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Enges Rennen in Paraguay
Die Hegemonie der rechts-konservativen Partido Colorado steht bei der Präsidentschaftswahl auf dem Spiel
Paraguay befindet sich im Wahlkampf-Endspurt: Am kommenden Sonntag dürfen rund 4,8 Millionen Menschen in der jüngsten Demokratie Lateinamerikas an die Urnen. Neben einem neuen Staatsoberhaupt werden eine neue Vizepräsident*in, das Parlament und die regionalen Regierungen gewählt.
Während im Großteil der südamerikanischen Länder wie Kolumbien, Chile und Brasilien inzwischen progressive Regierungen an die Staatsspitze gewählt wurden, dominiert in Paraguay weiterhin die rechts-konservative Partido Colorado. Diese gewann in den vergangenen 70 Jahren alle Wahlen bis auf eine im Jahr 2008. Damals wurde der Kandidat des Linksbündnisses »Patriotische Allianz für den Wandel«, Fernando Lugo, zum Präsidenten gewählt und im Juni 2012 durch einen parlamentarischen Putsch gestürzt.
Die letzten Wochen vor der Wahl wurden von Unsicherheiten und Spannungen in den Parteien der beiden aussichtsreichsten Kandidaten erschüttert. Die Bevölkerung ist ebenso gespalten wie die Politik. Momentan erzielen der konservative Santiago Peña von der Colorado-Partei und sein linker Herausforderer Efraín Alegre von der Partido Liberal Radical Auténtico, der auch für die Concentración Nacional antritt, die besten Umfragewerte. Wenige Tage vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am Sonntag sieht das Meinungsforschungsinstitut Atlas praktisch ein technisches Unentschieden zwischen Alegre (34,3 Prozent) und dem Wirtschaftswissenschaftler Santiago Peña (32,8 Prozent). Andere Umfragen aus den Vorwochen sahen Peña noch vor Alegre. Die Wahlen könnten zu einer Zitterpartie werden, da die Wahlprognosen große Schwankungen aufweisen. Alegre verlor bei den vergangenen Wahlen 2018 die Präsidentschaft nur knapp gegen den aktuellen Präsidenten Mario Abdo Benítez von der Colorado-Partei.
Peña und Alegre gehören den zwei wichtigsten Parteien des südamerikanischen Landes an, der Colorado-Partei und der Partido Liberal Radical Auténtico, die gemeinsam laut nationalem Wählerverzeichnis insgesamt rund 86 Prozent der Wählerschaft repräsentieren. Der Ökonom Peña war bereits Finanzminister in der Regierung Cartes (2013–18) und setzt den Fokus seiner Wahlkampagne auf wirtschaftliche Entwicklung. Der rivalisierende Anwalt Alegre tritt mit dem Versprechen an, die Korruption im Land zu bekämpfen und dringend notwendige Reformen einzuleiten, um so Wohlstand für das paraguayische Volk zu erreichen. Alegre fungierte als Minister für öffentliche Arbeiten in der einzigen progressiven Regierung in den vergangenen 70 Jahren – der von Präsident Fernando Lugo. Beide Anwärter gelten als USA-freundlich, auch wenn Alegre im Wahlkampf angekündigt hat, die Beziehungen zu China zu stärken.
Laut dem nationalen statistischen Amt lebten 2022 etwa 25 Prozent der Menschen in Paraguay in Armut. Weitaus problematischer ist das Armutsgefälle zwischen den wohlhabenden Landbesitzern und der arbeitenden Landbevölkerung sowie den indigenen Gemeinschaften, die unter historischer Vernachlässigung des Staates leiden. Das derzeitige Regierungsoberhaupt Benítez, der der Partido Colorado angehört, kriminalisierte diese Bevölkerungsgruppe. Um der Colorado-Hegemonie ein Ende zu setzen, unterstützte der nationale Bauernverband den Gegenspieler Alegre.
Gegenüber »nd« äußerte sich der politisch aktive paraguayische Landbesitzer Klaus Neumann zu den bevorstehenden Wahlen und sagte: »Ich hoffe, dass die Partido Colorado, die seit sehr langer Zeit regiert, am Sonntag verliert.« Neumann beschäftigte in der Vergangenheit auch Angehörige indigener Völker, da er ein »soziales Landwirtschaftsmodell« verfolge. Was den Wahlerfolg für die wenigen aufgestellten indigenen Kandidat*innen angeht, sieht der Landbesitzer Neumann aber schwarz, »sie haben sehr wenige Stimmen, aber aus der Region Chaco im Westen könnten ein paar in den Senat gewählt werden, da die Indigenen dort sehr gut politisch organisiert sind.«
Alegres Kandidatur wertet Neuman als »neue Bewegungsfreiheit für die Linke«, besonders was das Gesundheits- und Bildungssystem angehe. Sollte der Anwalt nicht gewinnen, »landen trotzdem viele Kandidaten in den einzelnen Regionalregierungen, da viele die Partido-Colorado nicht mehr dulden wollen, da diese immer mehr zur Mafiaregierung werde«, erklärt Neumann.
Bis Jahresbeginn hielt man es noch für unmöglich, dass die Dauerherrschaft der Colorado-Partei mit den Wahlen 2023 zu Ende gehen könnte. Doch seit Januar sind bekannte Gesichter der Partei wie der Vizepräsident Hugo Velázquez und der ehemalige Staatschef Horacio Cartes in einen Korruptionsskandal verwickelt – die USA verhängte Wirtschaftssanktionen gegen die Politiker. Kritische Stimmen sprechen von Wahleinmischung der Vereinigten Staaten von außen, da der Zeitpunkt der Maßnahmen mit der wichtigsten Etappe der Wahlen zusammenfällt. Jetzt ist zumindest nicht mehr ausgeschlossen, dass die konservative Traditionspartei Colorado die Zügel aus der Hand geben muss.
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