- Wirtschaft und Umwelt
- Detlev Börs
Amazon Betriebsrat: Klassenkämpfer mit DJ-Vergangenheit
Der Versandriese Amazon will den Winsener Betriebsratsvorsitzenden Detlev Börs loswerden – doch der wehrt sich
Detlev Börs kennt den Amazon-Standort in Winsen ziemlich genau und die Kollegen kennen ihn: als einen, der sich schon lange für sie einsetzt. 2017 wurde das Logistikzentrum (HAM2) des Konzerns in dem niedersächsischen Ort, südöstlich von Hamburg, eröffnet. Im selben Jahr begann Börs, der aus der Gegend stammt, dort sein Geld zu verdienen. Zuvor war er unter anderem als Schulbusfahrer und DJ in einer Lüneburger Diskothek tätig gewesen.
Bei Amazon in Winsen arbeiten etwa 1900 Menschen, seit Mai 2018 gibt es einen Betriebsrat. Börs war zunächst Nachrücker, seit den Wahlen im Mai 2022 ist er festes Mitglied und zudem Betriebsratsvorsitzender. Der Versandriese will den Anfang 60-Jährigen nun loswerden und feuerte ihn – trotz besonderen Kündigungsschutzes. Der Vorwurf: Börs sei beim Deutschen Betriebsrätetag im November 2022, an dem er in seiner Funktion während der Arbeitszeit teilnahm, teilweise privaten Aktivitäten nachgegangen. Verdi vermutet hinter der Kündigung Union Busting, also die systematische Bekämpfung von Gewerkschaften und gewerkschaftsnahen Betriebsräten. Das ist naheliegend – allein in Niedersachsen gibt es zwei weitere aktuelle Fälle von unliebsamen Betriebsräten, derer sich das Unternehmen entledigt hat: in Achim und in Wunstorf.
Dass der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer solchen Kündigung verweigert, ist bei Amazon nicht selbstverständlich. In Achim etwa ist die Mehrheit des Gremiums konzernnah – und trug entsprechend die Entlassung des dortigen Kollegen mit. Anders in Winsen im Fall von Detlev Börs: Seit den Wahlen 2022 hat Verdi hier eine stabile Mehrheit. Der Betriebsrat weigerte sich, dem Rauswurf zuzustimmen. Damit landete der Fall vor Gericht. Am Mittwoch wurde er vor dem Arbeitsgericht Lüneburg verhandelt, das die Kündigung bestätigte. Börs und Kollegen werden das nicht hinnehmen – es geht in die nächste Instanz.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.