- Wirtschaft und Umwelt
- Corona in Südostasien
Eine neue Omikron-Subvariante sorgt in Asien für eine Coronawelle
Die neue Omikron-Subvariante XBB.1.16 grassiert in Indien, Singapur und Malaysia. Sie führt zu höherer Wachsamkeit
Auch in Süd- und Südostasien war der Mund-Nasen-Schutz seit Monaten weitestgehend aus dem Straßenbild verschwunden. Doch nun das: Der Verband der privaten Krankenhäuser Malaysias hat zu Wochenbeginn in einer Erklärung dringend empfohlen, zumindest an belebten Plätzen wieder Maske zu tragen und auf Abstand zu achten. In den zurückliegenden zwei Wochen stieg die Zahl der Menschen, die mit schwereren Covid-19-Symptomen in die Kliniken kamen, um knapp ein Drittel. Die Infektionszahlen haben nach Angaben des Gesundheitsministeriums sogar um fast 90 Prozent zugelegt, wobei sie aber weit unter früheren Höchstständen der Jahre 2021 und 2022 bleiben.
Auch der benachbarte Stadtstaat Singapur befindet sich in einer kleinen Coronawelle, wie Gesundheitsminister Ong Ye Kung offiziell einräumte. Die Alarmglocken schlägt dabei noch niemand, doch die Regierung beobachtet die Entwicklung mit erhöhter Wachsamkeit. Das Bildungsministerium stellte den Schulen frei, im Bedarfsfall das Maskentragen wieder zur Pflicht zu erheben, sollten sich die Meldungen aufgrund von Corona-Infektionen stark häufen. Im Stadtstaat waren die Tages-Infektionswerte vorige Woche mit etwa 4000 auf das Dreifache dessen geklettert, was im März üblich war. Die Zahl der Krankenhauseinlieferungen hat sich von 80 auf deutlich über 200 erhöht.
Obgleich auch in den beiden südostasiatischen Ländern der Übergang in die endemische Phase stattgefunden hat, illustrieren die deutlichen Anstiege binnen so kurzer Zeit, welche Dynamik in den zuletzt auf sehr niedrigem Niveau kursierenden Virusvarianten schlummert. Das lässt sich auch in Indien, dem mittlerweile bevölkerungsreichsten Land der Erde, beobachten. Hier gab es Ende der vergangenen Woche bei den täglichen Neuinfektionen einen rapiden Anstieg über die 10 000er Marke. Das ist das Sieben- bis Zehnfache der Zahlen von März. Indien liegt mit insgesamt knapp 45 Millionen Infektionen und 531 000 Toten seit Pandemiebeginn in der Länderstatistik auf Platz zwei hinter den USA.
Es ist vor allem die Omikron-Subvariante XBB.1.16, die Experten wie Behörden in Indien mit höherer Wachsamkeit auf das Infektionsgeschehen insbesondere in einigen Großstädten blicken lässt. Der Abkömmling der Variante BA.2, den pfiffige Internutzer Arcturus getauft haben, war bei Sequenzierungen erstmals im Januar aufgefallen und wurde kürzlich von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die Liste jener Virusvarianten aufgenommen, die »unter Beobachtung« stehen. XBB.1.16 verfügt über drei zusätzliche Mutationen im Spikeprotein, die zu einer etwas schnelleren Ausbreitung führen können. Hinweise auf eine erhöhte Krankheitsschwere gibt es bisher nicht, sicher auch wegen des besseren Immunstatus der Bevölkerung durch Impfungen und durchgestandene Infektionen. Mittlerweile ist XBB.1.16 zur bestimmenden Variante in Indien geworden und auch im benachbarten Nepal auf dem Vormarsch. In Deutschland sind vereinzelte Fälle registriert worden. Hier lag der Anteil aller Sublinien von XBB.1 zuletzt bei rund 60 Prozent.
Während Singapur und Malaysia allgemein recht gut strukturiert sind, um auch bei wieder erhöhter Infektionsgefahr zügig reagieren zu können, stellt im Falle Indiens allein die Gesamtbevölkerung von über 1,4 Milliarden Menschen eine ganz andere Herausforderung dar. Auch ist die Dunkelziffer höher. Unvergessen sind bis heute die rigorosen Lockdowns von 2020 aus der Anfangszeit der Pandemie, die das Riesenland beinahe komplett zum Stillstand brachten, und auch die katastrophal hohen Werte einer späteren Welle mit ihrem Höhepunkt Ende April/Anfang Mai des Folgejahres, die mit apokalyptischen Bildern wochenlang durch die Nachrichten weltweit ging. Nicht nur der indische Arbeitsmarkt hat sich längst nicht von den gravierenden Verwerfungen jener Zeit komplett erholt.
Mit Blick auf XBB.1.16 zieht derzeit niemand in Indien Parallelen zur damaligen Zeit. Die wichtige Frage ist, ob ein starker Anstieg der Infektionszahlen das Gesundheitssystem erneut in Bedrängnis bringen könnte. Auf dem Höhepunkt der tödlichen Welle von 2021 starben auch deshalb so viele Menschen, weil es in den Krankenhäusern an Sauerstoff zur Beatmung der Covid-Patienten mangelte. Auch gab es zu wenige Medikamente und Betten. Damals sicherte die Regierung zu, dass sich so etwas nicht wiederholen werde. Sollten die Infektionszahlen jetzt weiter stark steigen, könnte die Probe aufs Exempel gemacht werden.
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