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NS-Forschung: Senator mit Nazivergangenheit soll vergessen werden
Landgericht Hamburg entscheidet im Sinne der Enkelin eines Hamburger Senators mit NS-Vergangenheit
Ende vergangener Woche trudelte das Urteil ein. Das Landgericht Hamburg hat in der Sache des ehemaligen Juristen und Protagonisten der NS-Regierung in Hamburg Oscar Toepffer eine Entscheidung getroffen. Seine Enkelin hatte vor mehr als zwei Jahren gegen die Darstellung ihres Großvaters in dem Band »Täterprofile – die Verantwortlichen im Hamburger Bildungswesen unterm Hakenkreuz« geklagt. Sie sah die »postmortalen Persönlichkeitsrechte« verletzt und argumentierte, dass die abgedruckten Zitate aus Briefwechseln Toepffers mit seiner Frau »urheberrechtlich geschützt seien«.
Toepffer war während der NS-Zeit in Hamburg Leiter des Staatsamtes, Mitglied des Senats und kurzzeitig sogar Schulsenator. Für die Klägerin Christel S. kein Grund, ihn in einem Band mit dem Titel »Täterprofile« zu porträtieren. Der Titel sei »reißerisch«, ihr Opa werde so »in eine Reihe mit Tätern in der NS-Zeit gestellt«. Sie klagte auf Unterlassung und forderte zunächst die Streichung des Namens ihres Großvaters aus der Publikation.
Auf Vergleiche, die das Gericht den Streitparteien zweimal anbot, wollten der Autor des Bandes, Hans Peter de Lorent, aber auch die Landeszentrale für politische Bildung und der Hamburger Schulsenator Thies Rabe (SPD) nicht eingehen. Konkret hätte dies bedeutet, dass alle Zitate Toepffers in der Ausgabe geschwärzt werden müssten. Dies lehnten die Beklagten ab und warteten auf das Urteil des Landgerichts. Dies hat nun entschieden, dass es bei einer Strafandrohung von 250 000 Euro oder einer Ordnungshaft von sechs Monaten den Beklagten untersagt ist, wesentliche Zitate Toepffers aus dem Briefwechsel mit seiner Frau weiterhin wiederzugeben. Diese Zitate seien urheberrechtlich geschützt. »Bedauerlich ist, dass nach Urteil des Landgerichts etwa die Hälfte der Zitate aus den Korrespondenzen gestrichen werden müssen«, erklärt Hans Peter de Lorent, der sich schon Jahrzehnte mit der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit im Hamburger Schulwesen beschäftigt, gegenüber »nd«. Ihn habe insbesondere die Rechtsauffassung des Gerichts irritiert, dass auch Enkel von betroffenen Personen auf dieses Urheberrecht klagen können.
Für die historische Forschung wirft dies Fragen auf. Sie würde deutlich erschwert, wenn Angehörige bis ins dritte Glied um Erlaubnis gefragt werden müssten. Nicht durchsetzen konnte sich die Klägerin mit den Versuchen, ihren Opa gänzlich aus der Öffentlichkeit fernzuhalten. Die Nennung des Namens sei keine »Verletzung seines postmortalen Persönlichkeitsrechts«, ein »Recht auf Vergessen« diene dazu, »eine Chance zum Neubeginn zu gewähren. Damit greift es nicht zugunsten von Verstorbenen.« Weiterhin dürfte Toepffer als Verantwortlicher im NS-Staat bezeichnet werden. Auch wenn er selbst nicht aktiv an Gräueltaten beteiligt gewesen sei, so sei er doch ein Täter.
Beide Parteien haben nun vier Wochen Zeit, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Hans Peter de Lorent findet diese Option durchaus überlegenswert, auch die Anwälte von Landeszentrale und Bildungsbehörde prüfen diese Möglichkeit. Denkbar wäre aber auch eine Berufung der Klägerin.
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