Regierung düpiert Parlament

Kooperationen mit ausländischen Geheimdiensten sollen weiter geheim bleiben

Die damalige Bundesregierung hielt die Auslandsarbeit des BfV unter Hans-Georg Maaßen weitgehend geheim, die Ampel-Koalition folgt dieser Praxis.
Die damalige Bundesregierung hielt die Auslandsarbeit des BfV unter Hans-Georg Maaßen weitgehend geheim, die Ampel-Koalition folgt dieser Praxis.

Die amtierende Bundesregierung will das Parlament auch weiterhin nur eingeschränkt über die Auslandsarbeit ihrer Geheimdienste unterrichten. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor. Darin hatten die Abgeordneten nach der Umsetzung der parlamentarischen Informationsrechte und der sogenannten »Third-Party-Rule« gefragt.

Mit dieser »Drittparteiregel« wird eine Geheimhaltung begründet, wenn die vom Parlament begehrten Informationen von einem Dienst aus dem Ausland stammen. Der Argumentation zufolge habe diese Behörde die Information nur unter der Bedingung übermittelt, dass keine dritte Partei darüber Kenntnis erhält. Dies betrifft unter anderem die Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes, der für die Auslandsaufklärung zuständig ist. Seit 2001 arbeitet außerdem das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) mit allen anderen Inlandsgeheimdiensten der Schengen-Staaten in einer »Counter Terrorism Group« zusammen. Sie gehört zum informellen »Berner Club«, zu dem gegenüber dem Bundestag ebenfalls große Geheimhaltung herrscht.

Immer wieder hatte sich die Linksfraktion im Bundestag nach diesen Kooperationen erkundigt, im Mittelpunkt stand dabei der Verfassungsschutz. Die erste Anfrage, die wegen der Third-Party-Rule ins Leere lief, datiert auf 2012, darin ging es um die Zusammenarbeit mit dem geheimdienstlichen EU-Lagezentrum in Brüssel. Es folgten Dutzende weitere Fragen zu geplanten Kooperationen mit der Polizeiagentur Europol. Spätere Anfragen betrafen die europäische Vernetzung rechter Gruppierungen, über die das BfV aus dem Ausland unterrichtet wird. Auch die Weitergabe von Informationen an ausländische Geheimdienste, wenn diese aus dem Ausländervereinsregister oder vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stammten, sollten gemäß der Third-Party-Rule geheim bleiben.

In den über 100 Antworten mit Verweis auf die Third Party Rule haben die Regierungen der letzten drei Legislaturperioden meist ähnliche Textbausteine verwendet. Demnach führe eine Missachtung dieser Regel dazu, »dass der internationale Informationsaustausch zwischen den Nachrichtendiensten im vorliegenden Bereich nicht mehr möglich wäre«. Dies könne zu einer Gefährdung des »Staatswohls« führen.

Allerdings wurden die begehrten Antworten nicht immer grundsätzlich verweigert. In einigen Fällen sind sie bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt. Dort können die Abgeordneten geheime und streng geheime Verschlusssachen des Bundestages einsehen. Die dafür geltende Geheimschutzordnung verbietet es aber, sich darüber mit Anwälten oder anderen sachkundigen Personen auszutauschen.

Die Ministerien dürfen tatsächlich abwägen, ob das »Interesse an der Erhaltung der außen- und sicherheitspolitischen Handlungsfähigkeit der Bundesregierung« höher wiegt als das Informationsinteresse des Parlaments. So bestätigt es auch ein Urteil des Verfassungsgerichts von 2016. Ein Freibrief zur Auskunftsverweigerung ist dies jedoch nicht, betonen die Richter. Vielmehr muss die Regierung bei dem betreffenden Staat, von dem die Informationen stammen, um eine komplette oder teilweise Erlaubnis zur Weitergabe bitten.

Allerdings hat sich kein Kabinett seit 2012 im Ausland jemals um eine solche Erlaubnis bemüht. Die Ampel-Koalition will es hier wie ihre Vorgängerinnen halten und nach Gutdünken entscheiden. So sei es auch unter ihrer Verantwortung in keinem Fall »zielführend und zweckmäßig« gewesen, im Rahmen der Beantwortung parlamentarischer Anfragen ein Freigabeersuchen zu stellen.

Die amtierende Regierung begründet dies mit der Mühe, die mit dem Informationsrecht des Bundestages verbunden ist. So sei es »mit zumutbarem Aufwand nahezu unmöglich«, innerhalb der knappen Fristen zur Beantwortung parlamentarischer Anfragen ein Ersuchen zur Freigabe an einen Partnerdienst zu richten.

Mitunter hatten die Fragesteller der Linksfraktion bekräftigt, eine längere Frist zur Beantwortung hinnehmen zu wollen – auch dies erfolglos. Zudem könnte die Regierung bestimmte Antworten nach Fristende nachliefern. Dies wurde aber offenbar nie in Erwägung gezogen.

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