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Katholische Kirche: Ein Bischof nimmt seinen Hut
Oberhirte des Bistums Osnabrück verzichtet wegen der Missbrauchsskandale auf sein Amt
Franz-Josef Bode gilt als einer, der den Reformprozess in der katholischen Kirche voranbringt. Er ist vergleichsweise beliebt an der Kirchenbasis, weil er einer der ersten Bischöfe war, die angesichts der Missbrauchsfälle Selbstkritik geübt haben und dabei auch die Organisation der Kirche selbst hinterfragten. Doch nun tritt der Bischof von Osnabrück zurück. Ein Rücktrittsgesuch habe er bereits vor einiger Zeit an Papst Franziskus gerichtet, sagte ein Bistumssprecher am Wochenende. Er habe es aber nur im Fall einer positiven Entscheidung veröffentlichen wollen. Seinen Schritt hatte er mit eigenen Fehlern im Umgang mit der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt begründet, die Geistliche an Schutzbefohlenen verübt haben.
Am Samstag gab Papst Franziskus überraschend bekannt, er habe Bodes Rücktrittsgesuch angenommen. Damit ist der 72-Jährige der erste deutsche katholische Bischof, der wegen der Missbrauchsskandale auf sein Amt verzichtet. In anderen Fällen, wie dem des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße und dem des Münchner Kardinals Reinhard Marx, hatte der Pontifex Rücktrittsgesuche abgelehnt. Im Fall des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki hat er noch nicht entschieden.
Bode war der dienstälteste amtierende Bischof in Deutschland. Seit 2017 war er auch stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und seit 2019 saß er im Präsidium der Reformbewegung Synodaler Weg. Er war seit 1995 Bischof von Osnabrück und damit Oberhirte von knapp 532 000 Katholiken. Die Leitung des Bistums geht zunächst auf Weihbischof Johannes Wübbe über. Innerhalb von acht Tagen bestimmt das Domkapitel, ein aus Priestern gebildetes Gremium, in geheimer Wahl einen Administrator. Er leitet dann bis zur Wahl eines neuen Bischofs das Bistum.
Hintergrund des Entschlusses Bodes ist eine von der DBK in Auftrag gegebene Studie, die Missbrauchsfälle in der Diözese Osnabrück untersuchen sollte. Eine im September 2022 veröffentlichte »Zwischenbilanz« belegte, wie nachlässig führende Kräfte des Bistums mit sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche umgegangen sind. Entsprechende Vorwürfe richteten die Autoren des Berichts vom September auch an Bode. Er sei Mitteilungen zu möglichem Missbrauch nicht angemessen nachgegangen.
Für den Zwischenbericht wurden im Bistum Osnabrück für den Zeitraum von 1946 bis 2015 35 Täter unter Priestern und 68 Betroffene von sexuellem Missbrauch ermittelt. Nachdem sich weitere Opfer von Übergriffen seitens kirchlicher Kräfte gemeldet hatten, erhöhte sich die Gesamtzahl der Beschuldigten auf 45 und die der Betroffenen auf 116. Gegen alle noch lebenden mutmaßlichen Täter seien strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet worden, teilte das Bistum mit.
Das Vertuschen solcher Verbrechen fällt vor allem in die Dienstzeit zweiter Amtsvorgänger Bodes: Helmut Hermann Wittler, der von 1957 bis 1987 amtierte, und Ludwig Averkamp, Osnabrücker Oberhirte von 1987 bis 1994. »Sie haben gefährliche Priester im Amt gelassen oder in andere Gemeinden versetzt«, resümierte der Rechtswissenschaftler Hans Schulte-Nölke bei der Vorstellung des Zwischenberichts. Auch Amtsinhaber Bode treffe dieser Vorwurf. Seit 2010 jedoch seien solche Priester schneller aus dem Dienst entfernt worden.
Unmittelbar nach der Vorstellung des Gutachtens hatte Bode einen Rücktritt unter Verweis auf seine Aufklärungsbemühungen noch ausgeschlossen. In der Folge wurde Kritik an ihm lauter. Der Betroffenenrat für die katholischen Bistümer in Norddeutschland zeigte ihn im Dezember wegen seines Verhaltens im Vatikan an.
Am Wochenende erklärte Bode nun, er bekenne sich ausdrücklich zu seiner Verantwortung wie zu seinen persönlichen Fehlern. Er habe Verantwortung in einer Kirche getragen, die nicht nur Segen gebracht, sondern auch Schuld auf sich geladen habe, erklärte er in einer Videobotschaft. »Insbesondere im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt durch Kleriker habe auch ich selbst lange Zeit eher die Täter und die Institutionen als die Betroffenen im Blick gehabt«, gestand er ein. Er habe Fälle falsch eingeschätzt, häufig zögerlich gehandelt und manche falsche Entscheidung getroffen. »Ich bekenne mich ausdrücklich zu meiner Verantwortung wie zu meinen persönlichen Fehlern und kann heute nur alle Betroffenen erneut um Verzeihung bitten«, so Bode.
Der Betroffenenrat Nord bezeichnete den Amtsverzicht als ein wichtiges Zeichen der Verantwortungsübernahme. »Das letztendlich konsequente Handeln von Bischof Bode sollte Vorbild für andere Verantwortungsträger in den Bistümern der DBK sein«, sagte ein Sprecher. Auch die katholische Basisinitiative »Wir sind Kirche« sah in dem Rücktritt einen beispielhaften Schritt. Sie nannte es zugleich »zutiefst irritierend«, dass der Papst bis heute nicht über das bereits im März 2022 eingereichte Rücktrittsgesuch von Rainer Maria Woelki entschieden habe.
Im Rahmen des »Synodalen Wegs« hatte sich Bode für eine stärkere Rolle von Frauen und deren Zugang zu kirchlichen Ämtern sowie gegen eine Diskriminierung von Homosexuellen eingesetzt. Dies würdigte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp, angesichts des Rücktritts. Kommentar Seite 8
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