Das falsche Fett

Chips, Pommes und Croissants: Transfette stecken immer noch in vielen Lebensmitteln

  • Angela Stoll
  • Lesedauer: 6 Min.
Zu jedem Capucchino ein Croissant? Dann wird es wirklich ungesund.
Zu jedem Capucchino ein Croissant? Dann wird es wirklich ungesund.

Was ist gesünder: Butter oder Margarine? Schon die Antwort auf diese simple Frage ist alles andere als eindeutig. Um nicht ins Fettnäpfchen zu treten, lässt sich immerhin sagen: Beides hat viele Kalorien und sollte nur sparsam verwendet werden. Auch sonst sind Fette und Fettsäuren ein schwieriges Thema. Inzwischen ist den meisten Verbrauchern klar, dass es große Unterschiede bei diesen Nährstoffen gibt. Gesättigte Fettsäuren gelten landläufig als schlecht, ungesättigte als gesund. Doch offenbar trifft dieser Grundsatz nicht immer zu. So hat kürzlich eine erschreckende Meldung der Weltgesundheitsorganisation WHO für Verwirrung gesorgt: Danach sind industrielle Transfette, die ebenfalls zu den ungesättigten Fettsäuren zählen, jedes Jahr für den vorzeitigen Tod von bis zu einer halben Million Menschen durch koronare Herzkrankheiten verantwortlich. Wie kann das sein?

Öle in der Küche

Nicht alle Fette und Öle eignen sich zum Braten und Frittieren. Wie gut sie den hohen Temperaturen standhalten, hängt von ihrer Fettsäurezusammensetzung und vom Rauchpunkt ab. Wird ein Fett über den Rauchpunkt erhitzt, fängt es an, sich zu zersetzen. Die Verbraucherzentrale gibt folgende Tipps zur groben Orientierung:
– Je höher der Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, desto schlechter verträgt ein Öl Hitze. Lein- oder Hanföl, das reich an Omega-3-Fettsäuren ist, sollte man zum Beispiel nicht zum Braten oder Frittieren verwenden.
– Kaltgepresste Öle haben einen niedrigeren Rauchpunkt als raffinierte. Je niedriger der Rauchpunkt ist, desto schneller fängt das Öl zu qualmen an. Bei kaltgepresstem Rapsöl liegt der Rauchpunkt zum Beispiel zwischen 160 und 180 Grad, bei raffiniertem Rapsöl bei über 210 Grad. Grundsätzlich gilt raffiniertes Rapsöl als Alleskönner in der Küche.
– Zum Braten und Frittieren eignen sich raffinierte Öle und spezielle Bratöle, da sie bis über 200 Grad erhitzt werden können. Auch Kokosöl ist sehr hitzestabil. ast

»Einfach ausgedrückt, ist Transfett eine giftige Chemikalie, die tödlich ist und in Lebensmitteln nichts zu suchen haben sollte«, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. »Es ist an der Zeit, sie ein für alle Mal loszuwerden.« Daher sollten Regierungen, die dies noch nicht getan hätten, die Zulassung solcher Stoffe stark beschränken. Dazu zählten unter anderem Ägypten, Pakistan, Ecuador und Südkorea. Anders sieht die Lage in der Europäischen Union aus: Hier ist der Gehalt von Transfetten in Lebensmitteln deutlich zurückgegangen.

Transfettsäuren gehören zwar tatsächlich zu den ungesättigten Fettsäuren, haben aber eine spezielle Struktur und werden daher meist als eigene Kategorie gesehen. »Sie sind in der Tat sehr problematisch«, sagt der Stoffwechselexperte Klaus G. Parhofer vom Klinikum Großhadern der Uni München. »Anders als andere Fettsäuren haben sie keinerlei positive Eigenschaften.« In hohen Dosen wirken sich die Stoffe ungünstig auf den Fettstoffwechsel aus: Sie erhöhen den Anteil des »schlechten« LDL-Cholesterins sowie der Triglyceride im Blut und vermindern gleichzeitig die Konzentration des »guten« HDL-Cholesterins. »Insgesamt führen sie zu einem ungünstigeren Lipidprofil und erhöhen damit das Risiko für Atherosklerose«, sagt Parhofer. Durch diese Arterienverkalkung steigt die Gefahr von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Außerdem können Transfette unter anderem Entzündungsprozesse fördern und werden mit einer schnelleren Hirnalterung in Verbindung gebracht.

Wie gefährlich die Substanzen wirklich sind, ist allerdings stark von der Dosis abhängig: Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) erhöht sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 23 Prozent, wenn man mehr als zwei Prozent der Nahrungsenergie in Form von Transfetten zu sich nimmt. Daher empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, nicht mehr als ein Prozent der Nahrungsenergie in Form von Transfetten zu sich zu nehmen. Bei einer Energiezufuhr von 2000 Kilokalorien täglich sind das etwa höchstens 2,2 Gramm.

Die Stoffe können in vielen Lebensmitteln vorkommen, entstehen aber vor allem bei der unvollständigen Härtung von Pflanzenölen – nämlich dann, wenn flüssiges in halbfestes oder festes Fett umgewandelt wird. Früher waren zum Beispiel in Margarine mitunter reichlich Transfette enthalten. Auch beim starken Erhitzen von Pflanzenölen, also beim Braten und insbesondere Frittieren, können sich die unerwünschten Substanzen bilden. Abgesehen davon kommen Transfettsäuren auch in natürlicher Form vor: Sie werden nämlich von Mikroorganismen gebildet, die sich im Pansen von Wiederkäuern befinden und dort Fettsäuren aus der Nahrung verarbeiten. Daher enthalten unter anderem Milchprodukte, Lamm- und Rindfleisch Transfette, wobei die Mengen sehr unterschiedlich sind und von Futter, Haltung und Tierart abhängen. »Ob Transfettsäuren aus natürlichen Quellen aber genauso schädlich sind wie solche aus verarbeiteten Pflanzenfetten, ist wissenschaftlich umstritten«, sagt die Ernährungsexpertin Dagmar von Cramm vom Berufsverband Oecotrophologie.

Wie gut Verbraucher vor den gefährlichen Stoffen geschützt sind, ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. »In der EU und in Nordamerika spielen Transfettsäuren eine relativ geringe Rolle«, sagt Parhofer. In industriell hergestellten Produkten ist hier der Gehalt an solchen Substanzen in den letzten Jahrzehnten nämlich deutlich gesunken. Seit 2021 gilt in der EU außerdem eine Höchstgrenze: Der Anteil von Transfettsäuren, die nicht natürlichen Ursprungs sind, darf nicht mehr als zwei Prozent des Gesamtfetts betragen.

Kontrollen weisen darauf hin, dass die Vorgaben eingehalten werden: So fand das Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover vor zwei Jahren in 100 Proben aus dem Bereich Backwaren nur eine einzige, die den Grenzwert überschritt. Im Mittel lag der Gehalt bei 0,74 Gramm pro 100 Gramm Fett. »Im Vergleich zu früheren Untersuchungen, bei denen bis zu 30 Prozent Transfettsäuren im Fettanteil gefunden wurden, haben sich die Gehalte deutlich reduziert«, heißt es beim Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.

Vermutlich nehmen die meisten Bundesbürger nicht zu viele Transfette auf: Nach einer älteren Berechnung des Bundesinstituts für Risikobewertung lag der Durchschnittswert bei 0,66 Prozent der Nahrungsenergie. Allerdings zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen. Da die Stoffe oft in Frittiertem und Fertigprodukten stecken, laufen vor allem junge Menschen Gefahr, zu viel davon zu sich zu nehmen. Insbesondere junge Männer gehörten laut BfR zur Risikogruppe.

»Vor allem Fast Food und Gebäck können Transfettsäuren enthalten«, sagt von Cramm. Also sollte man solche Lebensmittel nicht im Übermaß essen. Ein paar Pommes oder ein Croissant hin und wieder sind kein Problem, wenn die Ernährung ansonsten ausgewogen ist. Wer sich solche Snacks kauft, sollte aber auf die Quelle achten, rät von Cramm: »Ein Hinweis kann sein, wie es in einer Imbissbude riecht.« Bei einem unangenehmen, ranzigen Geruch liegt der Verdacht nahe, dass Fett oft wiederverwendet wird – und genau dabei entstehen besonders leicht Transfettsäuren.

Wer selbst frittiert, sollte darauf achten, geeignete Öle zu verwenden und sie nicht zu stark zu erhitzen. Pommes sollten goldgelb, nicht braun werden. »Sonst können nicht nur Transfette, sondern auch andere unerwünschte Begleitstoffe, etwa Acrylamid, entstehen«, sagt die Ernährungsexpertin. Noch besser ist es, gleich auf eine Heißluftfritteuse zu setzen, die mit viel weniger Öl auskommt.

Wie viel Transfettsäuren in Lebensmitteln genau stecken, können Verbraucher nicht ermitteln. Allerdings sind Hersteller dazu verpflichtet, es auf der Verpackung anzugeben, wenn gehärtete oder teilweise gehärtete Fette eingesetzt wurden – was auf Transfettsäuren hindeutet. Zu früh freuen sollte man sich aber nicht, wenn man eine unverdächtige Keks-Packung ergattert hat: Häufig wird Palmfett verwendet. Das ist meist weder nachhaltig noch gesund.

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