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Antifaschistischer Widerstand gewinnt gegen Berliner Polizei
Nach brutalem Polizeieinsatz gegen Anti-AfD-Kundgebung: Aktivist vom Vorwurf des Widerstandes freigesprochen
Am Dienstag hat das Amtsgericht Tiergarten einen Antifaschisten freigesprochen. Der junge Mann war wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte angeklagt. Die Richterin sah hierfür allerdings keine Beweise.
Mit dem Urteil geht das siebte von insgesamt acht Strafverfahren gegen Teilnehmer*innen einer Anti-AfD-Kundgebung ohne Verurteilung zu Ende. Sie hatten sich am 6. Juni 2021 an einem Protest gegen den Landesparteitag der Berliner AfD beteiligt. Nachdem die Polizei die zuvor friedliche Versammlung gewaltsam unterbrochen und zehn Menschen, darunter den Angeklagten, festgenommen hatte, folgten Anzeigen wegen Beleidigung, Gefangenenbefreiung, tätlichem Angriff und Widerstand.
So auch im Fall des am Dienstag freigesprochenen Aktivisten. »Der Freispruch war richtig«, sagt er im Anschluss erleichtert zu »nd«. Die als Zeugen geladenen Polizeibeamten hätten sich offensichtlich in Lügen verstrickt. Auch die Richterin stellte schnell fest, dass sich die Vorwürfe nicht beweisen ließen. Nach Sichtung mehrerer Videos, die von Kundgebungsteilnehmer*innen und von der Polizei selbst aufgenommen wurden, sah sie keinen Hinweis auf Widerstandshandlungen.
Vor Verhandlungsbeginn versammelten sich rund 25 Menschen zu einer Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude. Sie verteilten Lauchsuppe – ein Seitenhieb gegen den ehemaligen innenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Tom Schreiber. In der linksradikalen Szene als Polizeifreund verschrien, hat sich dort der Spitzname »Lauch« etabliert.
Bei dem Polizeieinsatz in Biesdorf begleitete Schreiber die 11. Einsatzhundertschaft als Hospitant, um sich einen Eindruck von der Polizeiarbeit zu machen. Die Polizeikräfte sollten die Kundgebung der Antifaschist*innen begleiten, die gegen den nebenan stattfindenden AfD-Parteitag protestierten. Nach Darstellung des antifaschistischen Bündnisses »Kein Raum der AfD« sei die Lage erst eskaliert, nachdem Schreiber eben jene »Lauch«-Beleidigung gehört und in die Menge gezeigt haben soll. Polizeikräfte zersprengten daraufhin gewaltsam die Gegenkundgebung.
Ein mindestens problematisches Vorgehen, wie die Richterin am Dienstag betont: »Man mag sich das gar nicht vorstellen. Aus einer friedlichen Veranstaltung wird eine unfriedliche, weil ein Abgeordneter meint, er ist beleidigt worden?«
Von den rund 50 Teilnehmer*innen wurde rund ein Drittel ergriffen und abgeführt – mit zum Teil brutalen Mitteln. »Ich wurde während des Protests von fünf Cops auf den Boden gehauen. Ich wurde zweimal ins Gesicht geschlagen und hatte ein mittleres Schädel-Hirn-Trauma, ich habe total geblutet. Ich war eine Woche krankgeschrieben, hatte eine fette Beule und Platzwunde, es wurde sogar ein CT gemacht«, sagt der Angeklagte zu »nd«.
Trotzdem stand er nicht als Kläger, sondern eben als Beklagter vor Gericht. Denn nach dem Polizeieinsatz folgte eine Anzeige: wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Gefangenenbefreiung. Bei der Kundgebung am Dienstag macht ein Redner des antifaschistischen Bündnisses auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam: »Es sind nicht die Bullen, die heute vor Gericht stehen, sondern unser Genosse.«
Insgesamt acht Anzeigen stellten die Polizei und Tom Schreiber gegen festgenommene Kundgebungsteilnehmer*innen. Fünf Strafverfahren wurden bereits eingestellt, mit dem aktuellen Urteil endete ein zweites mit Freispruch, eines läuft noch. Peer Stolle, der Anwalt der Freigesprochenen, erkennt in den zugrundeliegenden Anzeigen eine Ablenkungstaktik: »Das lässt den Verdacht aufkommen, dass die Anzeigen gegen meinen Mandanten deshalb erstattet worden sind, weil er Opfer massiver Polizeigewalt geworden ist.«
Zugleich läuft eine Klage am Verwaltungsgericht Berlin gegen den Polizeieinsatz. Betroffene und ihre Anwält*innen halten den gesamten Einsatz für rechtswidrig, weil das gewaltvolle Vorgehen nicht der »Deeskalationspflicht« entsprach, die das Berliner Versammlungsgesetz vorschreibt. Die Klage wurde vom Verwaltungsgericht angenommen, ein Verhandlungstermin steht noch nicht fest.
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