Werbung

Aufrüstung: langsam, aber sicher

Die Anschaffung von F-35-Kampfjets für die Bundeswehr dürfte erheblich teurer werden als veranschlagt

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.
Bald auch in echt? F-35 Kampfjets sollen die alternden »Tornados« ersetzen
Bald auch in echt? F-35 Kampfjets sollen die alternden »Tornados« ersetzen

Die Schaffung des 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögens für die Bundeswehr, für das der Bundestag im vergangenen Sommer das Grundgesetz änderte, ist immer wieder scharf kritisiert worden. Doch mit seiner Ankündigung vom Wochenende, in Belarus taktische Atomwaffen zu stationieren, hat Russlands Präsident Wladimir Putin den Befürwortern des in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellosen Aufrüstungsprogramms neue Argumente an die Hand gegeben. Denn nicht zuletzt mit der im Dezember vom Haushaltsausschuss des Bundestages bewilligten Anschaffung von 35 Kampfjets des US-Herstellers Lockheed Martin vom Typ F-35 soll die sogenannte nukleare Teilhabe Deutschlands auch künftig gesichert sein.

Die Beschaffung der atomwaffenfähigen Tarnkappenbomber soll nach bisherigen Angaben zehn Milliarden Euro kosten. Doch der Beschluss des Haushaltsausschusses lässt zu, dass hier immer nachjustiert wird. Und bereits zuvor hatte es Medienberichte über eine drohende Kostenexplosion gegeben.

Die F-35 sollen die die alternden »Tornados« ersetzen, die die Bundeswehr im Nato-Verbund zum Transport US-amerikanischer Atombomben vorhält. Von diesen lagern bis zu 20 auf dem Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel in der rheinland-pfälzischen Eifel.

Die ersten acht F-35 sollen 2026 ausgeliefert werden. Sie bleiben zunächst in den USA, wo auch die Piloten ausgebildet werden sollen. Die restlichen 27 Maschinen sollen bis 2029 geliefert werden. Wie die Tornados sollen auch die F-35-Jets in Büchel stationiert werden.

Das Projekt fiele aus der Norm, wenn das zu beschaffende Gerät nicht zu teuer und zu spät in der Truppe ankäme. Es gibt Indizien dafür, dass die F-35 in dieser Tradition bleibt. Die Jets werden in verschiedenen Konfigurationen gebaut. Rund 3400 Maschinen sind bislang weltweit ausgeliefert oder geordert. Nach dem aktuellen Plan des Pentagons sollen allein die US Air Force, die Navy sowie das Marine Corps 2456 erhalten. Doch diese Zahlen scheinen nicht mehr realistisch zu sein.

Die steigenden Kosten hätten die US-Nutzer veranlasst, ihre geplanten Käufe zu überprüfen, sagte Bryan Clark, Direktor des Zentrums für Verteidigungskonzepte und -technologie des Hudson Institute. Während der Stückpreis steigt, sinkt die Verfügbarkeit der F-35 mit zunehmendem Alter. Immer häufiger müssen dann wichtige Teile getauscht werden.

Gleichwohl sind die Tarnkappenbomber ein einzigartiger Profitbringer für Lockheed. Und sie sichern in 48 der 50 US-Bundesstaaten Zehntausende hochspezialisierte Arbeitsplätze, auch wegen der vielen Bestellungen aus aller Welt. Nach bisherigen Planungen wird die F-35 von 18 Nationen, darunter zehn Nato-Staaten, eingesetzt, darunter die Bundesrepublik. Die deutsche Luftwaffe schaut deshalb interessiert in benachbarte Nato-Staaten, die den Jet bereits früher bestellt haben. Beispiel: Dänemark. 27 F-35-Jets orderte das Land seit 2016. Damals waren dafür Gesamtkosten von 2,7 Milliarden Euro avisiert.

Das Projekt ist die bislang größte öffentliche Investition in der Geschichte Dänemarks. Für das Geld, merken Kritiker an, hätte man zwei neue Brücken über den Großen Belt bauen oder viele soziale Projekte voranbringen können. Die ersten dänischen F-35-Jets werden seit 2021 zur Pilotenausbildung auf der Luke Air Base in Arizona genutzt. Demnächst sollen die F-35 die auf der Luftwaffenbasis Skrydstrup stationierten F-16-Maschinen ersetzen. Doch dänische Militärs monierten in der kurzen Nutzungszeit bereits viele Software-Fehler bei den F-35 sowie Mängel an Bordkanone und Schleudersitzen.

In Deutschland scheint es derweil Probleme bei der Schaffung der für die F-35-Stationierung erforderlichen Infrastruktur zu geben. Die umfangreichen Bauarbeiten, die auf dem Fliegerhorst Büchel notwendig sind, seien kaum zu stemmen, berichtete etwa die »Süddeutsche Zeitung«. Ein Grund: Es seien Landesbehörden beteiligt, die unter Personalmangel leiden. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), gab zu Protokoll, sie habe keinerlei Verständnis dafür, wenn die pünktliche F-35-Auslieferung daran scheitere, dass Deutschland zu langsam sei beim Bau der Infrastruktur: »Angesichts der sicherheitspolitischen Lage erwarte ich, dass jetzt zügig gearbeitet wird. Ich will von keiner Landesbehörde, von keinem Baudezernenten, Landrat oder Bürgermeister hören, wie schwierig jetzt alles ist. Wir brauchen ein kollektives Zackzack.«

Probleme beim Infrastrukturausbau gibt es offenbar auch in Dänemark. Vor wenigen Tagen musste das Parlament in Kopenhagen zusätzlich 269 Millionen Kronen bewilligen, damit der Ausbau des F-35-Hangars auf dem Militärstützpunkt in Skrydstrup weitergehen kann. Der Hangar, der Ende des Jahres übergeben werden soll, wird somit mehr als doppelt so teuer wie bei der Bauplanung 2016 prognostiziert.

Als Ursachen werden unter anderem eine unsolide Kostenplanung sowie die Auswirkungen der Corona-Pandemie genannt. Vor allem aber sind technologische Nachbesserungen notwendig. So muss der Hangar über ein spezielles Schallschutzsystem, ein Schutzsystem gegen elektrostatische Entladungen, ein Kühlsystem für die Triebwerke sowie über eine Klimaanlage verfügen, die die empfindliche Tarnkappentechnik der F-35 schützt. Die Inflation treibt die Baukosten zusätzlich nach oben.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!