Waffenlieferungen: Kiew bestellt, wer zahlt?

Bei der F-16-Connection werden die horrenden Kosten Sache der europäischen US-Verbündeten sein

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.

Seit geraumer Zeit fordert die ukrainische Regierung, dass der Westen nicht nur – wie bislang – sowjetische Kampfjets, sondern moderne, variabel einsetzbare F-16 aus US-Produktion schickt. Präsident Wolodymyr Selenskyj versuchte dafür eine Koalition von Lieferwilligen zu schmieden. Verschiedene Nato-Staaten, vor allem solche, die ihre Luftflotten auf modernere F-35-Typen umrüsten, hatten vor Monaten bereits ihre Bereitschaft verkündet. Am Rande des G7-Gipfels in Japan hatte US-Präsident Joe Biden dann die Weigerung der Vereinigten Staaten aufgegeben. Man werde, so hörte man in Washington, der Weitergabe von F-16 Kampfjets durch Verbündete nicht länger im Wege stehen. Auch seien die USA mit der Schulung von ukrainischen Piloten und der Ausbildung von Technikern einverstanden.

Eigentlich war die vom US-Konzern Lockheed Martin produzierte F-16 ein Auslaufmodell, dessen Produktion zugunsten der F-35 eingestellt werden sollte. Doch zahlreiche Länder – unter anderen Bahrain, die Slowakei, Bulgarien, Taiwan, Jordanien und Marokko – äußerten Interesse an den Einstrahlern aus Greenville (South Carolina), die immer wieder Updates erhalten haben. Lockheed ist zwar ob verschiedener Lieferengpässe in Verzug, doch soll die Ukraine ohnehin keine nagelneuen Jets erhalten. Polen will seine alten F-16 loswerden, Norwegen hat einige auf Lager, ebenso Belgien. Auch die Niederlande und Dänemark bieten F-16 an.

Man erwarte keine einzelnen Maschinen, sondern die Übergabe einsatzbereiter Geschwader, ist aus Kiew zu hören. Ein Geschwader – das wären nach aktuellen ukrainischen Einsatzgrundsätzen zwölf Jets. Der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Juri Ihnat, erklärte, dass seinem Land »anfangs mehrere Dutzend Kampfjets« übergeben werden sollten. Das Kiewer Verteidigungsministerium schob nach: »Vier Geschwader von F-16 (48 Flugzeuge) sind genau das, was wir brauchen, um unser Land von dem Aggressor zu befreien.« Dazu stellte die Behörde eine Karikatur, die zeigt, wie ein Turm des Moskauer Kremls an Klingen in der Form von Flugzeugen geraspelt wird.

Vor allem Dänemark hat ein Interesse daran, dass die F-16-Connection erfolgreich läuft. Es fällt auf, dass Kopenhagen im Rahmen der Nato eine immer wichtigere Rolle spielen möchte. Vielleicht liegt das daran, dass Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg seinen Posten demnächst verlassen wird.

Wer folgt im Amt? Einen Hinweis findet man vielleicht auf der Terminliste des Weißen Hauses. Am 5. Juni will Präsident Biden die dänische Premierministerin Mette Frederiksen empfangen, um über »die Stärkung der transatlantischen Sicherheit« zu sprechen. Zugleich werde man über die »unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine angesichts des brutalen Angriffskrieges Russlands« sprechen, heißt es.

Da käme es gut an, wenn die dänische Sozialdemokratin Konkretes vorweisen kann. So hofft der liberale dänische Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen bereits jetzt, dass man »im Laufe des Sommers« mit der Ausbildung von ukrainischen Piloten und Technikern beginnen kann. Die Schulungen sollen sechs Monate dauern, sagt das dänische Verteidigungsministerium. Experten meinen, das sei zu knapp bemessen. Daher gibt es Mutmaßungen, dass Kiew auch erfahrene »Freelancer« aus anderen Ländern in Cockpits setzen sowie die Wartung der Jets an zivile Firmen übertragen will.

Noch ist unklar, wie alles finanziert werden soll. Nach dem virtuellen Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe Ende vergangener Woche machten US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sowie US-Generalstabschef Mark Milley klar: Der Jet-Deal wird teuer – jedoch nicht für die USA. Washington sieht seinen Beitrag darin, die Exportgenehmigung zu erteilen – und Rechenhilfe anzubieten. So sagte General Milley, dass allein die Bereitstellung von zehn Kampfjets eine Milliarde US-Dollar kosten wird. Für deren Wartung, Bewaffnung und für Ersatzteile müsse man die gleiche Summe veranschlagen.

Minister Austin erklärte, dass Europa und die dortigen Nato-Mitgliedstaaten für die Ausbildung, die Bereitstellung der Jets sowie für die Bewaffnung und Wartung sorgen müssten. Kanzler Olaf Scholz hatte bislang versucht, Deutschland aus dem F-16-Deal herauszuhalten. Sein Argument: Die Bundeswehr hat diesen Typ nicht im Bestand.

Nicht von ungefähr kam die Diskussion über die Lieferung deutscher »Taurus«-Marschflugkörper an Kiew auf. Die werden ausschließlich von »Tornados« abgeschossen. Diese Jagdbomber werden derzeit ausgemustert. Das »Taurus«-System könnte aber relativ problemlos an F-16 angepasst werden.

Abgesehen davon, dass die Jets für die immer wieder von Kiew angekündigte Frühjahrsoffensive zu spät kommen, glaubt US-General Milley nicht, dass die F-16 für den weiteren Kriegsverlauf entscheidend sind.

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