»Tag der Ehre« führt zu Razzien in Jena und Leipzig

Auslöser sind Ermittlungen nach Überfällen auf Rechtsextreme

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.
Der »Tag der Ehre« ist ein rechtsextremes Szene-Event, zu dem auch Wanderungen rund um Budapest gehören.
Der »Tag der Ehre« ist ein rechtsextremes Szene-Event, zu dem auch Wanderungen rund um Budapest gehören.

Polizisten in schwerer Montur und mit Maschinenpistolen vor Hauseingängen, dazu Beamte der Spurensicherung: In Leipzig und Jena gab es am Mittwoch Hausdurchsuchungen bei vermeintlichen Angehörigen der linksextremen Szene. Nach Angaben des sächsischen Landeskriminalamts (LKA) standen sie im Zusammenhang mit Angriffen auf Rechtsextreme in Ungarns Hauptstadt Budapest. Dort hatte um den 11. Februar der alljährliche »Tag der Ehre« stattgefunden, ein Szene-Event, das Tausende Nazis aus ganz Europa anzieht.

Neben Protesten einiger Hundert Antifaschisten kam es auch zu Überfällen auf Nazis, von denen einige nach Polizeiangaben erhebliche Verletzungen davontrugen. Einige mutmaßliche Täter wurden in Budapest verhaftet. Zwei sitzen noch immer in Ungarn im Gefängnis, einer wurde gegen Auflagen freigelassen, darf das Land aber nicht verlassen. Zu ihrer Unterstützung wurde in Deutschland ein Spendenaufruf gestartet. Nach weiteren Verdächtigen fahndet die ungarische Polizei.

Die Durchsuchungen in Sachsen und Thüringen richteten sich nach Angaben des LKA gegen sieben Beschuldigte, vier Frauen zwischen 20 und 22 Jahren und drei Männer im Alter von 21, 26 und 29 Jahren. Sie seien »verdächtig, gewaltsame Übergriffe auf vermeintliche Angehörige der rechten Szene in Budapest begangen zu haben«, heißt es in einer Erklärung. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens, das von der Generalstaatsanwaltschaft Dresden geführt wird, seien fünf Wohnungen in Jena und drei in Leipzig durchsucht worden. Es gehe darum, Beweismittel sicherzustellen, die nun ausgewertet würden. Verhaftungen gab es nicht.

Gegen die Razzien gab es spontanen Protest. Auch Aufrufe zu Demonstrationen kursierten im Netz. In Leipzig waren für Mittwoch ohnehin Aktionen anlässlich des »Internationalen Tags gegen Polizeigewalt« geplant. In der Nacht zu Mittwoch waren bereits drei Polizeifahrzeuge in einer Dienststelle im Stadtteil Plagwitz ausgebrannt, ein weiteres wurde beschädigt. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Die Ermittlungen übernahm deshalb das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum (PTAZ) des LKA; ein Zeugenaufruf wurde gestartet. In Leipzig gibt es seit Jahren Brandanschläge auf Fahrzeuge von Polizei und Bundeswehr, aber auch der Post oder von Immobilienunternehmen.

Der »Tag der Ehre« gehört seit fast 25 Jahren zu den festen Terminen der neonazistischen Szene. Er trat zunehmend an die Stelle der Aufmärsche zum Jahrestag der Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945, die durch Blockaden von Antifaschisten erschwert oder unterbunden wurden, und zählt heute zu den wichtigsten Vernetzungstreffen. Dieses Jahr kamen etwa 2000 Neonazis auf Einladung des ungarischen »Blood and Honour«-Ablegers und der neofaschistischen Légió Hungária nach Budapest. Dort fanden Nazi-Konzerte, Aufmärsche und eine Wanderung in historischen Nazi-Uniformen durch die Budapester Berge statt. Mit dem »Tag der Ehre« wird an einen gescheiterten Ausbruchsversuch von Einheiten der deutschen Wehrmacht und ihrer ungarischen Verbündeten aus einem Kessel der Roten Armee in der Nacht vom 11. auf den 12. Februar 1945 erinnert. Sie dienen der Nazi-Szene als historische Vorbilder.

Die Übergriffe in Budapest ähneln Angriffen, wegen derer Mitglieder der militanten linken Leipziger Szene derzeit in Dresden vor Gericht stehen. Einer vermeintlichen kriminellen Vereinigung um die Studentin Lina E. werden brutale Attacken auf Rechtsextreme unter anderem in Eisenach zur Last gelegt. An einem der beiden dortigen Überfälle auf die Nazi-Kneipe »Bull’s Eye« soll auch einer der Verdächtigen beteiligt gewesen sein, die jetzt in Budapest in Haft sitzen. Im Prozess gegen die Gruppe Lina E. ist das Vorhaben des Gerichts gescheitert, ein Urteil noch vor Ostern zu sprechen. Stattdessen wurde er für zwei Wochen unterbrochen. Ein zweites Verfahren gegen weitere angebliche Mitglieder der Gruppe soll nach dem Sommer beginnen.

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