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1. FC Union: Nach der Champions League kommt der Klassenerhalt

Die Berliner wollen auch im großen Erfolg weiter bescheiden bleiben

Was geschehen war, konnte man am Sonntag nur noch erahnen. Massenweise Bierfässer standen auf dem Stadionvorplatz der Alten Försterei, alle leer und schon wieder akkurat für den Abtransport gestapelt. Die Bühne, vor der Tausende Fans des 1. FC Union wenige Stunden zuvor gefeiert hatten, stand nicht mehr dort. Wie lang und intensiv die Nacht war, davon zeugte auch die Stimme von Dirk Zingler, als er vom »größten Erfolg der Vereinsgeschichte« sprach.

Menschen, Region, Sensation: Die Gefühlswelt des Präsidenten war auch noch im Gestern. »Der 1. FC Union ist Vierter der Bundesliga geworden«, sagte Zingler und meinte damit neben den sportlich Verantwortlichen ausdrücklich die 350 Mitarbeiter des Vereins und alle anderen, die für diesen Erfolg gearbeitet haben. Ein Erfolg für die Menschen hier, für die Region, der ihn stolz mache. »Ich bin von großer Dankbarkeit erfüllt.« Und zweifellos: Der Klub aus Köpenick ist eine Sensation im deutschen Fußball – den er in der kommenden Saison in der Königsklasse vertreten wird.

Als die Hymne der Champions League in der Alten Försterei das erste Mal lief, war Urs Fischer richtig sauer. »Es hat mir nicht gepasst«, hatte der Coach Mitte April gesagt, als die Klänge der Königsklasse beim Soundcheck der neuen Lautsprecheranlage plötzlich beim Training seiner Mannschaft auf dem Nebenplatz zu hören waren. Fischer missfiel die Ablenkung auf etwas, was noch längst nicht erreicht war. Das Missgeschick der ausführenden Firma ist vergessen, am Sonnabend feierten der Trainer, sein Team und das ganze Stadion nach dem Sieg gegen Werder Bremen zu dieser Melodie.

Als Fehler im System könnte alsbald Union ausgemacht werden, wenn mal wieder Diskussionen über die Konkurrenzfähigkeit des deutschen Fußballs geführt werden. Schon im März war zu lesen, dass sich die schwächelnde Bundesliga im Ranking der Uefa vor den heraneilenden Italienern fürchten müsse. Und nun sollen ausgerechnet die Köpenicker Punkte gegen die Mailänder Klubs AC und Inter oder Atlético und Real aus Madrid oder United und City aus Manchester holen?

Wer so denkt, sah sich am Sonnabend bestätigt. Dieses 1:0 war kein Spiel eines Champions-League-Teams gegen einen Aufsteiger, sondern ein typisches Union-Spiel. Herausragend war wieder einmal die Defensivarbeit. Mit letztlich 38 Gegentoren in 34 Spielen stellt Union zusammen mit dem Meister aus München die beste Abwehr der Liga. In der Offensive konnte Fischer nur die Beharrlichkeit und Ruhe loben, »auf diese eine Möglichkeit zu warten«. Die hatte Rani Khedira in der 81. Minute zum Tor des Tages genutzt. Und wie. Trotz aller Nervosität und minütlich steigenden Drucks, das große Ziel kurz vor Schluss doch noch zu verspielen, hätte der Mittelfeldchef den Ball nicht überlegter platzieren können.

Später sprach Khedira von dem »schönen Tor« und seiner »Gefühlsexplosion« danach, weil es eben auch ein »wichtiges Tor« gewesen sei. Er erzählte, wie Fischer vor dem Spiel versuchte, den Fokus allein darauf zu richten, was man selbst beeinflussen könne. Und als »besonderes Erlebnis« beschrieb Khedira die gesamte Saison: »sieben Spieltage auf Platz eins, Vize-Herbstmeister und die letzten 17 Spieltage unter den besten Vier.« Insgesamt stand Union an 32 Spieltagen auf einem Champions-League-Platz, von Glück sollte da niemand sprechen.

Und was kommt jetzt? Der Klassenerhalt. Dieses Ziel gaben Zingler, Fischer und Manager Oliver Ruhnert am Sonntag gemeinsam für die kommende Saison aus. Und als der Präsident sagte, dass für ihn immer noch »jedes Bundesligaspiel ein herausragendes Ereignis« sei, ordnete er mit etwas Abstand und weniger gefühlsgetragen die Sache mit dem größten Erfolg zwischen den Zeilen noch einmal anders ein. Der Aufstieg in die Bundesliga, auf den Tag genau vier Jahre vor der Qualifikation zur Champions League geglückt, ist der wohl noch größte Meilenstein in der Vereinsgeschichte – auch im emotionalen Vergleich beider Erlebnisse. Das kann sich ändern. Fischers Wunsch, »Demut und Bescheidenheit« beizubehalten, und Zinglers Ziel, in der Königsklasse »von den Besten zu lernen, um sich als Organisation weiter zu entwickeln«, sind gute Voraussetzungen.

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