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Leipzig mit zwei Gesichtern gegen Manchester City
Gegen den englischen Meister läuft RB erst nur hinterher – und dreht dann auf
Die britischen Reporter saßen Mittwochnacht etwas geknickt auf ihren Stühlen in den Katakomben der Leipziger Stadions und wollten von Pep Guardiola Antworten hören. Wie konnte es passieren, dass der Titelanwärter in der Champions League nach einer erdrückend starken ersten Hälfte die Kontrolle verlor und nur 1:1 gegen RB Leipzig spielte? Auch im zweiten Anlauf gelang Guardiolas Team kein Sieg in der Messestadt.
Künftig soll eine unabhängige Behörde überwachen, dass die Klubs auf der Insel solide wirtschaften – von der Premier League bis hinunter in die fünfte Liga. Das sieht ein Plan der britischen Regierung vor, der an diesem Donnerstag vorgestellt wurde. Sie folgt damit der Empfehlung einer von Fans geleiteten Untersuchung. Diese war eine Reaktion auf den Zusammenbruch zweier unterklassiger Vereine wegen finanziellen Missmanagements.
»Diese mutigen neuen Pläne werden die Fans wieder in den Mittelpunkt des Fußballs stellen, das reiche Erbe und die Traditionen unserer beliebten Vereine schützen und das schöne Spiel für künftige Generationen bewahren«, sagte der britische Premierminister Rishi Sunak. Die Premier League teilte mit, die Pläne, die ein entsprechendes Lizenzierungssystem und diverse Kontrollmechanismen vorsehen, prüfen zu wollen. Entscheidend sei, dass die Regulierung nicht dem Spiel schade, die Liga müsse für Investoren weiter attraktiv bleiben.
Sollte in Zukunft eine unabhängige Instanz die englische Premier League überwachen, könnte diese nach dem Willen der Regierung auch die Teilnahme von Mannschaften an Wettbewerbsformaten wie der 2021 von insgesamt zwölf europäischen Topklubs kurzzeitig gegründeten Super League verhindern. Zudem müssten die Vereine bei jedem Verkauf oder jeder Verlegung eines Stadions die Genehmigung der Regulierungsbehörde einholen, Eigentümer und Investoren würden ebenfalls überprüft. dpa/nd
Guardiola mochte sich darauf gar nicht erst einlassen. »Es gibt ein grundsätzliches Missverständnis, dass man nach einer so guten Halbzeit, wie wir sie gespielt haben, fragt, warum die zweite so schlecht war. Wieso sagt man nicht: RB Leipzig hat es nach der Pause einfach gut gemacht?«, fragte Guardiola in die Runde. »Sie haben hier viele, viele Spiele in Folge nicht verloren. Sie haben hier Real Madrid geschlagen. Das ist Champions League und Leipzig ist ein Topteam. Wir sind froh über das Ergebnis.« Seine Spieler hatte er nach Abpfiff direkt auf dem Rasen versammelt und ihnen ebenfalls zugerufen: »Kopf hoch! Warum hängen eure Köpfe? Das war ein wirklich gutes Spiel.«
Jede Mannschaft gab der anderen je eine Hälfte lang Anschauungsunterricht ihrer Stärken und musste in der anderen Halbzeit leiden. In den ersten 45 Minuten spielte das Eine-Milliarde-Euro-Ensemble von Manchester City Katz und Maus mit den Leipzigern. Die Gastgeber liefen nur hinterher, mussten minutenlange Ballstafetten über sich ergehen lassen. »26 Prozent Ballbesitz sind natürlich unterirdisch«, räumte Rose ein. »Wir waren nicht im Champions-League-Modus.« Sechser Xaver Schlager erklärte plastisch, wieso es so schwer war, Bälle gegen diese spielerische Übermacht zu halten. »Je mehr du läufst, desto schwerer fällt der eigene Ballbesitz, weil der Puls extrem hoch ist. Dann trifft man falsche Entscheidungen, so wie ich.« Der sonst so beständige Schlager hatte seinem Nebenmann Konrad Laimer den Ball »in den Vorderfuß« spielen wollen, weil hinter diesem schon Wunderstürmer Erling Haaland lauerte. Doch die Idee mündete in einen fatalen Fehlpass, der zum 0:1 in der 27. Minute durch Riyad Mahrez führte.
Entlastung kam nicht zustande, weil die Leipziger selbst gar nicht ins Pressing kamen. »Es war nicht verboten, höher zu attackieren, aber damit muss einer anfangen – im richtigen Moment, in der richtigen Intensität«, kritisierte Rose. Doch die Leipziger schoben die Verantwortung von einem Spieler zum nächsten. »Da waren wir in der ersten Halbzeit nicht mutig genug«, monierte der Trainer.
In der Halbzeitpause traf er offenbar den richtigen Ton, in ganz unterschiedlichen Lautstärken. »Semilaut«, sei die Ansprache gewesen, schilderte der Coach: »Leise angefangen, bisschen laut geworden, wieder leiser – dann richtig laut.«
Auffällig war erneut, dass RB wie auch gegen Bayern München eine Hälfte lang brauchte, um sich an Qualität und Rhythmus des Gegners zu gewöhnen, und erst in Schwung kam, als es viel schlechter nicht mehr werden konnte. »Dann wird man in der Pause aufgeweckt, geht raus, ist lockerer, hat mehr Ballsicherheit. Vielleicht hat man das Gefühl, man hat nichts zu verlieren«, erklärte Emil Forsberg.
Für die Mentalität der Leipziger spricht es, dass sie es nach schwachem Auftakt regelmäßig schaffen, ein anderes Gesicht zu zeigen. Plötzlich waren Pressing, Wucht und Selbstvertrauen nach vorn vorhanden – alles, was auch Joško Gvardiol auszeichnete, als er turmhoch über der City-Abwehr in der Luft stand und zum Ausgleich traf (70.).
Doch was ist das Remis für das Rückspiel in drei Wochen wert? Der Lerneffekt ist bei beiden Teams groß. »Wir haben ein paar Tage Zeit, uns zu schütteln«, sagte Rose. »Und nicht noch einmal eine solche erste Hälfte spielen!« Schlager betonte: »Wir wissen jetzt, wie sie spielen und wie man gegen sie spielen muss«, und schob lakonisch hinterher: »Das wird sicher lustig.«
Am Ende des Abends – es ging schon auf Mitternacht zu – war den britischen Reportern die Luft ausgegangen. Keiner hatte mehr eine Frage. »Ihr seid nicht kreativ heute«, scherzte Startrainer Guardiola. In drei Wochen wird sich zeigen, welche Mannschaft kreativer ist und dem Gegner über mehr als 45 Minuten ihr Spiel aufzwingen kann.
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