- Kommentare
- Franziska Giffey
Berliner Postengeschacher: Schicksalsjahre einer Senatorin
Wir erleben den Anfang vom Ende der Ära Giffey, meint Marten Brehmer
Franziska Giffey gönnt sich so etwas wie eine Auszeit: Statt des stressigen Jobs als Regierende Bürgermeisterin wird sie künftig die Senatsverwaltung für Wirtschaft leiten. Ihre Hauptaufgabe dort: zusehen und den Grüßaugust spielen. Die Wirtschaft Berlins läuft auch ohne größere politische Interventionen gut. Ihre Amtsvorgänger haben die Weichen bereits auf einen Erfolgskurs gestellt, den selbst Giffey nur mit großer Mühe wird gefährden können. Dafür, dass Giffey jetzt als bessere Frühstücksdirektorin ihr Image aufpolieren darf, musste der parteiübergreifend geschätzte Wirtschaftssenator Stephan Schwarz, der die Berliner Wirtschaft durch die Nachwirkungen der Corona-Pandemie und die Zeiten des Ukraine-Krieges geführt hat, seinen Hut nehmen.
Vor nicht weniger als 24 Stunden klang das noch anders. Da hatte Giffey angekündigt, nach dem knapp gewonnenen Mitgliederentscheid »endlich konkret gestalten« zu können. Das überlässt sie aber lieber anderen. Bei ihrer »Herzensangelegenheit« Wohnungsbau sind keine Erfolge zu erwarten. Konkret gestalten bedeutet eben auch ins Detail gehen, auf Widerstände stoßen und kontroverse Entscheidungen vertreten – nichts von dem, mit dem sich Giffey einen Namen gemacht hat. Auch ohne den Posten der Regierenden möchte sie offenbar als Stadtmutter über dem politischen Kleinkrieg stehen.
Doch Giffeys Kalkül könnte nach hinten losgehen. Es pfeifen schon die Spatzen von den Dächern, dass sie nach dem mit mehr Glück als Verstand überstandenen Mitgliedervotum als Landesvorsitzende unhaltbar geworden ist. Zumal es längst eine starke Konkurrenz gibt: Die künftige Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe ist fest in der Berliner SPD verwurzelt, bringt Verwaltungserfahrung mit und steht lebensweltlich dem Berliner Milieu näher, als es Giffey je könnte.
Ein Rettungsanker bleibt Giffey noch: Schon länger wird spekuliert, dass sie darauf baut, nach der Hessen-Wahl im Herbst in die Bundespolitik zurückzukehren. In Berlin würden das wohl viele mit Erleichterung aufnehmen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.