Wohnungslosenhilfe in Treptow: Übergangsweise ein Zuhause

Einrichtung für Wohnungslose in ehemals besetztem Haus wiedereröffnet

Ehemals besetzt, nun Übergangshaus für Menschen in Wohnungsnot: der frisch sanierte Altbau in der Kiefholzstraße 21.
Ehemals besetzt, nun Übergangshaus für Menschen in Wohnungsnot: der frisch sanierte Altbau in der Kiefholzstraße 21.

»Ich habe in einem Hotel gearbeitet und gewohnt. Dann habe ich den Job verloren und dementsprechend auch die Wohnung«, sagt Markus Jestremenski zu »nd«. Er wohnt seit Anfang April im Übergangshaus in der Treptower Kiefholzstraße, das am Mittwochnachmittag feierlich wiedereröffnet wurde, nachdem es zwei Jahre lang wegen Sanierung geschlossen worden war. »Das Sozialamt hat mich hierher vermittelt, weil bei mir sowohl die drohende Wohnungslosigkeit als auch die fehlende Berufsperspektive aufgrund des Jobverlusts zusammenkamen«, sagt Jestremenski. Nun könne er regulär sechs bis neun Monate in seinem Zimmer bleiben.

Es ist das Konzept des Hauses, die Bewohner*innen dabei zu unterstützen, soziale Probleme zu überwinden und eine eigene Wohnung zu finden oder nach Bedarf in andere Einrichtungen des Hilfesystems mit längerfristigen Wohnmöglichkeiten zu vermitteln. Dafür arbeiten im Haus aktuell sechs, in Zukunft sieben Sozialarbeiter*innen mit den Bewohner*innen zusammen. »Ich treffe mich einmal in der Woche mit meiner Betreuerin. Wir prüfen gerade, ob ich eine Wohnung im geschützten Marktsegment bekommen kann«, sagt Jestremenski. Auf dem regulären Wohnungsmarkt habe er kaum eine Chance, weil er noch bis Januar 2025 einen negativen Schufa-Eintrag habe, sagt er. »Die Schulden sind inzwischen beglichen.«

Darüber hinaus ist der Hotelfachmann auf Jobsuche. Er habe bereits viele Bewerbungen abgeschickt und Vorstellungsgespräche vereinbart. Die Unterstützung des Übergangshauses helfe ihm dabei, wieder in eine Tagesstruktur zurückzufinden, erzählt er. Er habe auch einen Therapieplatz zur Behandlung seiner Depression gefunden und arbeite daran, weitere psychische Probleme abzubauen, die unter anderem auch zum Jobverlust geführt hätten. »Ich kann viel erzählen von Traumata aus der Kindheit und den Folgen«, sagt Jestremenski.

Einrichtungsleiter Lars Ruhe erklärt, dass im Übergangshaus die individuelle Unterstützung der Bewohner*innen im Vordergrund stehe. »Wir stellen zuerst den Hilfebedarf fest und entwickeln dann zusammen mit den Klient*innen einen Hilfeplan«, sagt er zu »nd«. Die Sozialarbeiter*innen begleiteten Klienten zum Beispiel auch bei Behördengängen oder hälfen bei anfallender Bürokratie. Um im Haus aufgenommen zu werden, würden Menschen so wie Jestremenski von der bezirklichen Wohnhilfe vermittelt, aber auch von Straßensozialarbeiter*innen, psychiatrischen Einrichtungen oder Justizvollzugsanstalten. »Natürlich können Interessierte auch direkt auf uns zukommen«, sagt er. 39 Einzelzimmer biete die Einrichtung an, 30 davon seien zurzeit belegt. »Spätestens Ende Juli wird alles voll sein.« Die Nachfrage sei hoch, sagt Ruhe.

Das Haus im Bezirk Treptow-Köpenick war vor etwa 30 Jahren besetzt und wurde dann vom Träger Bürgerhilfe als Übergangshaus für Menschen ohne Wohnung betrieben. »Die Besetzer*innen waren die ersten Bewohner*innen der neuen Einrichtung«, sagt Ingo Bullermann, Leiter des Trägers Neue Chance, der das wiedereröffnete Haus betreibt. Noch in diesem Jahr fusioniere Neue Chance mit Bürgerhilfe zu einem Träger. »Das Haus hat eine lange Tradition in der Wohnungslosenhilfe«, sagt Bullermann.

Dachverband von Neue Chance ist das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz. Ina Zimmermann, dortige Referentin für Wohnungslosenhilfe, freut sich über die Wiedereröffnung des Übergangshauses. Generell sollte dieser Leistungstyp der Sozialhilfe besser finanziert werden, weil aufgrund des Kostendrucks oft Plätze in solchen Einrichtungen unbelegt blieben, sagt sie. »Es kann nicht sein, dass immer mehr Menschen stattdessen in der Kältehilfe und in Notunterkünften untergebracht werden«, sagt Zimmermann. Dort gebe es viel zu wenig sozialarbeiterische Betreuung. »Wir fordern ein bedarfsorientiertes Leistungssystem.«

Die geforderte Flexibilisierung der Leistungsgruppen habe im alten rot-grün-roten Koalitionsvertrag noch Platz gefunden, im schwarz-roten hingegen nicht mehr, beklagt die Referentin der Wohnungslosenhilfe. Hannah Kreinsen, Leiterin des Referats für Wohnungslosenhilfe und -politik in der nun von der SPD geführten Senatssozialverwaltung, verspricht bei der Eröffnung des Übergangshauses in der Kiefholzstraße, dass sich ihre Verwaltung mit dem Thema beschäftigen werde. Zurzeit stehe eine wissenschaftliche Evaluierung der Sozialhilfeleistungen nach Paragraf 67 und den zwölf im Sozialgesetzbuch folgenden Paragrafen an, auf Grundlage derer man das System überarbeiten wolle. »Wir erwarten die Ergebnisse der Evaluierung im Laufe des Jahres 2024«, sagt Kreinsen zu »nd«.

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