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Pakistan droht die Pleite
Der IWF lässt das Land am ausgestreckten Arm hungern
Droht Pakistan in Kürze die Zahlungsunfähigkeit? Bereits seit mehreren Monaten kursiert diese Frage in Islamabad und auf internationaler Ebene. Doch spätestens seit Anfang Mai verdichten sich die diesbezüglichen Warnungen unübersehbar. Hauptgrund ist dabei das Tauziehen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) um eine nächste Kreditrate in Höhe von 1,1 Milliarden US-Dollar, um zumindest die weitere Liquidität des südasiatischen Landes mit seinen über 220 Millionen Einwohnern zu sichern. Ende April hatte es regierungsseitig noch geheißen, alle offenen Fragen mit dem Geldgeber seien ausgeräumt und die finale Unterschrift könne in der ersten Maiwoche erfolgen. Doch von der IWF-Chefetage kam ein Dementi. Pakistan habe mitnichten alle Vorgaben erfüllt. Derzeit laufen in Washington erneut Gespräche pakistanischer Abgesandter mit IWF und Weltbank – mit ungewissem Ausgang.
Pakistan ist seit Jahrzehnten von Krediten des IWF und anderen Gläubigern aus dem Ausland abhängig. Den ersten größeren IWF-Kredit gab es bereits 1980, die letzten großen Finanzspritzen von dort datieren aus den Zeiträumen 2001 bis 2004, 2008 bis 2011 und 2013 bis 2016. Zur Krise beigetragen haben auch schwankende Weltmarktpreise für wichtige Exportgüter wie Baumwolle und Textilien. Hinzu kommen enorme staatliche Ausgaben für das Militär, die etwa 18 Prozent des Staatshaushalts betragen. Ein weiteres Problem ist der bereits jetzt hohe Schuldendienst, der dieses Jahr bei gut 41 Prozent der Staatsausgaben liegt.
Bei der Auszahlung der jüngsten Kreditrate lässt der IWF Pakistan schon seit November, als auf Arbeitsebene eine generelle Einigung erzielt worden war, am ausgestreckten Arm verhungern. Die neuerlichen Finanzhilfen in einer Gesamthöhe von 6,5 Milliarden Euro sind eigentlich schon fest vereinbart. Doch der IWF hatte Pakistan zuletzt die zusätzliche Aufgabe auferlegt, von anderen Geldgebern ergänzende mindestens sechs Milliarden Dollar aufzutreiben. Als Begründung dient dabei, dass Islamabad in nächster Zeit insgesamt gut sieben Milliarden an Verbindlichkeiten bedienen muss. Allerdings hat Pakistan bislang erst verbindliche Zusagen von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten über zwei bzw. eine Milliarde Dollar einsammeln können.
Laut jüngsten Aussagen von Finanzminister Ishaq Dar könne Pakistan bis Juni fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 3,7 Milliarden Dollar bedienen. Allerdings hat die Zentralbank aktuell nur noch Devisenreserven von weniger als 4,4 Milliarden Dollar. Und bis Jahresende belaufen sich allein die Zahlungsverpflichtungen gegenüber Gläubigern auf rund acht Milliarden.
Die Spielräume für notwendige Importe werden mit abnehmender Liquidität stetig kleiner, schon jetzt sind die Einfuhren wichtiger Güter auf ein Minimum reduziert. Das würgt die ohnehin kriselnde Wirtschaft zusätzlich ab. Dieser Tage gab die nationale Statistikbehörde bekannt, dass die Großindustrie im März einen Rückgang um 25 Prozent zu verzeichnen hatte – insbesondere, weil es an ausreichend Rohstoffen und Halbfabrikaten mangelte. Hinzu kommt eine Zinsrate von allgemein 21 Prozent, die Inflation hat zuletzt einen Wert von 36,4 Prozent erreicht. Das ist ein Rekord, wie er seit sechs Jahrzehnten nicht verzeichnet wurde. Während die pakistanische Ökonomie insgesamt unter diesen Belastungen ächzt, muss die Bevölkerung bei Lebensmitteln sogar eine reale Verteuerung um durchschnittlich 50 Prozent hinnehmen. Für immer mehr Familien ist das faktisch unbezahlbar.
Das Wirtschaftswachstum dürfte nach jüngsten Prognosen 2023 nur noch einen Prozentpunkt, im nächsten Jahr laut IWF gar nur noch 0,5 Prozent betragen. Einzelne Experten erwarten schon im laufenden Jahr sogar einen Einbruch um bis zu zwei Prozentpunkte. Ob es im Tauziehen zwischen IWF und Regierung alsbald eine Einigung gibt, spielt dabei eine untergeordnete Rolle, denn die Aussichten angesichts einer Gesamtschuldenlast von 77,5 Milliarden Dollar sind generell düster.
Ein letzter Ausweg, ohne das IWF-Geld einer Zahlungsunfähigkeit nach dem drohenden Beispiel Sri Lankas vor einem Jahr zu entgehen, liegt in noch stärkerer Bindung Pakistans an China. Der große Nachbar hat bereits angekündigt, im Bedarfsfall mit zusätzlichen Hilfen bereitzustehen, auch aus Regierungskreisen wurde ein solcher Schritt ins Spiel gebracht. Peking hat bereits früher geholfen und ist Partner beim China-Pakistan Economic Corridor, einem milliardenschweren Teilprojekt der Belt and Road Initiative (»Neue Seidenstraße«).
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