Franziska Giffey: Eine Frau für alle Fälle

Giffeys Schwenk zur CDU zeigt mehr als alle Floskeln, was sie von den bisherigen R2G-Regierungspartnern in Berlin hält

Als der rot-grün-rote Berliner Senat im Dezember, unmittelbar vor Weihnachten und ein Jahr nach seiner Vereidigung, Bilanz zog – selbstverständlich eine positive –, herrschte gute Laune. Auch bei den Journalisten, die sich besonders originelle Fragen ausgedacht hatten. Zum Beispiel, mit welchem Song oder welcher Liedzeile die Frontleute von SPD, Grünen und Linkspartei die bisherige Amtszeit verbinden. Die Antworten waren so gequält lustig wie die Frage, aber immerhin legte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey ein Bekenntnis zu Mark Forster ab. Von dem unentwegt freundlichen Popsänger stammt der Song »Sowieso«, und darin steckt die Zeile, die Giffey zu ihrem Motto gemacht habe: »Egal, was kommt, es wird gut.«

Das ist eine Sentenz, die es Giffey wahrscheinlich angesichts durchlebter Höhen und Tiefen angetan hat. Ihrer Partei ging es oft schlecht, ihr selbst zuweilen auch (beispielsweise als sie wegen Plagiatsvorwürfen um ihre Doktorarbeit vom Amt der Bundesfamilienministerin zurücktreten musste). Dabei hatte sie so tolle Sachen wie das Gute-Kita- und das Starke-Familien-Gesetz erfunden. Vor allem die Namen dafür, denn: Egal, was kommt, es wird gut.

So ähnlich muss sie sich auch den vom Verfassungsgericht angeordneten Berliner Wiederholungswahlkampf vorgestellt haben. Giffey war ja nie eine Freundin von Rot-Grün-Rot; im Wahlkampf biss sie sich lieber die Lippen wund oder redete sich den Mund mit ausweichenden Plattitüden fusselig, als sich für eine Fortsetzung des Dreierbündnisses auszusprechen. Die CDU nahm sie lange Zeit auch nicht ernst, weil Giffey glaubte, mit ihrer helikoptermütterlichen »Icke, dette, kieke mal, haste Probleme, ick kümmer mir«-Pose würde sie die Leute schon irgendwie wahlbesoffen quatschen. Denn egal, was kommt – Sie wissen schon.

Dann kam es aber anders, und der blasse CDU-Spitzenmann Wegner, den SPD-Wortführer Raed Saleh als den »einsamen Kai« verspottet hatte, war plötzlich der strahlende Sieger. Niemand wollte eigentlich mit ihm regieren (außer einer FDP, die exakt für nichts gebraucht wird); und Wegner hätte mit seinen durchaus erstaunlichen 28 Prozent gut und gern auf der Oppositionsbank sitzen bleiben können. Aber Giffey ist ja nicht so. Und so geschieht das Unerwartete, das noch nie Dagewesene: Sie überlässt ihren Posten, den sie mit Grünen und Linkspartei weitere drei Jahre haben könnte, einer Partei, die jetzt modern und großstädtisch tut, aber ihre alte Borniertheit nie abgelegt hat.

Das zeigt mehr als alle Floskeln, was Giffey von den bisherigen Regierungspartnern hält. Sie tue das, sagte sie mit leicht bebender Stimme, »für die SPD«. Es ist so, als schenke Tante Franzi ihrem Neffen zum Geburtstag einen ausgeleierten Pullover, mit den Worten: »Den wolltest du doch schon immer haben!« Die SPD wird sich bedanken; die Wähler auch – aber erst in drei Jahren. »Du bist so wunderbar, Berlin«, hieß es einst in einer Bierwerbung, die eine Zeit lang ein ziemlicher Ohrwurm war. Vielleicht ist Alkohol in diesem Falle sogar eine Lösung.

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