Wo die Wärme aus der Ferne kommt

Der Ausbau des Leitungsnetzes, der Kraft-Wärme-Kopplung und der Erneuerbaren ermöglicht die zügige Abkehr von Öl- und Gasheizungen

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 4 Min.

An zahlreichen Orten in Dänemark wie auch in Vorstädten von Kopenhagen, die in den 1950er Jahren errichtet wurden, ist seit dem vorigem Jahr der Verkehr durch zahlreiche Baustellen behindert. Wege und Straßen werden aufgerissen, um Rohre zu verlegen für den weiteren Ausbau des Fernwärmenetzes. Der Krieg in der Ukraine hat einen Bauboom ausgelöst, den die Branche sonst nicht erlebt hätte. Fast 60 000 Haushalte wurden allein im vergangenen Jahr an das bestehende Fernwärmenetz angeschlossen, und 2023 sollen es noch mehr werden. Gesichert wird dies durch Investitionen der Städte und Gemeinden sowie der regionalen Versorgungsfirmen; der Staat reicht dafür in diesem Jahr Zuschüsse im Umfang von rund 40 Millionen Euro aus. Das Interesse der Kommunen war so groß, dass die Mittel aus dem Fernwärmefonds bereits knapp zwei Wochen nach ihrer Freigabe im März verteilt waren. Der Interessenverband »Dänische Fernwärme« forderte die Regierung auf, weitere Gelder bereitzustellen, damit das hohe Tempo bei der Umstellung weg von privaten Gas- und Ölheizungen auf umweltfreundliche Fernwärme beibehalten werden kann.

In Dänemark ist die Installation von Öl- und Gasheizungen in Neubauten bereits seit Januar 2013 verboten. Seit 2016 ist auch in Altbauten deren Betrieb untersagt, wenn der Anschluss an das Fernwärmenetz bzw. die Nutzung anderer grüner Anlagen wie Wärmepumpen möglich ist. Spätestens 2030 sollen alle Ölheizungen zugunsten umweltfreundlicherer Lösungen ausgewechselt sein. Auch Elektroheizungen dürfen nicht mehr installiert werden. Gegenwärtig laufen diese nur in etwa sechs Prozent aller Haushalte.

Für das Jahresende wird erwartet, dass dann gut 60 Prozent aller Haushalte mit Fernwärme versorgt sein werden. Erleichtert wird dies durch die Bevölkerungsverteilung und die bescheidene Größe des Landes. Die allermeisten Dänen wohnen im Großraum Kopenhagen sowie in einer Reihe mittelgroßer Städte. Die Ballung beschränkt die für den Ausbau der Fernwärme benötigte Erweiterung der Leitungsnetze auf überschaubare Dimensionen. Dazu kommt, dass Fernwärme schon seit den 1960er Jahren fester Bestandteil bei der Erschließung neuer Bauflächen ist. Zusätzlich stimuliert wurde diese Entwicklung durch die beiden Ölkrisen der 1970er Jahre, die Dänemark hart trafen. Aktuell geplant ist, 2028 den Ausbau des Fernwärmenetzes abzuschließen. Dann werden nur noch dünn besiedelte ländliche Gebiete nicht angeschlossen sein. Hier sollen Wohngebäude, Büros und Betriebe vorzugsweise über lokale Netzwerke, die von Biogasanlagen gespeist werden, bzw. Wärmepumpen oder Erdwärmeanlagen beheizt werden.

Die Produktion geschieht primär in Heizkraftwerken, die gleichzeitig Strom und Wärme in Form von Wasserdampf produzieren. In einer Anlage, die ausschließlich Strom erzeugt, werden nur 40 Prozent der Energie ausgenutzt, bei der Kraft-Wärme-Kopplung sind es hingegen 90 Prozent. Letztere wurde zuerst in Frederiksberg eingesetzt – die Verwaltung der boomenden Stadt im Großraum Kopenhagen erkannte an der Wende zum 20. Jahrhundert, dass es langfristig erheblich günstiger ist, Wärme- und Stromversorgung in einem sicherzustellen. Mittlerweile werden 68 Prozent der Fernwärme mit der Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt.

Auch die Energiequellen bei der Wärmeversorgung haben sich über die Jahrzehnte geändert. Zunächst war es natürlich die Kohle, die später von Öl und Erdgas abgelöst wurde. Heute sind es vorzugsweise Biobrennstoffe und Haushaltsabfälle. Hier entsteht ein neues Dilemma, denn eine andere Komponente der dänischen Umwelt- und Klimastrategie verlangt die größtmögliche Wiederverwendung von Müll, der nur im Ausnahmefall verbrannt werden soll. Daher muss Biomasse wie Abfall importiert werden, um die Kraftwerke betreiben zu können. Mittlerweile spielen aber auch erneuerbare Energien eine große Rolle, 40 Prozent der Fernwärme speisen sich aus ihnen. Überschüssiger Windstrom wird bereits zur Wärmeerzeugung genutzt. Dänemark gilt zudem als ein weltweiter Vorreiter bei der Integration von Solarwärme in Fernwärmenetze. Hinzu kommen soll in den kommenden Jahren auch die PtX-Technologie, bei der es um die Herstellung und Lagerung von Wasserstoff geht, der durch Windenergie- und Solaranlagen produziert wird. Die Integration solcher Anlagen mit Heizkraftwerken könnte das Speicherproblem lösen und gleichzeitig die Wärmeversorgung umweltfreundlicher machen.

In Dänemark zahlt sich aus, dass das Land seit Langem auf eine ganzheitliche Strategie mit der Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung, dem Ausbau der Erneuerbaren und der Förderung der Energieeffizienz setzt. Auch für den Wärmebereich ist längst sichergestellt, dass Dänemark sein Ziel, spätestens bis 2050 komplett unabhängig von fossilen Brennstoffen zu werden, erreichen kann. Die dänische Hauptstadt will bereits bis 2025 klimaneutral werden.

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