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Geflüchtete Schulkinder: Ein Quadratkilometer Bildung
Potsdamer Weidenhofschule ist mit den Kindern von Geflüchteten nun voll
Eine Schule mit Migrationshintergrund? Die Weidenhof-Grundschule Am Schlaatz in Potsdam tritt der Initiative »Ein Quadratkilometer Bildung« bei. Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) nennt den Schlaatz einen »Stadtteil mit bemerkenswerter Heterogenität«. Dass über die Hälfte der 244 Schüler einen Migrationshintergrund hat, kann Freiberg zufolge auch eine Stärke sein. Es ist aber zunächst eine Herausforderung. Denn hierher kommen die Kinder aus Familien, »die viel mit Einschränkungen zu kämpfen haben«, sagt Freiberg. Er weiß, wovon er spricht: »Ich selbst komme aus einem solchen Stadtteil.« Die Bedingungen richtig verstanden, könne man jedoch »eine starke Schulgemeinschaft formen«.
In der DDR waren die Neubauwohnungen am Ufer des Flüsschens Nuthe begehrt, der Stadtteil Schlaatz glänzte mit einer vorbildlich ausgebauten Infrastruktur. Dazu gehörte die 1983 eröffnete 40. Polytechnische Oberschule, wie die Weidenhofschule damals noch hieß. Nach der Wende sank das Prestige dieser Wohngegend. In den Plattenbaugebieten sammelten sich nach und nach diejenigen, die nicht in der Lage waren, die hohen Mieten in der Innenstadt zu bezahlen. Während Akademiker und Arbeiter früher Nachbarn waren, zogen viele derjenigen weg, die sich das leisten konnten. Nicht erkennbar für die Touristen, die Schloss Sanssouci besuchen, gibt es neben dem schicken Weltkulturerbe auch ein Potsdam der Abgehängten und Einkommensschwachen. Den ärmeren Stadtteilen sind die ab Ende 2014 eintreffenden Flüchtlinge in erster Linie zugewiesen worden. Das erklärt den hohen Migrationsanteil unter den Kindern der Weidenhofschule.
Jetzt werde es vier erste Klassen geben, erläutert Schulleiterin Ute Goldberg. Eine mehr als bisher. Der letzte freie Raum im Gebäude wird nun auch ein Klassenzimmer. Damit sei man dann aber in jeder Hinsicht ausgefüllt. »Mehr geht nicht.« Auch aus Platzmangel wird der 40. Geburtstag der Schule am Donnerstag vergangener Woche im benachbarten Bürgerhaus am Schlaatz gefeiert. Das Bürgerhaus wurde Anfang der 80er Jahre als größter und modernster Jugendklub im damaligen Bezirk Potsdam eröffnet. Im Saal veranstaltete einst die Freie Deutsche Jugend (FDJ) ihre Delegiertenkonferenzen und ihre Partys.
Die DDR-Vergangenheit der Bildungsstätte wird nicht versteckt oder abgewertet, wie das heute oft geschieht. Lehrer und Schüler seien bei der Einweihung »begeistert« gewesen von den Möglichkeiten ihrer neuen Schule, heißt es. Den Namen Weidenhofschule habe sie 1994 erhalten. Denn im Schulhof stehe eine einzelne alte Weide, »die alle Kinder lieben«. Es erklingt ein Kinderlied von Gerhard Schöne: »Alles muss klein beginnen. Es muss nur Kraft gewinnen.« Die Weidenhofschule schließt sich der Initiative »Ein Quadratkilometer Bildung« an. Zuvor schon beigetreten sind im Land Brandenburg eine Schule aus der Stadt Brandenburg/Havel und die Sigmund-Jähn-Grundschule von Fürstenwalde. Ziel ist ein Netzwerk von Schulen in benachteiligten Regionen, um Bildung dort nachhaltig zu stärken. Ines Tesch, die Leiterin der Sigmund-Jähn-Schule, schildert die schon erzielten Erfolge. Als sie vor acht Jahren in ihre Schule kam, habe es dort gerade noch zwölf Lehrer gegeben. Die Bildungsstätte sei in Fürstenwalde als »Assi-Schule« verschrien gewesen. Drei Viertel ihrer Räume habe die Stadtverwaltung als Lagerraum genutzt.
Als 2015 die Flüchtlinge kamen, habe man sämtliche syrischen Kinder in die Jähn-Schule gesteckt. Ganze zwölf Anmeldungen wurden damals noch registriert. Von einheimischen Eltern habe sie gehört: »In diese Scheiß-Schule geht mein Kind nicht.« Wer es sich leisten konnte, habe sein Kind an einer der vielen Privatschulen angemeldet. Inzwischen arbeiten aber wieder 30 Kollegen an der Jähn-Schule und man habe 112 Anmeldungen. Der Wandel sei spürbar und zwischen 2015 und 2019 gelungen. Die Konzepte von »Ein Quadratkilometer Bildung« fruchten, versichert Tesch. Ihre Kollegen grübeln über Methoden nach, wie es gelingt, Kindern Vokabeln und Rechenregeln unvergesslich zu machen. In Berlin bekommen Schulen in Problembezirken 100 000 Euro extra, sagte Tesch. »Die hätte ich auch gern.« Ihre Schule habe jedenfalls in den vergangenen Jahren eine gute Entwicklung genommen. Man habe den Fliegerkosmonauten Sigmund Jähn eingeladen. Der berühmte Namenspate habe auch zugesagt, sei aber leider 2019 verstorben, bevor er vorbeikommen konnte.
Die Potsdamer Weidenhofschule steht indes vor einer Rekonstruktion. In den Jahren 2025 und 2026 werde man sie »gut durchsanieren«, erklärt Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). Es gelte, ein Ausweichquartier zu finden, in dem die Kinder einstweilen »ungestört von Baulärm« unterrichtet werden können.
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