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Verkehrswende: Berliner Gertraudenbrücke wird schmaler
Preisgericht entscheidet über Brückenneubau in Berlins Mitte
Am Donnerstag hat sich das Preisgericht mit sieben eingereichten Entwürfen für den Neubau der Gertraudenbrücke beschäftigt. Eine Entscheidung lag zwar bis zum Redaktionsschluss noch nicht vor. Eines ist aber sicher: 34 Meter breit wird die Brücke in Zukunft nicht mehr sein.
Wie viele andere Brücken in Berlin ist die Gertraudenbrücke in die Jahre gekommen und durch das hohe Verkehrsaufkommen marode. Eine Sanierung wäre so teuer, dass sie sich nicht lohnen würde, hieß es. Ursprünglich sollte der Neubau einmal genauso breit werden wie die bisherige Brücke. Unter anderem die Interessengemeinschaft Leipziger Straße und Stefan Lehmkühler (Grüne) von der Initiative Changing Cities kritisierten die Pläne. Sie legten alternative Ideen für die Verkehrsführung auch unter verkehrlicher Einbeziehung der historischen Gertraudenbrücke nebenan vor.
Nach der Beteiligung der Bürger vergangenes Jahr schwenkte die Senatsmobilitätsverwaltung um. Wenn man Brücken baue, wolle man auch »Verkehrswendebrücken« bauen, sagte Bettina Jarasch (Grüne). »Deshalb haben wir die Pläne für die künftigen Brücken in der historischen Mitte noch einmal überarbeitet«, so die Mobilitätssenatorin 2022. Die Vorgaben, die die Verwaltung für den Wettbewerb machte, sah dann eine Breite von 29 Metern vor, fünf Meter weniger als der Ist-Zustand, aber immer noch alles andere als ein schmales Bauwerk.
Am Mittwochabend konnten sich interessierte Bürger über die noch anonymen Entwürfe für die Gertraudenbrücke informieren. Die Brücke soll, auch das war eine Vorgabe, mit einem freigehaltenen Bett für die Straßenbahn gebaut werden. Vom Alexanderplatz über die Leipziger Straße bis zum Potsdamer Platz soll einmal die Tram fahren, wobei CDU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbarten, die »Realisierbarkeit« zu überprüfen, was zu scharfer Kritik unter anderem des Fahrgastverbands führte.
Mehrere Entwürfe sehen vor, dass die zunächst 29 Meter breite Brücke zu einem späteren Zeitpunkt auf rund 22 Meter zurückgebaut wird. Fahrstreifen für das Auto sollen dann wegfallen. Arne Huhn, für die Brücken in der Senatsmobilitätsverwaltung zuständig, nennt zwar kein Datum, sagt aber, das könne der Fall sein, wenn einmal eine Tram vom Spittelmarkt bis Hallesches Tor fahre.
Hendrik Blaukat von der Interessengemeinschaft Leipziger Straße sagt: »Die Brücke bleibt weiterhin ein riesiges Brett. Ich bin mir fast sicher, niemand wird später davon etwas zurückbauen.« Er weist auch darauf hin, dass für die Tram bis Mehringdamm noch nicht einmal die Vorplanungen gemacht wurden. »Ein Wegfall von zwei Autospuren wird damit auf die ganz lange Bank geschoben.«
Er hat sich die Entwürfe angeschaut und sagt, ihn störe weiterhin, dass es keine Vision für den zentralen Stadtraum gebe. Ihn störe auch, dass die Planungsbeschleunigung auf Kosten der Bürgerbeteiligung gehe. »Wir müssen in Berlin und darüber hinaus ganz genau aufpassen, dass nicht immer mehr Planfeststellungsverfahren mit ihren Beteiligungsmöglichkeiten umgangen werden, indem man einfach Ersatzneubauten errichtet und die betroffenen Menschen nur noch Zuschauer sind.«
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