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Aus für das Verbrenner-Aus

Die FDP jubelt über einen Kompromiss, der den EU-Gipfel bestimmte und E-Fuels den Weg ebnet

  • Fabian Lambeck, Brüssel
  • Lesedauer: 4 Min.

Das aus deutscher Sicht alles beherrschende Thema stand nicht auf der offiziellen Tagesordnung des Europäischen Rats. Trotzdem war das Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs »überschattet vom deutschen Nein gegen das Verbrenner-Aus«, wie der belgische Sender BRF meinte. Denn Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte Anfang März vor einer Probeabstimmung im Ministerrat erklärt, dass er gegen das geplante Verbot für Neuzulassungen von Autos mit Verbrennungsmotoren sei.

Eigentlich sollen ab 2035 keine neuen Benziner und Diesel-Pkw mehr verkauft werden, darauf hatten sich EU-Parlament und Mitgliedsstaaten im Oktober 2022 geeinigt. Das Parlament stimmte bereits im Februar für das Aus, die FDP-Abgeordneten votierten damals mit Nein. Wissing und seine Liberalen fordern eine Ausnahmeregelung für Fahrzeuge, die mit synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, fahren können. Auch wenn die Technologie noch gar nicht einsatzreif ist. Da sich die Berliner Ampelkoalition bei Streitfällen im EU-Rat der Stimme enthalten muss, steht das ganze Vorhaben zur Disposition. Denn auch Italien, Polen, Tschechien und Bulgarien sind gegen das Verbrenner-Aus. Ohne diese Staaten und Deutschland wäre das Vorhaben blockiert, bedarf es im Rat doch einer qualifizierten Mehrheit. Um sie zu erreichen, müssten mindestens 15 EU-Länder zustimmen, die aber zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren.

Und so diskutierte man über mögliche Kompromisse. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich zuversichtlich, dass der Streit schnell beigelegt werden kann. Ihre Kommission hatte Anfang der Woche entsprechende Kompromissvorschläge erarbeitet, die Wissings Zustimmung fanden. Der Verkehrsminister sagte der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag: »Wir gehen davon aus, dass damit nicht nur alle inhaltlichen, sondern auch die rechtlichen Fragen hinreichend beantwortet sind.« Demnach soll einer Genehmigung von neu zugelassenen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, die ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden, »nichts mehr im Wege stehen«.

Wissing jubelte dann am Freitag via Twitter über »das Aus für das Verbrenner-Aus«. Michael Bloss, energiepolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament, wiegelte ab: »Klar ist, dass nichts beschlossen werden darf, das dem Gesetz zuwiderläuft. Und das Gesetz ist eindeutig: Ab 2035 dürfen aus dem Auto keine CO₂-Emissionen mehr rauskommen.« Sollte die EU-Kommission einen Weg wählen, »der nicht mit der Rechtsordnung vereinbar ist, werden wir uns dagegen wenden«, so Bloss weiter. Tatsächlich muss der Kompromiss noch rechtssicher verpackt werden, was nicht ganz einfach werden dürfte.

Während die Deutschen über die Auslegung des Kompromisses diskutierten, warnten die Staats- und Regierungschefs vor drohenden Energieengpässen. Zwar habe sich die Situation verbessert, trotzdem sollten Mitgliedsstaaten und EU-Kommission für die nächste Heizperiode vorsorgen, hieß es in einer beim Gipfel verabschiedeten Erklärung. Das Papier verweist auf die Plattform für gemeinsame Gaseinkäufe, die auch Unternehmen nutzen sollten. Deutschland hatte sich lange gegen den gemeinsamen Einkauf gewehrt, von dem auch weniger finanzstarke Länder profitieren sollen. Die Idee dahinter: Mit der Marktmacht der Union günstigere Preise beim Einkauf erzielen. Zudem soll so verhindert werden, dass die EU-Staaten sich gegenseitig überbieten. Auch hier spielte die Bundesregierung im letzten Jahr mit ihrer »Ich zahle jeden Preis«-Mentalität eine unglückliche Rolle. In der Folge wurde es auch für die anderen EU-Staaten teurer. Soviel zur viel beschworenen »europäischen Solidarität« der Bundesregierung.

Auch die geplante Strommarktreform der Kommission spielte auf dem Gipfel eine Rolle. Allerdings wird es wohl vor Ende des Jahres keine Einigung geben; zu unterschiedlich sind die Interessen der Mitgliedsstaaten. Brüssel will die explodierenden Preise in den Griff kriegen und den gemeinsamen Strommarkt etwas deliberalisieren. So sollen langfristige Stromverträge für erneuerbare Energien, aber auch Atomstrom gefördert werden.

Quasi nebenbei segnete man neue Militärhilfen für die Ukraine ab. Demnach soll das Land innerhalb der nächsten zwölf Monate insgesamt eine Million Artilleriegeschosse des Nato-Standardkalibers erhalten. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, »müssen wir die Produktion in der EU hochfahren, und zwar schnell«, forderte die Kommissionspräsidentin. Denn der Ukraine geht die Munition aus, und selbst wenn die EU ihre Zusagen einhält, was unwahrscheinlich ist, würde das nicht reichen. Die notwendigen Milliarden kommen aus einem gemeinsamen Topf, der sinnigerweise »Europäische Friedensfazilität« heißt.

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