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Bildungswesen vor der Katastrophe oder schon mittendrin
Massiver Lehrermangel wird noch größer – die Linksfraktion fordert einen Schulgipfel
Die Situation im brandenburgischen Bildungswesen steuert nach Ansicht der Linkspartei auf eine Katastrophe zu. Die Landtagsabgeordnete Kathrin Dannenberg kritisierte am Dienstag das Maßnahmen-Bündel von Bildungsministerin Britta Ernst (SPD). Dannenberg warf der Ministerin eine »schlechte Kommunikation« vor. Dies habe den neuesten »tiefgreifenden Eingriff ins bisherige System« begleitet. Frau Ernst sei die verantwortliche Ministerin und als solche »kann sie das tun«, gestand Dannenberg zu. Doch sorge dergleichen in erster Linie für Unverständnis bei allen Beteiligten.
Knapp die Hälfte der Lehramtsstudenten brechen laut Dannenberg ihr Studium vorzeitig ab. Die Schulämter sind mit dem Wunsch vieler Pädagogen nach Teilzeitarbeit und vorzeitigem Ruhestand konfrontiert. Aufgrund der Zuwanderung kommen Tausende Kinder hinzu, die es zu unterrichten gilt. Die Ministerin hat angesichts des Lehrermangels verschiedene Formen von Förderung, Differenzierung und Teilungsunterricht reduziert, um das Grundangebot personell abzusichern. Dannenberg machte nun darauf aufmerksam, dass diese Dinge »hart erkämpft« waren. Sie wiederholte den Vorschlag, einen »Bildungsgipfel« einzuberufen. Binnen kurzem werde der Bedarf auf 2000 neue Lehrer jährlich anwachsen, um die vielen Stellen zu besetzen, die vor allem deshalb frei werden, weil alte Kollegen in den Ruhestand treten. »Das können wir nicht mehr mit ausgebildetem Personal decken«, weiß die Abgeordnete.
Inzwischen gebe es im ländlichen Raum schon Schulen, in denen die Hälfte des Lehrkörpers aus Seiteneinsteigern besteht. Das dürfe nicht dazu führen, dass diese Schulen »abgehängt« werden. So wie es jetzt sei, »werden wir keine Lehrer nach Forst, Elbe-Elster und die Uckermark bekommen«. Dannenberg schlug vor, Schwerpunktschulen zu ermitteln, in denen der Personalhunger am dringendsten zu stillen sei. In einer »Fachkräfteoffensive« und mittels Stipendium könnte für
den Lehrerberuf in Brandenburg geworben werden. »Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Thüringen machen uns da einiges vor.«
Nach Ansicht des Abgeordneten Philip Zeschmann (Freie Wähler) ist der Katastrophenzustand im Bildungswesen des Bundeslandes längst eingetreten. Der Unterrichtsausfall sei eine Massenerscheinung, manche Fächer würden gar nicht mehr unterrichtet. In dieser Situation sei »alles richtig, was dazu beiträgt, diesen Ausfall zumindest zu begrenzen«.
Man werde mit der Ministerin besprechen, »ob sich alle Maßnahmen als tragfähig erweisen«, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Ludwig Scheetz. Er bat darum, nicht zu vergessen, dass es sich um ein Problem aller 16 Bundesländer handle und dass die Landesregierung an der Technischen Universität Cottbus-Senftenberg einen weiteren Standort der Ausbildung von Lehrern aufbaue. Bisher werden junge Lehrer in Brandenburg ausschließlich von der Universität Potsdam herangezogen.
Von Versäumnissen schon der rot-roten-Vorgängerregierung, die von 2009 bis 2019 im Amt war, sprach Grünen-Fraktionschefin Petra Budke. Angehende Mathematiklehrer sollten an der Universität nicht die gleichen Anforderungen erfüllen müssen wie Mathematikstudenten, schlug sie angesichts der hohen Abbrecherquote vor. Sie meinte auch: »Sicherlich konnte man nicht auf alles vorbereitet sein.« Der Wunsch älterer Lehrerkollegen, in Teilzeit zu arbeiten, sei jedoch keine neue Erscheinung. Das habe es schon immer gegeben. Ein Mittel sei es, Pädagogen im Ruhestand mit attraktiven Angeboten wieder zurück an die Schulen zu locken. In Cottbus-Senftenberg werde ein neuer Standort für die Ausbildung von Grundschullehrern für Entspannung sorgen.
»Mehr Arbeit, größere Klassen – das ist eine Provokation«, hatte Günther Fuchs am 7. Februar zu Diskussionen gesagt, in Teilzeit arbeitende Lehrer zur Vollzeit zu zwingen oder die Zahl der abzuleistenden Pflichtstunden heraufzusetzen. Fuchs ist Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und er wünschte sich, mit Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) über Lösungen für den riesigen Lehrkräftemangel zu verhandeln. Gespräche allein mit Bildungsministerin Ernst bringen seiner Erfahrung nach wenig, weil hier ein »Kraftakt der gesamten Landesregierung« erforderlich sei. Nach Angaben von Fuchs gibt es im Bundesland 24 000 Lehrer auf 22 000 Stellen. 27 Stunden pro Woche muss derzeit ein Vollzeitlehrer an Grundschulen in Brandenburg unterrichten, an den weiterführenden Schulen sind es 25 Pflichtstunden pro Woche.
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