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Rudi Völler mit wichtiger Einsicht: DFB-Team nur noch Mittelmaß

Warum der seit Jahren andauernde Fall der deutschen Fußballer nicht aufgehalten wurde

DFB-Sportdirektor Rudi Völler
DFB-Sportdirektor Rudi Völler

Mit Pfiffen und viel Kritik wurden die deutschen Fußballer in die Sommerpause verabschiedet – und das nach dem 0:2 (0:0) gegen Kolumbien am Dienstagabend in Gelsenkirchen vollkommen zu Recht. »Es fehlt an allen Ecken und Enden«, gestand Leon Goretzka direkt nach dem Abpfiff. Zu einem anderen Urteil als der Mittelfeldspieler vom FC Bayern kam niemand bei der Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Wie auch: System, Einstellung und Ergebnis – es passte mal wieder nichts zusammen.

Wie die Länderspielsaison im vergangenen September begonnen hatte, gegen Ungarn in der Nations League mit einer Niederlage, so endete sie auch. Dazwischen lagen neun weitere Partien, inklusive des erneuten Ausscheidens in der Vorrunde bei der WM in Katar. Elf Spiele, drei Siege, drei Unentschieden und fünf Niederlagen ergeben einen Punkteschnitt von 1,09. Zum Vergleich: Hertha BSC kam in dieser Saison als Tabellenletzter der Bundesliga auf durchschnittlich 0,85 Punkte. Ein Abstiegskandidat soll also um den Titel spielen? So wünschen es sich zumindest die Verantwortlichen beim DFB. Denn die Heim-Europameisterschaft im kommenden Jahr ist für den angeschlagenen Verband von größter Bedeutung.

Was kann also Hoffnung machen? Am Dienstagabend waren es Worte von Rudi Völler. Genau dafür wurde er nach der dritten Enttäuschung bei einem großen Turnier im Februar als Sportdirektor geholt. Kernig und bodenständig: Völler soll als Sympathieträger den Fußball wieder zum Volk bringen. Das Image des Verbandes und des Nationalteams hatte im Zusammenspiel aus Skandalen, sportlichem Niedergang und der Abgehobenheit in Person des »Marketing«-Managers Oliver Bierhof stark gelitten. Also legte Völler los – und führte wieder die »Kapitänsbinde in den Deutschland-Farben« ein. Und mit Blick auf den Weltmeister sagte er, ihm solle doch keiner sagen, »dass die Argentinier besser sind als wir«. Beides kam hier und da sicherlich gut an, besser macht es nichts.

In Gelsenkirchen korrigierte sich Rudi Völler. »Ich habe das vielleicht am Anfang auch ein bisschen zu positiv gesehen. Die Qualität ist nicht die allergrößte wie noch vor einigen Jahren.« Bildung, Wirtschaft, Innovation: Qualitätsdiskussionen und die Angst, den Anschluss zu verlieren, kennt man in Deutschland. Jetzt auch noch der Fußball? Darf man das? Man muss! Schließlich ist die Einsicht der erste Schritt zur Besserung. Und wenn einer wie Völler das sagt, ist das Verständnis dafür vielleicht tatsächlich größer.

Neu ist die Erkenntnis nicht. Der Abwärtstrend begann nach der EM 2016. Alle nachfolgenden Turniere endeten in einem Debakel. Die Probleme waren, wie auch im Spiel gegen Kolumbien, immer die gleichen: keine durchschlagskräftige Offensive und eine anfällige Abwehr. Entgegen der Entwicklung des schnellen Umschaltspiels ist der Aufbau beim deutschen Ballbesitzfußball so träge, dass kaum ein Gegner Probleme bekommt. Dennoch wurde unter Bundestrainer Joachim Löw und seinem Nachfolger Hansi Flick meist nur von einer Ergebniskrise gesprochen. Diesen langen Irrweg schlug Robin Gosens am Dienstagabend tatsächlich nochmals als Lösung vor: »Wir kommen da nur raus, wenn wir daran glauben, dass Deutschland weiterhin ein starkes Fußballland ist.« Der linke Außenbahnspieler war immerhin einer der Besten in einer schwachen DFB-Elf.

Mit Tiefpunkten kennt sich Völler auch als ehemaliger Bundestrainer aus. Ein Jahr vor der Europameisterschaft in Deutschland nennt er die Spieler als Grund des Absturzes, von denen er nur wenige »ganz oben im Regal« sieht. Beim Blick auf den aktuellen Kader kann man da nur zustimmen. Benjamin Henrichs, Thilo Kehrer, Lukas Klostermann, David Raum, Marius Wolf oder Matthias Ginter verkörpern in der Defensive ebenso wenig Weltklasse wie Julian Brandt, Emre Can, Niclas Füllkrug, Leon Goretzka und Jonas Hofmann im Mittelfeld oder in der Offensive. Von Flick aufgebotene Alternativspieler wie Christian Günter, Felix Nmecha, Joshua Vagnoman oder Mergim Berisha erst recht nicht.

Den Chef stellt Völler – noch nicht – infrage. Aber bei Flick zeigt sich, dass es schwer werden könnte, eine neue Einstellung und daraus neue Kraft zu finden. Noch vor dem Spiel gegen Kolumbien sprach der Bundestrainer davon, mit dem frisch gekürten Nations-League-Sieger Spanien auf einem Niveau zu spielen. In Löwscher Manier redete er von Prozessen, einem klaren Plan und davon, dass sich sein gutes Team eigentlich nur mal mit einem Sieg belohnen müsse. Mittlerweile ist Flick der zweitschlechteste Bundestrainer der Geschichte. Und wären bei seinem Start mit acht Siegen nicht Liechtenstein, Armenien, Island, Rumänien, Nordmazedonien und Israel die Gegner gewesen, stünde er vielleicht noch schlechter da als Erich Ribbeck.

Ohne Überzeugung braucht man gar nicht erst anzutreten. Erkennt man aber die Realität nicht an, kann man nur scheitern. Flick schreibt bislang leider nur die Fortsetzung der Geschichte vom tiefen Fall des Weltmeistertrainers Löw und der DFB-Elf. Der einzige Sieg gegen einen namhaften Gegner gelang vor einem Jahr beim 5:2 gegen Italien, nachdem die Europameister gerade krachend schon in der Qualifikation zur WM in Katar gescheitert waren. Niederlagen wie gegen Ungarn, Japan und Polen häufen sich dagegen. Seinen Weg will Flick dennoch »kompromisslos« weitergehen. Und er verspricht, dass im September alles besser werde, weil das Team dann ein Gerüst aus Führungsspielern habe, das bisher nicht zu erkennen war. Dabei vertraut er auf Namen wie Manuel Neuer, Serge Gnabry oder Timo Werner. Doch wie Joshua Kimmich oder Leroy Sané sind auch sie die Gesichter des anhaltenden Misserfolgs.

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