Dividendenrekord für Aktionäre

Viele Dax-Unternehmen konnten ihre Gewinne erhöhen und bedienen nun ihre Eigentümer

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.
Blick in den Handelssaal der Frankfurter Börse
Blick in den Handelssaal der Frankfurter Börse

Es ist eine der größten Dividendenausschüttungen in der Geschichte der bundesdeutschen Wirtschaft: 19,06 Euro je Volkswagen-Aktie landen als Sonderausschüttung auf den Konten der Aktionäre. Angesichts einer guten halben Million Aktien, die im Umlauf sind, summiert sich dieser unscheinbare Betrag auf 9,6 Milliarden Euro. Hinzu kommt noch die »normale« Dividende, die Volkswagen für das Geschäftsjahr 2022 ausschütten wird, nämlich 4,4 Milliarden Euro.

Aktionäre von finanziell erfolgreichen Unternehmen erhalten eine Ausschüttung: die Dividende (lat.: »das zu Verteilende«). Aus der Sicht von institutionellen Investoren – das kann auch der Staat wie bei VW in Gestalt des Landes Niedersachsen sein – und privaten Anlegern bieten Aktien daher nicht alleine die Chance auf Kursgewinne an der Börse, sondern zusätzlich die Aussicht auf jährliche Geldzahlungen. Große Unternehmen wie Allianz, Siemens oder Volkswagen schütten fast immer eine Dividende aus, um ihre Anteilseigner bei Laune zu halten. Auf den Preis einer Aktie umgerechnet, entspricht die Dividende typischerweise einer jährlichen Rendite zwischen drei und fünf Prozent. Sparbuchsparer können davon nur träumen.

Doch warum schütten Aktiengesellschaften überhaupt so viel Geld aus, statt beispielsweise mehr zu investieren? Vereinfacht gesagt: Die Eigentümer verlangen ihr Recht. Schließlich haben sie erkleckliche Summen in die Wertpapiere investiert und möchten daraus ihren Nutzen ziehen. Manchmal mag dem Vorstand eines Dax-Konzerns auch nichts Besseres einfallen, als hohe Dividenden zu zahlen. Üblich ist, etwa die Hälfte des bilanzierten Reingewinns an die Aktionäre auszuschütten. Was durchaus auch der Kurspflege dienen kann: Eine hohe Dividende macht eine Aktie richtig attraktiv, erhöht die Nachfrage danach und steigert so den Börsenkurs. Was es wiederum den Vorständen von Aktiengesellschaften erlaubt, neue Aktien zu einem hohen Kurs auszugeben und so viel frisches Kapital einzusammeln.

Da Aktionäre mittels der Ausschüttung am Gewinn beteiligt werden, hängen Dividenden direkt mit dem wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens zusammen. Die deutschen Dax-Konzerne haben trotz Lieferkettenprobleme im vergangenen Jahr Rekordgewinne eingefahren. Und ihre Marktmacht ist offenbar so groß, dass sie die Inflation an ihre Kunden weiterreichen konnten.

Mit 120 Milliarden Euro lagen die addierten Überschüsse nur leicht unter dem Bestwert von rund 129 Milliarden des Geschäftsjahres 2021, wie eine Auswertung von Bilanzen und Analystenschätzungen durch das »Handelsblatt« ergibt. Voraussichtlich 24 der 40 Dax-Konzerne dürften ihre Gewinne gegenüber dem Vorjahr gesteigert haben. Auf der Negativliste stehen nur wenige Konzerne wie der Chemiekonzern BASF, der wegen der Milliardenabschreibung auf das Russlandgeschäft einen Nettoverlust verbuchte. In den Aktienkursen sind die Geschäftszahlen mittlerweile eingepreist: Seit Ende September haben die Dax-Konzerne fast ein Drittel an Börsenwert hinzugewonnen.

Aktionäre und auch Beschäftigte können sich über die hohen Gewinne ihrer Konzerne freuen. Indes kommentiert das kapitalnahe »Handelsblatt« mit in diesem Fall linken Einsichten: »Ordnungspolitiker dürfen hingegen frustriert in die Tischkante beißen und sich fragen: Warum enden ausgerechnet die beiden gesellschaftlichen Krisenjahre 2021 (Corona) und 2022 (Ukraine-Krieg, Energiekrise), in denen der Staat jeweils viele Milliarden Steuergelder als Hilfen an die Unternehmen verteilte, mit Gewinnrekorden bei den Börsenkonzernen?«

Der Deutsche Aktienindex, kurz Dax, misst aktuell die Wertentwicklung der 40 größten und liquidesten Unternehmen an den hiesigen Finanzmärkten und umfasst rund 80 Prozent der Marktkapitalisierung börsennotierter Aktiengesellschaften in Deutschland. Spitzenreiter ist aktuell die Linde AG, Hersteller von Industriegasen, mit einem Börsenwert von 152 Milliarden Euro. Der Software-Spezialist SAP folgt auf Rang zwei mit 136 Milliarden. Da Linde die Börse in Frankfurt verlässt und die Aktien in Zukunft nur noch in New York gehandelt werden, rückt nun die Commerzbank in den Dax nach. Die zweitgrößte deutsche Bank kehrt nach viereinhalb Jahren zum 27. Februar in den Index zurück.

Vor einigen Tagen hat die Hauptverhandlungssaison der Unternehmen begonnen, die sich bis in den späten Frühling hinziehen wird. Auf diesen Aktionärstreffen wird dann über die endgültige Höhe der jeweiligen Dividende entschieden, meist wird dem Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat gefolgt. Deutsche Anleger werden auf den Hauptversammlungen höchstens ein Drittel der Aktienstimmrechte vertreten.

Bei mindestens 24 der 40 Dax-Konzerne liegt die Mehrheit der Anteile in ausländischen Händen, ergab eine Analyse der Beratungsorganisationen EY. Unterm Strich dürften die Dax-Konzerne demnach in diesem Jahr so viel Dividende ausschütten wie noch nie: etwa 55 Milliarden Euro. Nicht eingerechnet ist die Sonderdividende, die der VW-Konzern wegen der üppigen Einnahmen aus dem Börsengang der Tochter Porsche an seine Aktionäre zahlt. Davon fließt gut eine Milliarde in den Landeshaushalt von Niedersachsen. Beschlossen wurde die Megaausschüttung auf einer außerordentlichen Hauptversammlung im Dezember mit einer Mehrheit von 99,9974 Prozent der Aktionäre.

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