- Gesund leben
- Leishmaniose
Alarm in Pakistan: Mit Hitzewellen kommen die Sandmücken
Ein unterfinanziertes und ungerechtes Gesundheitssystem verschärft Pakistans Probleme mit Infektionen
Pakistan ist durch seine Lage am Indischen Ozean heftigen saisonalen Stürmen ausgesetzt, die durch den Klimawandel extremer werden. Letzterer befeuert auch den »Gesundheitssturm«, der das überwiegend islamische Land erfasst hat. Immer mehr Menschen des südasiatischen Landes leiden unter bestimmten Infektionskrankheiten. Besonders betroffen ist die Konflikt- und Krisenregion Khyber Pakhtunkhwa (KP) an der Grenze zu Afghanistan.
Jüngst schlagen Hilfsorganisationen und Gesundheitsbehörden wegen des rasanten Anstiegs von Leishmaniose-Infektionen in KP Alarm. Leishmaniose ist eine weltweit vorkommende, von Sandmücken übertragene Infektionskrankheit. Schreitet sie fort, werden unter anderem Immunsystem, Knochenmark und innere Organe angegriffen. Ohne Behandlung ist Leishmaniose innerhalb von zwei Jahren zu 100 Prozent tödlich.
Sandmücken mögen es für die Eiablage warm und vor allem feucht. Pakistans immer extremer werdende Wetterschwankungen mit Dürren, Hitzewellen sowie Überschwemmungen durch heftigere Monsunregen und die Gletscherschmelze im Himalaja bieten den Insekten ideale Brutbedingungen. 2018 gab es laut KP-Gesundheitsbehörden nur einige Hundert Fälle von Leishmaniose. In den Jahren danach seien die Fallzahlen in die Zehntausende gestiegen. »Ärzte ohne Grenzen« (MsF) behandelt in einem 2022 eingerichteten Behandlungszentren täglich zwischen 300 und 500 Leishmaniose-Patienten.
Die Region ist auch ein Hotspot der Polio-Fälle. Von den im Vorjahr 73 registrierten Polio-Infektionen ereigneten sich 23 in KP. Nur die Nachbarprovinz Belutschistan lag mit 27 Fällen noch darüber. Alle Abwasserproben, bei denen auf den Wildtypus des Poliovirus getestet wurden, waren vom Nordwesten des Landes bis in die Millionenstadt Karatschi im Süden positiv. Das gab die zuständige Behörde Anfang Februar bekannt. Pakistan ist neben Afghanistan eines der beiden letzten Länder der Welt, in denen Polio noch immer endemisch ist.
Konflikte erleichtern die Verbreitung auch von weiteren Erregern. Der jahrzehntelange Krieg im benachbarten Afghanistan hat zu einem Zustrom von Flüchtlingen nach KP geführt. Bewaffnete Konflikte zwischen Rebellen und Armee in Pakistan lösen zudem Binnenvertreibungen aus. Teils sind islamistische Terrogruppen zugange, teils kämpfen Minderheiten wie die Belutschen um ihre Selbstbestimmung. 2024 kamen durch Terroranschläge und Gefechte 1600 Zivilisten und Soldaten ums Leben. Ziel islamistischer Anschläge werden immer wieder auch Polio-Impfteams. Auch klimabedingte Bevölkerungsbewegungen tragen zur Verbreitung von Erregern bei.
Zur Misere trägt auch das Gesundheitssystem bei. Dessen Merkmale seien »Unterfinanzierung, Ungleichheit und Ungleichgewicht zwischen Stadt und Land«, schrieb die Expertin Amal Kamal am 15. Januar in der pakistanischen Wochenzeitschrift »The Friday Times«. Wegen der mangelhaften Ausgestaltung sei ein Großteil der Bevölkerung auf das teure private Gesundheitssystem angewiesen. Zudem sei die Versorgung stark auf städtische Zentren ausgerichtet.
Zunehmend große Sorgen bereitet den Gesundheitsbehörden auch der starke Anstieg von HIV. 13 000 neue HIV-Infektionen wurden 2024 gemeldet. Besonders rapide sind die HIV-Infektionen in KP und seiner Hauptstadt Lahore gestiegen. Wie viele andere Gesundheitsdienstleistungen in Pakistan ist auch die Aids-Prävention fast völlig von internationalen Gebern abhängig. Nachdem die Trump-Regierung jetzt ihre Entwicklungsbehörde dichtgemacht hat, wurden in Pakistan 39 von US-Aid finanzierte Projekte sofort gestoppt.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.