EU hilft mit Verspätung

Brüssel flexibilisiert Sanktionen gegen Syrien

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 3 Min.

Sie kommt spät, aber sie kommt. Am 27. Februar landeten die ersten zwei Hilfstransporte des Humanitären EU-Programms Echo auf dem Flughafen in Damaskus und lieferten dringend benötigte Hilfsgüter wie winterfeste Zelte, Ausrüstung für Unterkünfte und Heizgeräte. Diese ersten Flüge sind Teil einer Reihe von Lufttransporten, mit denen Hilfsgüter aus den eigenen humanitären Beständen der EU in Brindisi und Dubai zur syrischen Bevölkerung gebracht werden.

Anders als bisher müssen Hilfsorganisationen für ihre Lieferungen und Dienstleistungen an sanktionierte Personen und Institutionen in Syrien keine Genehmigung der zuständigen EU-Staaten mehr einholen, teilte der EU-Rat vergangene Woche mit. Die Aussetzung soll sechs Monate gelten.

Brüssel folgt mit der Entscheidung drei Wochen nach dem verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet einer Entscheidung der US-Administration. Die hatte bereits am 9. Februar 2023 eine »Allgemeine Genehmigung für Syrien« (GL23) erlassen. Diese setzt alle (finanziellen) »Transaktionen hinsichtlich der Erdbebenhilfe, die sonst durch das Syrien-Sanktions-Regelwerk (SySR) verboten sind (…) für 180 Tage« aus.

Kurswechsel in der Hilfe

Die Erdbebenkatastrophe zwingt zum Umdenken. Das haben vor allem die arabischen Nachbarstaaten erkannt, die seit 2011 – gemeinsam mit der Türkei und anderen Nato-Staaten – Geld, Waffen und Logistik für die Gegner der syrischen Regierung geliefert hatten. Das Erdbeben hat nun offenbar die letzten Vorbehalte gegen einen Kurswechsel beseitigt.

Schon in den ersten 48 Stunden waren mehr als 120 Flugzeuge mit Hilfsgütern auf den syrischen Flughäfen von Damaskus, Latakia und Aleppo gelandet. Die Hälfte der Flüge kamen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die im Dezember 2018 die diplomatischen Beziehungen mit Syrien wiederaufgenommen hatten. Hilfslieferungen kamen auch aus Saudi-Arabien, Kuwait, Jordanien, Ägypten und Algerien.

Die Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate, aus Saudi-Arabien und Jordanien sowie Regierungsdelegationen aus dem Libanon und Irak kamen nach Damaskus, um mit Präsident Baschar Al-Assad zu sprechen und ihre Hilfe anzubieten. Am 20. Februar wurde Assad in Oman von Sultan Haitham bin Tariq zu einem Arbeitsbesuch empfangen. Der Sultanspalast teilte mit, man begrüße es, wenn sich die Beziehungen Syriens mit allen arabischen Staaten wieder normalisierten.

Mit dem Besuch des ägyptischen Außenministers Sameh Shoukry am 27. Februar hat nun auch Ägypten die langjährige Isolation Syriens offiziell aufgegeben. Beim ersten Besuch in Damaskus seit 2011 traf Shoukry mit Präsident Assad und dem syrischen Außenminister Feisal Mekdad zusammen und versicherte dem Land weitere Unterstützung. Bereits am Tag nach dem Erdbeben hatte der ägyptische Präsident Abdul Fattah al-Sisi mit dem syrischen Präsidenten Assad telefoniert. Während zwei ägyptische Militärmaschinen Hilfsgüter in die Türkei brachten, flogen drei weitere Militärmaschinen mit Hilfsgütern nach Syrien.

Arabische Staaten helfen

Die arabischen Staaten helfen »in der Stunde der Not« sowohl der Türkei als auch Syrien. Im Rahmen ihrer »Erdbebendiplomatie« gehen sie aufeinander zu, um die langjährige Isolation Syriens zu durchbrechen und Vorbehalte gegenüber der Türkei – ausgelöst vor allem durch deren politische, finanzielle und bewaffnete Unterstützung der Muslimbruderschaft – auszuräumen.

Der ägyptische Außenminister Shoukry reiste von Damaskus nach Adana weiter. Dort traf er sich mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu in Adana. Im Hafen von Mersin begrüßten beide Minister ein zweites Schiff, das Hilfsgüter für die türkischen Erdbebenopfer aus Ägypten brachte. Die Hilfsgüter werden dem Syrischen Arabischen Halbmond übergeben, der – gemeinsam mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und der Uno – die Hilfe in den betroffenen Gebieten verteilt.

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