Beate Zschäpe gibt Mitschuld an Mordserie zu

Der bayerische NSU-Ausschuss befragte die Terroristin als Zeugin

  • Christopher Wimmer
  • Lesedauer: 4 Min.

Die verurteilte Rechtsterroristin Beate Zschäpe hat am Montag vor dem bayerischen NSU-Untersuchungsausschuss nach Angaben ihres Anwalts deutlicher als je zuvor ihre eigene Mitschuld an der Mordserie des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) eingeräumt. »Ihre Mitschuld an den Morden hat sie heute deutlich intensiver eingestanden als im Prozess«, sagte Mathias Grasel nach Zschäpes stundenlanger Befragung in der Justizvollzugsanstalt Chemnitz der Deutschen Presseagentur. »Es bleibt zwar dabei: Eine aktive Mitwirkung gab es nicht, weder in der Vorbereitung noch in der Durchführung«, betonte Grasel. »Aber sie sagte heute mehrfach ganz klar: Hätte ich nach dem ersten Mord anders gehandelt und reagiert, wäre alles andere nicht passiert.« Zschäpe habe gesagt, dass sie die Taten nicht gewollt habe – aber auch, dass sie nur durch sie möglich gewesen seien.

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Beate Zschäpe sitzt seit elf Jahren in Haft für die NSU-Terrorserie. Der NSU hat von 2000 bis 2007 zehn Menschen erschossen und drei Sprengstoffanschläge verübt. Die Anschläge begannen in Bayern, hier fanden fünf der Morde statt. Zschäpe schwieg lange vollständig zu den Taten. Erst zum Ende des NSU-Prozesses in München ließ sie ihren Anwalt ihre Aussage verlesen.

Am Montag befragte der bayerische NSU-Ausschuss mit der 48-jährigen Zschäpe wohl seine wichtigste Zeugin. Der Ausschuss reiste dafür extra in die Justizvollzugsanstalt Chemnitz, in der die Terroristin seit ihrer Verurteilung 2018 zu lebenslanger Haft ihre Strafe absitzt. Rund acht Stunden wurde sie in einer nicht-öffentlichen Sitzung von bayerischen Landtagsabgeordneten befragt. Es war das erste Mal seit dem Ende des Prozesses, dass sich die Rechtsextremistin äußerte, und das erste Mal überhaupt, dass sie direkt auf Fragen antwortete. Im NSU-Prozess hatte sie sich nur in schriftlichen Einlassungen geäußert und schriftlich auf Nachfragen geantwortet und sich lediglich zweimal selbst zu Wort gemeldet.

Zschäpe gehörte neben Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zum Kerntrio des NSU, gemeinsam waren die drei Rechtsextremisten 1998 in Thüringen abgetaucht. Erst 2011 war die Gruppe nach einem gescheiterten Bankraub aufgeflogen – Mundlos und Böhnhardt erschossen sich, Zschäpe stellte sich der Polizei. Im NSU-Prozess hatte sie erst gegen Ende ihr Schweigen gebrochen – und alle Taten auf Mundlos und Böhnhardt geschoben. Sie selbst habe stets erst im Nachgang davon erfahren und auch das NSU-Bekennervideo nur verschickt, weil sie es den beiden Uwes versprochen hatte.

... und ungeklärte Fragen

Auch wenn Zschäpe nun erstmals ausführlich Stellung bezogen hat, blieben wichtige Fragen weiter offen. Sie berichtete nichts darüber, wie der NSU seine Opfer ausgewählt hat, wer ihnen die notwendigen Waffen geliefert hat oder ob das Trio bei ihren Taten von weiteren Nazis unterstützt wurde. Um auch diese Fragen zu beantworten, tagt seit einem Jahr in Bayern bereits zum zweiten Mal ein NSU-Untersuchungsausschuss. Vor dem Ausschuss traten zuletzt auch rechte Szeneangehörige, Geheimdienstmitarbeiter oder Ermittler auf.

Der Ausschussvorsitzende Toni Schuberl (Grüne) zeigte sich nach der Anhörung Zschäpes am Montag zufrieden. Ihr »Schuldeingeständnis« habe eine »neue Qualität« gehabt. Zschäpe habe gesagt, dass sie die Schuld ganz klar auch bei sich sehe, sagte Schuberl: »So, als hätte sie selbst abgedrückt«. Ihre Aussagen haben »die Rekonstruktion so mancher Puzzlestücke« im NSU-Komplex ermöglicht. CSU-Mann Holger Dremel betonte, nun sei klar, dass es keine NSU-Helfer an den Tatorten gegeben habe. Genau davon ist der SPD-Abgeordnete Arif Tasdelen jedoch keineswegs überzeugt. Zschäpe sei in diesem Punkt »nicht sehr glaubwürdig« gewesen, sagte er. Einige Tatorte seien für Ortsunkundige kaum zu entdecken gewesen. »An der Stelle habe ich noch sehr viele Fragezeichen«, so Tasdelen. Auch Opferfamilien hatten immer wieder betont, dass sie von NSU-Helfern an den Tatorten ausgehen. Auch nach acht Stunden blieb Zschäpe somit an vielen Punkten vage. Mit Agenturen

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