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Pushbacks in der Ägäis: Menschenrechtsarbeit blockiert
Initiative löst sich auf: Beobachtung von Grenzbeamten in Griechenland behindert
Seit 2018 kreuzte das Schiff »Mare Liberum« in der östlichen Ägäis an einer zentralen Migrationsroute über das Mittelmeer. Die jeweilige Crew beobachtet gezielt das Agieren von griechischen Grenzbehörden bei Ankunft von Booten mit Geflüchteten an Bord – und hat wiederholt das illegale Zurückdrängen von Menschen auf türkisches Territorium beziehungsweise Seegebiet dokumentiert. So vermeldete die gleichnamige Organisation für das Jahr 2020 321 Vorfälle in der Ägäis, bei denen 9798 Personen von griechischen Behörden und der EU-Grenzschutzbehörde Frontex zurückgedrängt worden sein sollen. Auch im Folgejahr seien die Zahlen unverändert hoch gewesen.
Das Ziel: Man wollte Menschenrechtsverletzungen durch den griechischen Staat und die EU aufdecken – und vor allem Geflüchteten, denen ihr Recht auf ein faires Asylverfahren vorenthalten wird, eine Stimme geben. Zudem wollten die Aktiven erreichen, dass rechtswidriges Handeln von Behörden nicht mehr straffrei bleibt.
Doch diese Arbeit wurde durch immer neue Auflagen und Repressalien vonseiten der griechischen Behörden zunehmend verunmöglicht. Und so hat der Verein Mare Liberum, der das Schiff 2018 von der Organisation Sea-Watch gekauft hatte, jetzt seine Selbstauflösung bekannt gegeben. Wie Mare Liberum am Dienstag mitteilte, wurden die Aktivisten einerseits durch Vertreter lokaler Sicherheitsbehörden auf der griechischen Insel Lesbos und andererseits durch die Gesetzgebung der rechtskonservativen Regierung in Athen gezielt blockiert.
Unter anderem sorgte eine Gesetzesänderung im September 2021 für Protest bei der NGO. Seit der Neuregelung bestehen laut Mare Liberum neben einer Registrierungs- und Zertifizierungspflicht für Organisationen im Kompetenzbereich der Küstenwache hohe Strafen, sollten Crewmitglieder Anweisungen der Behörden nicht unmittelbar befolgen. Sämtliche Versuche, gegen das Gesetz vorzugehen, seien gescheitert, heißt es in der Auflösungserklärung des Vereins. »Das gehorsame Ausführen jeden Befehls des Verlassens von Tatorten ist mit dem Ansinnen unserer Menschenrechtsbeobachtung nicht vereinbar«. Um die persönliche Sicherheit der für den Verein Aktiven nicht zu gefährden, sehe man sich gezwungen, die Arbeit als Verein einzustellen, heißt es in einer Pressemitteilung.
Nach der Gesetzesverschärfung hatte Mare Liberum die Beobachtungsarbeit zunächst von Land aus fortgesetzt. Das Schiff wurde mittlerweile der Zusammenland gUG übergeben, welcher dieses nun unter dem Namen Mare*Go führt. Laut Angaben auf der Website von Mare Liberum soll auch Mare*Go an den EU-Außengrenzen zum Einsatz kommen.
Der Verein erhob einmal mehr schwere Vorwürfe gegen die EU-Regierungen. »Weder die Bundesrepublik noch andere EU-Regierungen setzen sich mit ernstzunehmendem Nachdruck für die menschenrechtskonforme Behandlung Geflüchteter an den EU-Grenzen ein. Systematische illegale Pushbacks, Gewalt, unwürdige Lager und die Kriminalisierung Geflüchteter sind an der Tagesordnung«, so Hanno Bruchmann, Vorstandsmitglied bei Mare Liberum. Auch Unterstützer aus NGOs würden zunehmend verfolgt. Zwar habe man sich juristischer Verfahren erwehren können, die Arbeit ließe sich so allerdings nicht fortführen. »Die griechische Regierung und die EU müssen die von uns dokumentierten Verbrechen verfolgen und Pushbacks stoppen. Es braucht sichere Korridore in die EU unter garantierter Einhaltung von Menschenrechten für alle Menschen, nicht nur für Europäerinnen und Europäer«, so Bruchmann.
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