eingeführt – ebenfalls mit dem Argument, es kleineren Nationen einfacher zu machen, weil sie nur noch jeweils zwei statt vier gute Athletinnen und Athleten stellen müssten. Doch auch in dieser Disziplin blieben die Favoriten ganz vorn fast immer unter sich.
Warum also noch so ein Wettbewerb? »Beim Biathlon geht es immer mehr in Richtung Spektakel. Sonst hätten wir die Single-Mixed-Staffel nicht bei der WM dabei«, ist sich der vor einem Jahr zurückgetretene Erik Lesser sicher. »Es muss kurz und knackig sein.« Tatsächlich ist der mediale Wettbewerb um TV-Zuschauer und Sponsoren der Motor dieser Entwicklung. Mehr Rennen bedeuten mehr Werbezeiten, also mehr Einnahmen für die Verbände. Zudem ist die Laufstrecke extrem verkürzt, damit es schneller wieder zum Schießen kommt, das die Fans meist spannender finden als den Laufteil des Sports.
Das ist vergleichbar mit den Parallelrennen der alpinen Skirennläufer. Statt zwei Minuten sind die Sportler dort nur gut 20 Sekunden unterwegs. Die Spannung wird künstlich hochgehalten. Auch die Single-Mixed-Staffel ist mit 35 Minuten nur noch halb so lang wie eine normale. »Weil man Angst hat, gegen andere Formate keine Chance zu haben«, glaubt Lesser.
Aufhalten lässt sich diese Entwicklung nicht, auch wenn dafür traditionellere Formate wie die alpine Kombination, das Normalschanzen-Springen oder der Einzelwettbewerb der Biathleten im Weltcup kaum noch ausgetragen werden. Man würde sich nur wünschen, dass der Prozess von etwas mehr Ehrlichkeit begleitet würde: Es geht ums Spektakel und am Ende ums Geld. Dann würde man den krassen Außenseitern auch keine falschen Hoffnungen machen. Die dürften sich langsam etwas verschaukelt vorkommen.
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