- Politik
- Landtagswahl
Bremen: Bürgerschaft droht inhaltliche Spaltung
Rechtsaußen-Partei BIW zieht in Fraktionsstärke ins Bremer Landesparlament ein
Der Erfolg der Rechtsaußen-Partei Bürger in Wut (BIW) beunruhigte viele Menschen auch am Tag nach der Bürgerschaftswahl in Bremen. Bürgermeister Andreas Bovenschulte sieht es jetzt als Aufgabe der neuen Regierung an, für eine Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts zu sorgen. Das Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit müsse noch stärker berücksichtigt werden, sagte er am Montag der dpa angesichts des großen Zuspruchs für die BIW. Sie hat landesweit 9,6 Prozent der Stimmen erhalten. »Damit meine ich nicht nur innere Sicherheit und Ordnung, sondern vor allem auch die Frage der sozialen Sicherheit, dass man sich aufgehoben fühlt in der Gesellschaft«, so Bovenschulte.
Die SPD will als Wahlgewinnerin diese Ziele künftig noch mehr in den Mittelpunkt stellen. Dazu gehörten laut Bovenschulte eine gute wirtschaftliche Entwicklung und eine Verringerung der Arbeitslosigkeit. Auf dieser Grundlage lasse sich soziale Sicherheit, eine bessere Bildung und Integration schaffen. Bovenschulte will diese Agenda nicht als Reaktion auf das Abschneiden der BIW verstanden wissen, sondern betrachtet sie als ureigenes soziales Programm. Mit welchem Bündnis er diese Agenda umsetzen will, war am Montag noch offen. Er kündigte an, mit allen demokratischen Kräften über eine Regierungsbeteiligung zu sprechen.
Besonders in Bremerhaven erhielten die BIW viele Stimmen. Dort erreichten sie 22,4 Prozent und wurden nach der SPD zweitstärkste Kraft. Das liegt offenbar auch daran, dass in der Stadt an der Wesermündung die Probleme für die Wähler anders als in Bremen gewichtet sind. Die Bildung steht laut einer Umfrage von Infratest Dimap vor der Wahl nicht so sehr im Fokus wie in Bremen. Wichtig ist in Bremerhaven aber die Situation am Arbeitsmarkt, während die Verkehrspolitik wiederum in Bremen ein Top-Thema ist.
Die BIW profitierte auch davon, dass die zerstrittene AfD bei der Bürgerschaftswahl nicht zugelassen wurde. Wenngleich BIW-Spitzenkandidat Jan Timke sich nicht darauf reduzieren lassen wollte. Er glaube nicht, dass die Stimmen von AfD-Wählern der einzige Grund für den großen Zuspruch sei, sagte er dem TV-Sender Poenix. Auch enttäuschte Sozialdemokraten und Christdemokraten hätten Bürger in Wut gewählt.
Der Parteienforscher Andreas Klee von der Universität Bremen geht davon aus, dass die BIW das politische Tagesgeschäft massiv beeinflussen wird. Schließlich kommt sie in Fraktionsstärke in die Bürgerschaft. Es sei eine größere inhaltliche Spaltung innerhalb des Parlaments zu erwarten, weil die politischen Ränder weiter auseinandergegangen seien, sagte er gegenüber Radio Bremen. Für die Spitzenkandidatin der Grünen in Bremerhaven, Sülmez Çolak, kommt es jetzt darauf an, dass in der Bürgerschaft »alle demokratische Parteien klare Kante gegen Rechts« zeigten, sagte sie dem Sender Radio Eins.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.