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Monster-Alarm: Union und Freiburg spielen um die Champions League
Widersprüche in der Wuhlheide: Jubel über Erreichtes und Kritik an neuen Zielen
Vom »Europapokal« hatten die Fans des 1. FC Union schon vor dem Anpfiff in der Alten Försterei gesungen. Nach dem Spiel war die Champions League in aller Munde. Dazwischen lagen spannende 90 Minuten mit sechs Toren – und jede Menge Kritik an der eigenen Vereinsführung. Ein Sonnabend voller Widersprüche, auch weil mit dem SC Freiburg ein Fußballverein in Köpenick zu Gast war, der samt seiner Anhängerschaft ähnlich tickt wie die Berliner.
Erstaunlich und erfreulich zugleich, dass dieses Bundesligaspiel am 32. Spieltag eben auch ein Duell um die Teilnahme am größten europäischen Wettbewerb war. Union hat es mit 4:2 für sich entschieden – und kommt, mit nun drei Punkten mehr sowie der besseren Tordifferenz als Freiburg, der Champions League immer näher. Für das bereits Erreichte fiel Trainer Urs Fischer wieder nur der »Wahnsinn« als Beschreibung ein: »Wir haben uns heute für die Europa League qualifiziert, zum zweiten Mal hintereinander.« Auch der Gegner darf sich auf weitere Konitnentalreisen freuen. Als Fünfter hat auch Freiburg schon das Ticket für Europa League gebucht – noch vor den Werksklubs aus Wolfsburg und Leverkusen und
»So ’ne Scheiße, Champions League!« Die Berliner Fans besangen das Unvorstellbare wie einst, als es um den Aufstieg in die Bundesliga ging. Unbändig war die Freude nach den Treffern von Kevin Behrens, Doppelpacker Sheraldo Becker und Aissa Laidouni, groß das Zittern, als Manuel Gulde und Vincenzo Griffo die Freiburger zwischenzeitlich wieder herangeführt hatten, und befreiend der Schlussjubel.
Aber auch Grenzen kannten die Emotionen in Rot und Weiß – gegen Erfolg um jeden Preis wehrte sich die Anhängerschaft am Sonnabend wieder mal deutlich. Mit unzähligen Plakaten wurde gegen den bevorstehenden Einstieg von Investoren in die Deutsche Fußball-Liga (DFL) protestiert. Ein Beispiel: »Wenn konkurrenzfähig werden heißt, seine Werte zu verlieren, verzichten wir gern!« Die Kritik zielte auch auf den eigenen Verein: in Person des Präsidenten. Dirk Zingler befürwortet den Verkauf von DFL-Medienrechten an einen Investor. Die Fans empfinden das als Verrat und erinnerten mit Spruchbändern an frühere Äußerungen Zinglers. »Die Monster müssen sterben.« Damit hatte er die »unersättliche Gier« von Vereinen wie Real Madrid kritisiert, die eine Super League gründen wollten. In der kommenden Saison könnte das Monster in die Alte Försterei kommen.
Dieser »Aktionsspieltag« sei schon länger geplant gewesen und der massive Protest deshalb keine Antwort auf das Fantreffen am vergangenen Montag, teilte der Verein »nd« mit. Dort wurde anscheinend vergeblich versucht, das Investoren-Modell zu erklären. Wie in Köpenick stoßen die Pläne der DFL bundesweit auf Ablehnung. In Freiburg ganz besonders: Laut einer repräsentativen Umfrage des »Kicker« unter mehr als 56 000 Fußballfans sind beim SC Freiburg 82 Prozent dagegen, bei Union immerhin 68 Prozent. Der einzige Klub, bei dem die Befürworter mit 53 Prozent in der Mehrheit sind, ist die Red-Bull-Filiale in Leipzig. Das mag nicht sonderlich überraschen, bildet die verschiedenen Vorstellungen von Fußball aber entsprechend ab.
Oliver Leki ist Vorstandsmitglied beim SC Freiburg – und hat »Verständnis für die Fanproteste«. Als derzeitiger Geschäftsführer der DFL sagte er am Sonntag: »Es gibt einen Investitionsbedarf in das Geschäftsmodell der Liga.« Eine ähnlich passende Skizze dieses Spannungsfeldes lieferte der Sonnabend in der Alten Försterei. »Wir spielen Fußball für Menschen im Stadion« war auf einem Plakat zu lesen. Dieses Zitat von Zingler stammt aus der Coronazeit, als Unions Präsident den Ausschluss von Zuschauern durch die Politik immer wieder hart kritisiert hatte. Vorwürfe von einer Sonderrolle des Profifußballs in dieser Zeit ließ er nicht gelten.
Ähnlich verzwickt ist es nun, wenn es um den Verkauf von Medienrechten an Investoren geht. Denn das hat erst mal herzlich wenig mit dem Stadionerlebnis zu tun, schon eher mit der Steigerung von Einnahmen. Ausführungen zu diesem Thema von Urs Fischer und seinem Freiburger Kollegen Christian Streich wären sicher auch interessant. Die Frage dazu auf der Pressekonferenz nach der Partie wurde jedoch mit dem Hinweis von Unions Medienchef Christian Arbeit, dass es sich um eine spieltagsbezogene Veranstaltung handele, nicht zur Beantwortung freigegeben.
Wie die Fußballer wollen auch ihre Trainer den maximalen Erfolg. Spiele in der Champions League gehören dazu. Die dafür nötigen Tore und Siege werden Wochenende für Wochenende in Köpenick, Freiburg und anderswo von den Fans bejubelt. Und wie der Berliner »Reisekader« feiern viele Fangruppen Spiele ihres Vereins in Europas Stadien. Das alles kommt nicht von allein; neben harter Arbeit und großer Leidenschaft steckt auch jede Menge Geld darin. Wo das herkommt, wissen viele in der Alten Försterei ganz genau. Und sind immer noch dankbar. 1998 hat der 1. FC Union an den Investor Michael Kölmel auch seine Medienrechte verkauft. Dass Fanproteste Positives bewirken können, hat die Vergangenheit bewiesen. Erfolge waren dabei immer das Ergebnis von Kompromissen.
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