Deutsche Kombinierer holen WM-Silber in Planica

Norwegens dominierendes Team siegt. Die Zukunft soll abwechslungsreicher werden

  • Lars Becker, Planica
  • Lesedauer: 4 Min.

Spannung, kontroverse Szenen und ein Rekord – dieses WM-Rennen der Nordischen Kombinierer in Planica hatte wirklich alles. Nach einer dramatischen Schlussrunde gewann das deutsche Team am Ende Silber, es siegten die dominierenden Norweger. Eric Frenzel krönte sich mit seiner 18. WM-Medaille zum erfolgreichsten nordischen Skisportler aller Zeiten bei Weltmeisterschaften. »An den Rekord denke ich noch gar nicht. Dazu bin ich noch viel zu viel in diesem unglaublichen Rennen drin. Aber ich denke, mit Silber können wir sehr glücklich sein«, sagte der 34-jährige Sachse mit einem Lächeln.

Nachdem Frenzel das Team an die nach dem Springen führenden Norweger herangeführt hatte und Vinzenz Geiger sowie Johannes Rydzek mit den Skandinaviern zusammen liefen, fiel die Entscheidung fiel in der letzten Kurve kurz vor dem Ziel, als sich der deutsche Schlussläufer Julian Schmid und Überflieger Jarl Magnus Riiber im Kampf um die Spitze mehrmals auf die Ski traten. Das nutzte der Norweger, um die entscheidende Lücke zu reißen. Der völlig frustrierte Schmid – er hat bei dieser WM damit dreimal Silber gewonnen – wankte mit neun Sekunden Rückstand als Zweiter ins Ziel. »Riiber ist mit allen Wassern gewaschen. Das war am Rande der Unsportlichkeit und für uns ein Grund zum Protest. Dort haben wir das Rennen verloren, denn wir wollten Gold gewinnen«, sagte Bundestrainer Hermann Weinbuch.

Das Rennen war trotz des Ärgers Werbung für die Nordische Kombination, denn lange mischte neben den beiden Topnationen und den drittplatzierten Österreichern auch Frankreich im Kampf um Gold mit. Ein wichtiges Signal: Seitdem das Internationale Olympische Komitee (IOC) den Kombiniererinnen die Aufnahme ins Olympia-Programm 2026 verweigert und gleichzeitig die Streichung der Männer-Wettbewerbe ab 2030 angedroht hat, ist der Traditionssport in Aufruhr.

Die weltbesten Kombiniererinnen formten, wie vor jedem Rennen in diesem Winter, auch bei der WM mit ihren Skistücken kollektiv ein X als Protest in der Luft. Es steht für »no eXception«, also »keine Ausnahme«. Denn die Nordische Kombination ist die einzige Sportart, in der es bei Olympischen Winterspielen keine Wettbewerbe für Frauen gibt. Wie man die Entwicklung der Winterzweikämpferinnen fördern kann – es gibt noch nicht genügend leistungsstarke Teilnehmernationen –, ist ein wichtiges Thema für die Zukunft der Sportart. Ein anderes ist die Modernisierung des Traditionssports. IOC-Sportdirektor Kit McConnell hatte nämlich pauschal die »mangelnde Attraktivität der Sportart« kritisiert.

Tatsächlich gibt es bei Großereignissen wie bei diesen Weltmeisterschaften und auch Olympia in den Einzelwettbewerben nur ein Format: Einem Skisprung von der Normal- und Großschanze folgt ein Langlauf über zehn Kilometer. Die spannenden Langlauf-Rennen erreichen zwar wie beim Olympiasieg von Vinzenz Geiger in Peking zumindest in Deutschland Top-Einschaltquoten im Fernsehen, aber das reicht dem IOC nicht. Im Trend sind junge, TV-affine Sportarten wie Freestyle und Skicross. 2026 wird zudem das Skibergsteigen seine Olympia-Premiere feiern, eine Art sportliche Variante des Tourenskigehens.

»Wir brauchen neue Ideen, wie wir noch mehr Leute für diese traditionsreiche Sportart begeistern können, die den Ursprung des Skisports verkörpert«, sagt Bundestrainer Hermann Weinbuch. Er hat einige spektakuläre Ideen in der Schublade. Eine davon ist die »Cross-Kombi«, eine Mischung aus Langlauf-Sprint und Skicross in der Loipe. Abhängig von ihrer Leistung im Skispringen würden die Kombinierer auf einem hügeligen und kurvenreichen Parcours in Achter-Heats an den Start gehen. Die jeweils Besten jedes Laufes würden sich für die nächste Runde qualifizieren, bis nach dem Finale der Sieger feststünde. Spektakuläre Action, aber auch Stürze wären in so einem Format garantiert.

»Der Show-Effekt wäre groß, aber solch ein Rennen könnte auch jüngere Leute begeistern. Sowohl die Sportler als auch die Zuschauer am TV-Bildschirm«, glaubt Weinbuch. Seine zweite Idee nennt der bald 63 Jahre alte Innovator »Power Race«. In diesem Format würden die Zeitabstände für den Langlauf nicht wie sonst üblich nach den Punkten im Skispringen berechnet, sondern nach der Platzierung. Jeweils fünf Sekunden nacheinander könnten die Sportler ins Rennen gehen, eine Minute nach dem Spitzenreiter würde dann der ganze verbliebene Rest des Pulks folgen. »Auch hier wäre viel mehr Action und Zweikampf garantiert, viel mehr Sportler wären im Bild«, so Weinbuch. Er ist für die Rettung seiner Sportart auch bereit, Abstriche bei der Gerechtigkeit der Wettbewerbe zu machen: »Wir brauchen einfach mehr Teilnehmer, mehr Interesse.«

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